Jakob Lorber: 'Bischof Martin - Die Entwicklung einer Seele im Jenseits'


97. Kapitel: Chanchahs eifriges Forschen nach dem Namen ihres geliebten Freundes. Jesu Hinweis auf das einzig-beste Rezept. Unterschied zwischen Gastgeber und Gast.

Originaltext 1. Auflage 1896 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text u. Versnummerierung nach 3. Auflage 1960 Lorber-Verlag

01] Als die Chanchah das vernimmt, spricht sie ganz wie verlegen: „O Du herrlichster Freund meines ganzen Wesens! Du mußt den großen, heiligen, ewigen Lama sicher schon oft gesehen haben, und vielleicht gar gesprochen auch, weil Du mit einer solchen, mir ganz unbegreiflichen Bestimmtheit von Ihm reden kannst, als wärest Du zunächst Sein erster Diener. Ja, ja, es wird schon so sein! sonst könntest Du ja doch nicht gar so unaussprechlich lieb sein. Deine Worte hätten die Kraft nicht, die sie haben, als wären es Worte Lama's Selbst.

02] Siehe, es haben ehedem auch diese Deine beiden Freunde geredet; aber ich merkte wenig Kraft in ihren Worten, nur wann sie mit Dir redeten, da freilich hatten auch ihre Worte einige Kraft; als der Eine aber mit mir redete, da verspürte ich keine Kraft in seinen Worten; daraus aber schließt mein Herz, daß Du dem Lama näher bist, denn diese Beiden. Habe ich nicht recht geurtheilt?"

03] Rede Ich: „Ich sage dir (wiederum), frage nur dein Herz, deine Liebe zu Mir; diese wird dir Alles verrathen! Nun aber gehen wir auch zu den andern Brüdern; auch sie bedürfen unserer Sorge und Liebe. Du gehe Mir zur Seite, Meine liebste Chanchah!"

04] Spricht die Chanchah: „Ach ja, ach ja, das ist wohl sehr recht und gut, daß da auch meiner andern Brüder und Schwestern gedacht wird in euren Herzen; denn besser sind immer die Gastgeber als die Gäste daran; die Gastgeber können geben, wenn sie wollen, die Gäste aber dürfen erst dann etwas nehmen, so ihnen etwas gegeben wird; und so sie das Gegebene nehmen, da müssen sie es fein artig nehmen, und müssen dem Gastgeber recht viel Ehre anthun, und ihm die Dankbarkeit nie versagen.

05] Der Gastgeber aber braucht zu Niemanden bitten kommen, so er aus seiner Vorrathskammer für sich was nehmen will, er kann sich's nehmen, wie viel er will, wann und was er will, und hat dabei nicht nöthig, für sich alle erforderlichen Höflichkeitsregeln zu beachten, noch braucht er Jemanden darum zu ehren, und auch Niemanden zu danken. Daher sind die Herren im Grunde doch allein nur glücklich zu preisen, darum sie geben können, was und wann sie wollen; die Empfänger aber sind, wenn auch schon gerade nicht unglücklich, doch stets übler daran, darum sie nehmen müssen, was ihnen gegeben wird.

06] Also gedenke ich auch hier dieser vielen Gäste, zu denen auch ich gehöre; ihr drei, freilich wohl über alles lieben und guten Gastgeber und Herren dieses Himmelshauses, habt es trotz eurer allerunbegrenztesten Güte aber dennoch um sehr vieles besser, denn alle diese von euch noch so gut gehaltenen Gäste; denn Herren bleibet stets ihr, diese aber nur Gäste, die in allem von euch abhängen; und so ist es nun wirklich sehr recht und gut, daß nun auch ihrer sicher überaus gut gedacht wird.

07] Du liebster Freund aber wirst es mir doch nicht zu einem Fehler anrechnen, daß ich nun also geredet habe? denn siehe, ich hätte gewiß nicht so frei herausgeredet, wenn ich Dich nicht gar so unermeßlich lieb hätte; diese meine große Liebe zu Dir, Du mein himmlischer Freund, löset mir die Zunge, und wann sie gelöset ist, ach, dann geht sie schon wie sie gewachsen ist!"

08] Rede Ich: „O du zartestes Balsamtröpfchen meines Herzens, rede du nur immer zu, wie dir es dein Herzchen gibt, uns kannst du nimmer beleidigen! besonders wann du so weise sprichst, wie du jetzt geredet hast; denn Ich sage dir's, du Holdeste! es ist genau also, wie du nun geredet hast; es ist wirklich viel leichter zu geben als zu nehmen, und es ist der kümmerliche Geber auch immer im Grunde des Grundes besser daran, als der beste Nehmer!

09] Aber es läßt sich diese Ordnung nimmer ändern, da unmöglich Jedermann ein Herr sein kann; und würden vom Lama aus auch alle Menschen zu Herren gemacht sein, so daß da jeglicher hätte sein Haus und sein gutes Auskommen, und dürfte Niemand dem Andern (zu bitten und zu nehmen) kommen! Was wäre aber dann mit der Nächsten- und Bruderliebe? und was mit der Liebe zum Lama? Sieh', diese ginge da rein unter, und doch müßte am Ende der Lama ein Geber, und alle Menschen aber gebundene Empfänger sein, wie sie es nun sind und ewig sein werden!

10] Damit aber die Nehmer so ungenirt als nur möglich das Gegebene nehmen können und dürfen, so wird von uns Gastgebern hier stets in so überfließend reichlichster Fülle gegeben, daß da jeder Empfänger und Nehmer sich ganz ungenirt so viel von dem endlos viel Gebotenen nehmen kann und darf, als wie viel nur immer sein Herz zu begehren vermag.

11] Ja Ich sage dir es, du Meine allerliebste Chanchah, es wird hier mit dem Geben sogar so weit getrieben, daß es nahe in der ganzen Unendlichkeit kein Wesen gibt, dem nicht allzeit tausendfach mehr gegeben würde, als was seines Herzens glühendster Wunsch ewig je begehren könnte. Was meinst du nun, du Meine geliebteste Chanchah, sind die Nehmer bei solchen Geberverhältnissen wohl noch für bedauerlich anzusehen?"

12] Spricht die Chanchah: „Ach ja, dann freilich wohl sind die Nehmer beinahe noch glücklicher als der Geber; denn der Geber muß, Du wirst mir's wohl vergeben, so ich hier vielleicht wieder zu viel und zu ungebührlich rede, ja doch sehr viel Sorgen haben, und muß denken über Hals und Kopf, wie er seine Vorrathskammern also fülle, daß sie selbst durch die steten reichsten Weggaben nicht erschöpft werden können?!

13] Ich habe wohl auf der Erde öfter gedacht, wie es doch dem Lama möglich sein kann, für so endlos Vieles zu sorgen, für all das Gras, das da wächst allenthalben, für die Gesträuche und Bäume, und für all die zahllosen Thiere und Menschen! aber da sagte mir meine Mutter:

14] Chanchah! wie denkst du so menschlich vom Lama? weißt du denn nicht, daß der Lama allmächtig ist, und allgegenwärtig mit solcher Seiner Macht? Er, der endlos Weise, darf ja nur wollen, und es geschieht dann sogleich alles, so Er es will, und wann Er es will, und wie Er es will!

15] Siehe, so die Mutter also zu mir redete, dann gab ich sehr Acht, und ward auch bald befriedigt; aber nun möchte ich es von Dir, der Du ein Diener Lama's bist, erfahren, ob es sich wirklich also verhält mit dem Lama, wie mich die Mutter lehrte.

16] Ist es dem Lama ein Leichtes, zu sorgen für all das Unendliche, oder ist es auch für Ihn schwer? Ist es Ihm ein Leichtes, dann ist Er eben so gut daran als Geber, als wie gut da all die zahllosen Empfänger daran sind! Macht Ihm aber solch ein unendliches Sorgen für unendliche Bedürfnisse der zahllosen Myriaden doch manchmal bedeutende Schwierigkeiten, da wäre Er bei Seiner unbegrenzten Freigebigkeit wirklich sogar zu bedauern! O sage, Du Mein geliebtester Freund, es mir, so Du darin nähere Kenntnisse besitzest!"

01] Als Chanchah das vernimmt, spricht sie ganz verlegen: »O du herrlichster Freund meines ganzen Wesens! Du mußt den großen, heiligen, ewigen Lama sicher schon oft gesehen haben und vielleicht auch gar gesprochen, weil du mit einer solchen, mir ganz unbegreiflichen Bestimmtheit von Ihm reden kannst, als wärest du zunächst Sein erster Diener? Ja, ja, es wird schon so sein, sonst könntest du ja doch nicht gar so unaussprechlich lieb sein! Deine Worte hätten die Kraft nicht, die sie haben, als wären es Worte Lamas Selbst!

02] Siehe, es haben ehedem auch deine beiden Freunde geredet, aber ich merkte wenig Kraft in ihren Worten. Nur wenn sie mit dir redeten, da freilich hatten auch ihre Worte einige Kraft. Als der eine aber mit mir redete, verspürte ich keine Kraft in seinen Worten. Daraus aber schließt mein Herz, daß du dem Lama näher bist denn diese beiden. Habe ich nicht recht geurteilt?«

03] Rede Ich: »Ich sage dir: frage nur dein Herz, deine Liebe zu Mir; diese wird dir alles verraten! Nun aber gehen wir auch zu den andern Brüdern, auch sie bedürfen unserer Sorge und Liebe. Du gehe Mir zur Seite, Meine liebste Chanchah!«

04] Spricht Chanchah: »Ach ja, das ist wohl sehr recht und gut, daß auch meiner andern Brüder und Schwestern gedacht wird in euren Herzen; denn besser sind immer die Gastgeber als die Gäste daran. Die Gastgeber können geben, wann sie wollen. Die Gäste aber dürfen erst dann etwas nehmen, so ihnen etwas gegeben wird. Und so sie das Gegebene nehmen, müssen sie es fein artig nehmen und dem Gastgeber viel Ehre antun und ihm die Dankbarkeit nie versagen.

05] Der Gastgeber aber braucht zu niemand bitten kommen, so er aus seiner Vorratskammer für sich etwas nehmen will. Er kann sich nehmen, wieviel er will, wann und was er will. Er hat dabei nicht nötig, für sich alle Höflichkeitsregeln zu beachten, noch braucht er jemanden darum zu ehren und auch niemandem zu danken. Daher sind die Herren im Grunde doch allein nur glücklich zu preisen, darum sie geben können, was und wann sie wollen. Die Empfänger aber sind, wenn auch schon gerade nicht unglücklich, doch stets übler daran, darum sie nehmen müssen, was ihnen gegeben wird.

06] Also gedenke ich auch hier dieser vielen Gäste, zu denen auch ich gehöre. Ihr drei freilich wohl über alles lieben und guten Gastgeber und Herren dieses Himmelshauses habt es trotz eurer unbegrenzten Güte aber dennoch um sehr vieles besser denn alle diese von euch noch so gut gehaltenen Gäste. Denn Herren bleibt stets ihr, diese aber nur Gäste, die in allem von euch abhängen. Und so ist es wirklich sehr recht, daß nun auch ihrer sicher überaus gut gedacht wird.

07] Du, liebster Freund, aber wirst es mir doch nicht zu einem Fehler anrechnen, daß ich nun so geredet habe? Ich hätte gewiß nicht so frei heraus geredet, wenn ich dich nicht gar so unermeßlich lieb hätte. Meine große Liebe zu dir, du mein himmlischer Freund, löst mir die Zunge; und wenn sie gelöst ist, ach, dann geht sie schon, wie sie gewachsen ist!«

08] Rede Ich: »O du zartestes Balsamtröpfchen meines Herzens, rede du nur immer zu, wie dir es dein Herzchen gibt. Uns kannst du wohl ewig nimmer beleidigen, besonders wenn du so weise sprichst, wie du jetzt geredet hast. Denn ich sage dir's, du Holdeste, es ist genau so, wie du nun geredet hast. Es ist wirklich viel leichter, zu geben als zu nehmen. Es ist der kümmerliche Geber im Grunde noch immer besser daran als der beste Nehmer!


09] Aber es läßt sich diese Ordnung ewig nimmer ändern, da unmöglich jedermann ein Herr sein kann. Würden vom Lama aus auch alle Menschen zu Herren gemacht sein, so daß da jeglicher hätte sein Haus und sein gutes Auskommen und niemand den andern zu bitten brauchte, was wäre dann mit der Nächsten- und Bruderliebe, und was mit der Liebe zum Lama? Sieh, diese ginge da rein unter, und doch müßte am Ende der Lama Geber und alle Menschen gebundene Empfänger sein, wie sie es nun sind und ewig sein werden!


10] Damit aber die Nehmer so ungeniert als möglich das Gegebene nehmen können, wird von uns Gastgebern hier stets in so überfließend reichlichster Fülle gegeben, daß jeder Empfänger und Nehmer sich so viel von dem endlos viel Gebotenen nehmen kann und darf, wieviel nur immer sein Herz zu begehren vermag.


11] Ja Ich sage dir, Meine allerliebste Chanchah: es wird hier mit dem Geben sogar so weit getrieben, daß es beinahe in der ganzen Unendlichkeit kein Wesen gibt, dem nicht allzeit tausendfach mehr gegeben würde, als was seines Herzens glühendster Wunsch ewig je begehren könnte! Was meinst du nun, du Meine geliebte Chanchah - sind die Nehmer bei solchen Geberverhältnissen wohl noch für bedauerlich anzusehen?«

12] Spricht Chanchah: »Ach ja, dann freilich wohl sind die Nehmer beinahe noch glücklicher als der Geber. Denn der Geber muß - du wirst mir's wohl vergeben, so ich hier vielleicht wieder zu viel und zu ungebührlich rede - ja doch sehr viel Sorgen haben. Denn er muß denken über Hals und Kopf, wie er seine Vorratskammern so fülle, daß sie selbst durch die steten reichsten Weggaben nicht erschöpft werden können!

13] Ich habe wohl auf der Erde öfter gedacht, wie es doch dem Lama möglich sein kann, für so endlos vieles zu sorgen: für all das Gras, das da wächst allenthalben, für die Gesträuche und Bäume und für all die zahllosen Tiere und Menschen. Aber da sagte mir meine Mutter:

14] "Chanchah, wie denkst du so menschlich von Lama?! Weißt du denn nicht, daß der Lama allmächtig ist und allgegenwärtig mit Seiner Macht? Er, der endlos Weise, darf ja nur wollen, und es geschieht dann sogleich alles, so Er es will, und wann und wie Er es will!"

15] Als die Mutter so zu mir redete, gab ich sehr acht und ward auch bald befriedigt. Aber nun möchte ich von dir, der du ein Diener Lamas bist, erfahren, ob es sich wirklich so verhält mit dem Lama, wie mich die Mutter lehrte.

16] Ist es dem Lama ein leichtes, zu sorgen für all das Unendliche, oder ist es auch für Ihn schwer? Ist es Ihm ein leichtes, dann ist Er ebensogut daran als Geber, wie gut all die zahllosen Empfänger daran sind. Macht Ihm aber solch ein Sorgen für unendliche Bedürfnisse der zahllosen Myriaden doch manchmal bedeutende Schwierigkeiten, da wäre Er bei Seiner unbegrenzten Freigebigkeit wirklich sogar zu bedauern! - O sage es mir, du mein geliebtester Freund, so du darin nähere Kenntnisse besitzest!«

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