Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 01, Kapitel 115
Volksauflauf vor Marias Haus. Das Volk will Jesus zum König ausrufen. Er entweicht in ein Fischerhaus bei Bethabara. 01] Am nächsten Morgen aber wird es sehr lebendig vor dem Hause; denn es kommen schon mit Tagesanbruch von neuem eine große Menge Menschen von allen Seiten herzu, und an Brot- und Milchverkäufern mangelt es auch nicht. Und somit verursacht das einen großen Tumult vor dem Hause, so dass es allen im Hause anfängt bange zu werden.
02] Ich aber sage: »Laßt uns das Morgenmahl nehmen, sodann aber uns sogleich ziehen in ein Mir wohlbekanntes Haus, einige Feldwege hinter Kapernaum hin, damit die Sache hier in Nazareth kein solches Aufsehen macht! «
03] Während Ich das den Jüngern ankündige, kommt auch Judas herein und sagt: »Brüder, ich bleibe bei euch von nun fortan! Meine Geschäfte sind zu Ende; denn euretwegen habe ich sie schon heute statt morgen beendet. - Aber nun von etwas anderem ganz kurz: Das Volk, nun bei etlichen Tausend hier herum versammelt, will nichts mehr und nichts weniger, als den guten Meister Jesus zum Könige ausrufen! Und das, meine ich, dürfte denn in der so zahlreichen Gegenwart der römischen Soldaten wohl im höchsten Grade ungeraten sein! Denn bei solch einer Gelegenheit dürfte den sonst sehr humanen Römern denn doch durchaus nicht zu trauen sein - und ebensowenig den Hohenpriestern, Pharisäern und Schriftgelehrten unseres Volkes!«
04] Sage Ich: »Nun denn, bringt schnell das Morgenmahl herbei! Heute ist zugleich auch Sabbat, und es könnte noch mehr Volks herkommen; darum werden wir uns denn auch geschwind von hier hinwegmachen!«
05] Es war anliegend bei Meinem Hause, und zwar zu beiden Seiten desselben, ein gut eingezäunter Garten, in welchen man nur durch eine kleine Hintertür des Hauses gelangen konnte. Wir benutzten sonach diese Türe und entkamen sogestaltig den neugierigen Augen von mehreren Tausenden, unter denen mehr als drei Viertel nur die leidige Neugierde hintrieb, um daselbst wunderbare Begebnisse anzustaunen.
06] Als wir aber, im ganzen auch bei hundert an der Zahl, von der großen Menge ungesehen entkamen und diese vor dem Hause noch immer wartete, bis Ich hinauskäme mit den Jüngern und allda allenfalls etwa wieder ein Wunder wirkte oder eine Rede hielte, und sie dann, was der Plan vieler unter der großen Menge war, Mich zum Könige der Juden ausriefen, da trat eine Magd Meines Hauses vor die Menge hinaus und fragte einen Mann, der ihr besonders gut aussah, was denn diese große Volksmenge hier wolle. Und der Mann sprach: »Wir sind hier, um Jesus, den Mächtigsten der Mächtigen und den Weisesten der Weisen zu unserem Könige zu machen! Denn wir waren Zeugen, wie Ihm Meer und Winde gehorchten und die ärgsten Teufel von Menschen und Geistern vor Ihm fliehen müssen! Er ist unfehlbar der verheißene Gesalbte Gottes, zu erlösen das Volk Gottes vom harten Joche der Tyrannei Roms! Es ist demnach an der Zeit, Ihn zum von allen Juden anerkannten und angebeteten Könige des Volkes Gottes zu erheben! Sieh, darum sind wir hier! - Was macht Er wohl so lange im Hause, dass Er nicht einmal kommt zu uns heraus?!«
07] Sagt die Magd: »Da wartet ihr hier vergebens; denn Er ist schon früh in die Gegend von Kapernaum abgegangen, vielleicht zu einem Kranken, und alle Seine Jünger mit Ihm. Daher, wie gesagt, wartet ihr auf Ihn vergeblich.«
08] Auf diese Nachricht fragt sie der Mann, ob sie nicht wüßte, in welches Haus Er ging. Die Magd aber beteuert, dass sie das nicht wisse und ebenso auch niemand im ganzen Hause. Denn Ich habe es niemandem anvertraut, in was für ein Haus Ich gegangen sei.
09] Auf solche Antwort begibt sich der Mann, um sich von der Aussage der Magd zu überzeugen, ins Haus, und da er im Hause außer den wenigen Personen, die der Maria das Koch- und Tischgeschirr reinigen halfen, niemanden fand, so ging er wieder hinaus und verkündete es allen, dass Ich, unbestimmt wohin, nach Kapernaum in ein Haus gezogen bin, um daselbst einen Kranken zu heilen.
10] Als die Menge solches erfährt, so brechen auf einmal alle auf und schreien: »Also nach Kapernaum hin! Dort werden wir Ihn schon erfragen und das Haus finden, in das Er gezogen ist!«
11] Mit dem schlagen, bis auf einige wenige Nazaräer, alle den Weg nach Kapernaum ein, und Mein Haus ist frei von dem großen Volkslager.
12] Aber dafür machen bald in kurzer Zeit die Kapernaumiter große Augen, als sie die Volksmenge in die Stadt einziehen sehen. Der römische Oberste schickt sogleich mehrere seiner Kriegsknechte unter sie und läßt sie fragen, was sie in solcher Menge wollten in Kapernaum, indem es Sabbat sei und in dieser Stadt weder ein Markt noch sonst etwas stattfinde, und schon am allerwenigsten an einem Sabbat, dessen Billigung der Oberste aufrechtzuerhalten habe.
13] Da sagen die Gefragten: »Wir suchen Jesus von Nazareth; denn wir haben vernommen, dass Er hier sei.«
14] Und der Oberste läßt ihnen sagen, dass Sich Jesus nicht in Kapernaum, sondern in der Nähe von Bethabara befinde, wohin Er schon vor ein paar Stunden gezogen sei.
15] Als der Haufe solches vernimmt, begibt er sich schnell gen Bethabara hin. Aber am Wege zwischen den beiden Orten am Galiläischen Meere entdecken die Führer der Menge um ein Haus eine ebenfalls große Volksmenge, gehen dahin und fragen, was es hier gäbe. Und man sagt ihnen, dass Ich in dem Hause sei.
16] Auf diese Kunde wird das Haus gleich nach allen Seiten hin umlagert, und das Volk berät sich und macht Anstalten, wie es Mich zum Könige mache. Aber da tut Mir der Oberste einen guten Dienst und entsendet von Kapernaum eine ganze Legion Soldaten, die den großen Haufen bloß zu überwachen haben. Und der Haufe hält darauf inne mit seinem Vorhaben.
17] Es kommen aber, durch diese Bewegung angelockt, auch mehrere Pharisäer und Schriftgelehrte teils von Jerusalem, aber damals in Kapernaum anwesend, mit den Priestern und Schriftgelehrten von Kapernaum und teils auch jene von Nazareth und von der Umgegend Meinetwegen in dies Haus; denn sie haben von Ja‹rus vernommen, wie Ich dessen Töchterchen vom barsten Tode erweckt habe. Diesen macht das Volk Platz, dass sie zu Mir ins Haus kommen können.
18] Und als sie Mich im Hause finden, so richten sie bald eine Menge Fragen an Mich. Ich aber weise sie alle an Meine Jünger und sage: »Diese hier sind Meine Zeugen; sie wissen um alles, fragt sie!«
19] Und die Pharisäer und Schriftgelehrten bestürmten nun die Jünger, und die Jünger gaben ihnen sehr gut bemessene Antworten.
Home | Inhaltsverzeichnis Band 1 | Werke Lorbers