Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 01, Kapitel 188


Jesu wahre Verwandte. Mutter Maria mit Söhnen Josephs in Jesaira. Barams Einladung an Jesus zum Mahl. Prügel für die Pharisäer.

01] a Während Ich aber noch also redete zum Volke, da kam die b Mutter Maria mit den Brüdern von Mir; denn sie erfuhr es im Hause Kisjonahs, dass Ich nach Jesaira gefahren sei und Mich dort aufhalten dürfte. Sie hatte eine halbe Tagereise zu Fuß dahin, und so konnte sie am Montage mittags wohl in Jesaira sein, da sie sehr früh morgens vom Haus abgereist war. (a Matthäus.12,46*; = Markus.03,31; = Lukas.08,19b Matthäus.13,55jl.ev11.305)

02] Ihre Angelegenheit war einerseits eine häusliche, a darum sie mit Mir reden wollte, andererseits aber wohl auch eine ins Geistige gehende, da sie so manches von Kapernaum aus über Mich erfahren hatte, darum sie besonders mit Mir reden wollte. Sie konnte aber vor lauter Gedränge nicht ins Haus, darum sie denn auch notwendig draußen wartete, bis Ich hinauskäme. (a Matthäus.12,46*; = Markus.03,31; = Lukas.08,19)

03] Da sie aber schon lange vergebens wartete, so bat sie einen vom Hause Barams, dass er Mir sagen möchte, dass sie draußen schon eine geraume Zeit warte und notwendig mit Mir zu reden habe. a Da drängte sich der Bote durchs Volk, kam in Meine Nähe und sprach: »Meister! Siehe, Deine Mutter und Deine Brüder stehen draußen und möchten mit Dir reden!« (a Matthäus.12,47*; = Markus.03,32; = Lukas.08,20jl.ev11.305)

04] a Da sagte Ich in einem ernsten Tone zum Boten: »Was sagst du? Wer ist Meine Mutter, und wer sind Meine Brüder?!« Da fuhr der Bote etwas erschrocken zurück. (a Matthäus.12,48*; = Markus.03,33jl.ev11.305)

05a] a Ich aber erhob Meine Rechte über Meine Jünger und sprach: »Da siehe hin, das sind Meine Mutter und b Meine Brüder! (a Matthäus.12,49*; = Markus.03,34; = Lukas.08,21b Hebräer.02,11jl.ev11.305)

05b] a Denn wer den Willen Meines Vaters, der im Himmel ist, tut, der ist b wahrhaft Mein Bruder, Meine Schwester, Meine Mutter! Gehe aber hinaus und sage den Harrenden, dass Ich kommen werde!« (a Matthäus.12,50*; = Markus.03,35; = Lukas.08,21b Römer.08,29jl.ev11.305; Vaterbriefe.469)

06] Diese Rede fanden einige hart und machten Mir Vorwürfe und sagten, ob Ich nicht wüßte, wie da lautet das a Gebot Mosis in Hinsicht der Eltern. (a 2. Mose.20,12; 5. Mose.05,16)

07] Ich aber verwies ihnen solch eine Frage und sagte: »Ich weiß es, wer Ich bin, und Meine Jünger und Meine irdische Mutter wissen es auch, und Ich darf darum reden, wie es ist der Wahrheit gemäß; kehrt ihr daher nur fleißig vor eurer Tür, - um Mich braucht sich niemand zu sorgen und zu kümmern; denn Ich weiß es am besten, was Ich zu tun habe.« Darauf schwiegen alle, und keiner getraute sich, Mir darauf noch etwas zu erwidern, weder pro noch kontra.

08] Nach einer Weile Schweigens trat der Hausherr Baram zu Mir und sagte: »Herr und Meister! Es ist der Mittag gekommen, und das Mahl ist bereitet für Dich, Deine Jünger und auch für Deine irdisch Anverwandten, die draußen Deiner harren. Wolltest Du mir armem Sünder wohl die Ehr' und Gnad' erweisen, das gut bereitete Mahl zu nehmen?«

09] Sage Ich: »Ich habe zwar für heute noch eine andere Speise vor, die Ich am Meere verzehren werde; aber da du Mich auf eine so geziemende Weise eingeladen hast, so will Ich dir die Ehr' und Gnad' am Tische wohl erweisen. Aber das sage Ich dir auch, dass Mir keiner von den Pharisäern in das Zimmer kommt, da Ich speisen werde, außer der junge Ahab, den Ich aufnehme in die Zahl Meiner Jünger! Denn mit seinen Kollegen, die einen argen Verdacht auf ihn gefaßt haben, weil sie ihn ehedem geheim mit Mir reden sahen, wird er wohl nimmer bestehen können. Nun aber sage dem Volke, dass Ich hier im Hause nichts mehr reden und tun werde, auf dass es hinaus ins Freie gehe und uns Platz mache; denn bei diesem Gedränge wäre es auf eine natürliche Weise schwer, hinauszukommen.«

10] Auf diese Meine Worte wendet sich Baram zum Volke und sagt: »Liebe Nachbarn! Der göttliche Meister hat nun ausgeredet und wird hier im Hause nichts mehr reden und noch weniger etwas tun, darum wollt euch denn nun ganz ruhig hinausbegeben bis auf Ahab; denn der Meister will mit ihm reden.« Auf diese Worte geht nun das Volk hinaus ins Freie bis auf die Pharisäer.

11] Als das Volk draußen ist, treten die alten Pharisäer voll Grimms im Herzen zu Mir hin und fragen Mich ganz keck, was Ich mit Ahab vorhätte, ob Ich ihn auch für die Hölle zurichten wolle?! Als Baram solche Frage vernimmt, wird er voll gerechten Ärgers und sagt zu ihnen: »Meine Steuern habe ich alljährlich bis auf einen Stater (kleinste Münze) entrichtet und bin sonach gesetzlich Herr dieses von mir erbauten Hauses und dulde es daher von niemandem, dass jemandem, den ich in diesem vollkommen meinem Hause als Gast verehre und bewirte, von jemand Fremdem, wie ihr es seid, eine Unannehmlichkeit zugefügt werde! Ich gebiete euch daher vollernstlich, dies mein Haus augenblicklich zu verlassen und euch auch über die Berainung (Umgrenzung) meines Grundes zu begeben, ansonst ich von meinem teuer bezahlten Hausrechte ohne Verzug Gebrauch machen würde!«

12] Sagen die Pharisäer: »Bist du denn auch schon ein Grieche geworden, dass du dir vor uns ein Hausrecht anmaßen magst?! Solltest du denn nicht wissen, dass es bei den Juden gegenüber einem Pharisäer kein Hausrecht gibt?! Ist nicht ein jeder Pharisäer vollkommen Herr in einem jeden jüdischen Hause, das er betritt, und so er das Haus wieder verläßt, dann der eigentliche Hausherr aus Gnaden wieder Hausherr wird? Weißt du als ein Jude auch das nicht, dass du nur ein Pächter und kein Herr weder deines Hauses noch deines Grundes bist, und dass wir dir Grund und Haus nehmen können, wann wir wollen, und können es auf fünfzig Jahre lang jemand anderem verpachten?«

13] Sagt Baram: »Das habe ich als ein Jude zu meinem großen Ärger wohl gewußt; darum bin ich aber auch heute ein Grieche, respektive ein Römer geworden und habe gegen Entrichtung einer Taxe mir beim kaiserlichen Richteramte das volle, unverrückbare Eigentumsrecht verschafft, das ich euch sogleich zum Verkosten geben werde, so ihr nicht sogleich meiner gestellten Anforderung Folge leistet!«

14] Sagen die Pharisäer: »Zeige uns den Gewährsbrief vom römischen Gerichte!« Baram zieht solchen als noch frisch geschrieben auf gutem Pergament, versehen mit dem kaiserlichen Siegel, hervor, hält solchen Brief! den Alten vors Gesicht und sagt: »Kennt ihr das?! «Schreien sie: »Also auch du ein Verräter an Gott, Tempel und uns?! Solches haben wir diesem Sohne Davids wohl zu verdanken?! Darum sei auch du verflucht samt deinem Hause!«

15] Als die Pharisäer solchen Fluch ausgesprochen haben, da greift Baram schnell nach einem tüchtigen Stock und fing sogleich an, mit aller Kraft auf die Pharisäer einzuhauen, dabei sagend: »Wartet, ihr Satansknechte, ich werde euch für euren Fluch einmal den gerechten Lohn zukommen lassen!« Schreit ein Pharisäer, den der Stock noch nicht erreicht hatte: »Es steht geschrieben: 'Wehe dem, der seine Hand an einen Gesalbten legt!'« Sagt Baram: »Das kenne ich wohl und bediene mich darum des Stockes!« Und Baram gibt nun auch diesem Gesalbten den Stock zum Verkosten. Da fliehen bis auf Ahab alle die argen Pharisäer und Schriftgelehrten hinaus, wo sie noch vom Volke bedient werden.



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