Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 01, Kapitel 153


Geister vom Mond belehren Töchter Kisjonahs.

01] Kisjonah aber war auch ein wenig sternkundig und fing an, nach dem Gange der Sterne zu rechnen, ob die Mitte der Nacht bald zu Ende gehen würde; denn zu der Zeit hatte man noch lange keine solchen Uhren wie in der Jetztzeit und behalf sich daher mit einer freilich sehr unverläßlichen Berechnung der Sterne.

02] Nach einer Weile sagt Kisjonah: »Nach meiner Berechnung sollte nun die Mitternacht schon vorüber sein?!«

03] Sage Ich: »Freund! Deine Berechnung taugt nichts; denn wir sind noch eine Stunde von der Mitte der Nacht entfernt. Daher rechne lieber nicht; denn es ist der Sterne Gang ein anderer, als du es meinst! Deine Rechnung ist an und für sich schon falsch, und so wird es wohl schwer möglich sein, dass du je die Mitte der Nacht nach dem Stande und Gange der Sterne herausbringen wirst. Menschen, die so was imstande sein werden, werden einst erst geboren werden; aber jetzt ist es noch lange nicht an der Zeit.«

04] Es kam aber nun dennoch im Verlaufe mannigfacher Besprechungen die Mitte der Nacht herbei, und der Mond ging als natürlich nur halbleuchtend auf. Da fragten Mich ja schnell die Töchter des Kisjonah wieder, was etwa doch der Mond sei, und wie er also gleichfort sein Licht verändere.

05] Ich aber sagte zu ihnen: »Meine geliebtesten Töchterchen! Hinter euch stehen gerade drei Geister aus dem Monde; die fragt! Sie werden es euch genau sagen, was der Mond ist, und auf welche Art er beständig sein Licht wechselt und manchmal wohl auch ganz verliert!«

06] Da fragte die älteste sogleich die drei Geister um den Mond, und diese sagten: »Holde! Deine Frage an uns um den Mond ist gleich der, so wir dich fragten um die Erde, die du bewohnst. Du weißt es nicht, warum es nun finster ist auf der Erde und fragst doch nicht darum; wie magst du um den Mond fragen, der dir um vieles ferner steht als deine dich tragende Erde?

07] Siehe, wie deine Erde, also ist auch unser Mond eine Welt! Deine Erde ist rund gleich einer Kugel; also ist es auch unser mond. Deine Erde wird auf einmal nur zur Hälfte von der großen Sonne beleuchtet; also auch unser mond. Bei dir dauert die Nacht im Durchschnitte nur ungefähr bei dreizehn eurer kurzen Stunden, und ebensolange dann auch deiner Erde Tag; beim Monde aber dauert die Nacht sowohl als der Tag bei vierzehn Tag- und Nachtlängen deiner Erde, und daher kommt für dein Auge, von dieser deiner Erde aus betrachtet, der beständige Lichtwechsel des Mondes, - und das ist ein starker Unterschied zwischen dem Monde und deiner um vieles größeren Erde.

08] Es kommt aber noch ein gar mächtiger Unterschied zwischen deiner Erde und dem Monde zum Vorschein, und der besteht darin, dass der Mond nur auf einer Seite, die du aber nicht sehen kannst, von Wesen meiner Art bewohnt ist, während deine Erde nach allen Seiten hin bewohnt wird oder zum größten Teile bewohnbar ist.

09] Oh, auf dem Monde lebt sich's nicht so selig wie auf deiner Erde! O dort gibt es viel Kälte und viel unerträgliche Hitze, viel Hunger und nicht selten brennendsten Durst! Habe darum ja keine Sehnsucht nach jener kleinen, aber überaus harten Welt, auf deren Feldern kein Weizen und kein Korn und noch viel weniger ein Wein wächst!

10] Auf der Seite aber, die du von dieser deiner Erde aus allein immer sehen kannst, wohnt kein fleischlich Wesen, weder Tier noch Mensch, sondern unglückliche Geister, die sich nicht leicht oder auch gar nicht helfen können. - Und jetzt weißt du alles, was dir zu wissen not tut.

11] Habe aber auch keinen Wunsch, von dem Monde mehr zu erfahren; denn solche Kenntnis müßte dich am Ende höchst unglücklich machen!

12] Halte dich nur an die Liebe und laß fahren alle Weisheit; denn es ist besser, am Tische der Liebe zu speisen - denn im Monde vom Steine der Weisen den spärlichen Tau zu lecken!«

13] Nach dieser Beschreibung entfernen sich die drei Mondgeister, und die Töchter fragt Mich ganz vertraulich, ob es mit dem Monde wohl also aussähe, wie es ihr nun die drei Mondgeister kundgetan hätten.

14] Und Ich sage: »Ja, Meine liebste Töchter, - gerade also ist es und manchmal noch um vieles ärger! - Nun aber lassen wir den Mond ziehen seinen Weg, und schaut nun alle gen Morgen hin!

15] Ich werde nun etliche Engel des Himmels berufen, und ihr werdet sie von dorther kommen sehen; darum kehrt eure Augen nun dahin!«



Home  |    Inhaltsverzeichnis Band 1   |   Werke Lorbers