Jakob Lorber: ''Das große Evangelium Johannes', Band 2, Kapitel 226


Seelische Folgen der Angst vor dem Tode und materiellen Sorgen.

01] (Der Herr:) »Und Ich sage es nun euch allen darum, daß ihr alle unnötige Sorge von euch verbannen sollet; denn jede Sorge der Welt wegen ist eben ein materielles Band, durch das sich eine Seele aus der alten adamitischen Narbe mit der Materie verbindet! Je mehr sich aber die Seele mit der Materie ihres Fleisches verbindet, desto mehr muß die Ausbildung des eigentlichen Geistes Gottes in ihr verkümmern; und je mehr sich dann die Seele durch ihre Sorge verbindet mit dem Leibe, der in sich nur ein Gericht, eine leidige Notwendigkeit und somit der Tod selbst ist, desto mehr verliert sie dann auch das Bewußtsein und die Erkenntnis des ewigen, unverwüstbaren Lebens in ihr. Je mehr sie sich aber ablöst von diesem Bande, desto freier wird sie wieder in allem, und je mehr sie sich dann verbindet mit dem göttlichen Geiste in ihr, desto lebendiger und stets heller wird darauf das Bewußtsein und die Erkenntnis des ewigen Lebens in der Seele werden.

02] Wer daher noch irgendeine große Furcht vor dem Tode des Leibes hat, dessen Seele steht noch in einem starken Verbande mit dem Fleische und in einem äußerst schwachen mit dem Geiste; denn eine große Liebe zum Leben auf dieser Welt ist ein sicheres Kennzeichen, daß die Seele sich noch sehr wenig bekümmert hat um das ewige Leben ihres Geistes in ihr, und daran schuldet die alte Narbe, die Adam sich selbst und dadurch allen in sein Fleisch eingezeugten Seelen geschlagen hat.

03] Aber dennoch kann sich jede Seele, so sie es recht will, auch völlig heilen von solch einer bösen Narbe. Denn dafür hat Gott schon gleich in der Gegenwart Adams die sicheren Vorkehrungen getroffen, und Adam selbst ist in seiner letzten Zeit nahezu ganz wieder heil gemacht worden. Henoch aber ist davon vollends heil gemacht worden; daher er auch in seinem Fleische umgewandelt worden ist, so wie noch einige der Urväter der Erde. Aber da sich deren Nachkommen dennoch gemischt haben mit den Kindern nicht geheilter Väter, so blieb das alte adamitische Übel dennoch, mehr oder weniger mächtig auftretend, unter den Menschen gleichfort zu ihrer Qual.

04] Daher stammen auch die schmerzlichen Geburten der Weiber, und daher die meistens sehr schmerzlichen Todesarten bei den Menschen. Denn eine schon durch des Mannes Samenstrom verwundete Naturseele verbindet sich gleich recht hartnäckig zuerst mit dem Fleische der Mutter und muß hernach bei der Ausgeburt stets gewaltsam unter allerlei Bandzerreißungen in die Welt hinausgeboren werden. Kinder aber, wie ein Isaak und dergleichen noch eine Menge in der Welt, sind bei voller Schmerzlosigkeit der Mutter aus ihr in die Welt hinausgeboren worden.

05] Also ist es auch mit dem Sterben der Fall. Menschen, die sehr am irdischen Leben hängen, und bei denen alle ihre Sorge auf dasselbe gerichtet ist, haben schon während ihres kurzen Erdlebens sehr viel zu leiden, werden oft seelisch und bald darauf sicher auch fleischlich krank und sehr elend, und vor dem Scheiden aus dem Leibe haben sie stets mit oft unerträglichen Schmerzen zu kämpfen und scheiden in einem höchsten, alles betäubenden Schmerze aus dem Leibe, der gar oft nach der Löse vom Leibe einen langwährenden Nachhall findet, besonders bei jenen Seelen, denen es auf der Welt in ihren Leibern so recht wohl und behaglich erging. Dagegen jene Seelen, die auf der Welt zu der heilsamen Überzeugung gelangt sind, daß alle Schätze der Erde der Seele nichts nützen, weil sie in den Tod sinken müssen wie der Leib, und sich darum von der alten Narbe Adams so frei als möglich gemacht, aber dafür ihren Geist, das Atma Gottes, in sich gefunden und mit aller der wahren Sorgfalt gepflegt haben -, haben fürs erste wenig mehr eine irgendwie immer geartete Krankheit des Leibes zu bestehen.

06] Ist das Leben der Seele einmal mit ihrem Geiste verbunden, so wird denn auch nach und nach ihr Leib eine geistigere Richtung annehmen und darum gefühlloser werden für die Eindrücke von seiten der äußeren Materiewelt; denn eine jede Krankheit des Leibes entsteht gewöhnlich aus dem Zerreißen irgendeines Bandes mit der Welt. Kurz, der Leib wird durch die lebenshungrige Seele mit tausend der verschiedenartigsten Bedürfnisse angestopft. Kann er zufolge klimatischer und tausend anderer Verhältnisse wegen nicht zufriedengestellt werden, so muß darum ein und das andere Band abgerissen werden, und der Leib wird darauf bald krank und sehr leidend, und mit ihm auch die Seele, welche am Ende mit ihrem Leibe die gleiche und eigentlich die vorzügliche Schmerzträgerin ist.

07] So aber die Seele ihren Leib und dadurch sich selbst an möglichst viele Entbehrungen aus dem Todesbereiche der Welt gewöhnt hat, so werden am Ende eben nimmer viele Bande zwischen den toten Gütern der Erde und dem Leibe vorhanden sein, und es wird da denn auch wenig mehr zum schmerzlichen Zerreißen sich vorfinden. Ist aber dadurch möglichst aller Grund zu den Krankheiten des Leibes behoben, so möchte Ich dann nachher doch Selbst wissen, woher diese noch in den Leib und in die empfindsame Seele kommen sollten.

08] Ja, bei solchen Menschen fühlt der Leib selbst dann von irgendeinem Schmerze nicht leichtlich mehr etwas, wenn er auch durch äußere arge Mittel gemartert und gepeinigt wird.

09] Sehet die bekannten Jünglinge in dem Feuerofen an! Sie sangen in aller Lebenslust und priesen Gott. Und wenn schon ihre Leiber mit der Zeit von der äußeren bösen Gewalt verzehrt wurden, so empfanden sie aber dennoch keinen Schmerz dabei; denn sie waren schon lange vorher aller Bande mit der Welt ledig und waren eins mit ihrem göttlichen Geiste. Und so fühlt denn fürs zweite eine solche vollends mit ihrem Geiste vereinte Seele beim Lostrennen vom Leibe, mit dem sie schon lange in keinem festen materiellen, sondern nur in einem überzarten, geistigen Bande verbunden stand, auch durchaus keinen Schmerz, sondern nur eine all ihr Wesen durchzuckende selige Wollust und verliert beim Trennen unmöglich weder das Bewußtsein, noch das Licht der seelisch geistigen Sehe, und ebensowenig das Gehör, den Geruch, den Geschmack und den edelsten und allerfeinsten Tastsinn, wie solchen nun unser Engel Raphael besitzt.

10] Aber, wie gesagt, um das zu erreichen, muß der Mensch sich zuvor die alte adamitische Sünde vom Leibe schaffen, und das geht auf keine andere Weise, als auf die nur, die Ich euch soeben gezeigt habe: die Weltsorgen müssen von der Seele freitätig über Bord geworfen werden, ansonst gibt es kein Mittel! Würden aber diese hinweggeschafft, dann tritt beim Menschen wieder alles in die alte göttliche Ordnung zurück, und der Mensch ist dann wieder ganz Mensch nach der Ordnung Gottes. Und sieh, das ist es, was man mit Recht die >Erbsünde< nennt! An und für sich ist es offenbar das Fleisch, das man mit Fug und Recht die Erbsünde nennt; entsprechend geistig genommen aber ist eben die vielfache Sorge um das Fleisch die schwer vertilgbare Sünde Adams bei allen seinen Nachkommen.

11] Diese Narbe der Seele aber kann durch kein anderes Mittel völlig getilgt werden, als allein durch das von Mir angegebene und durch noch ein Mittel, das aber den Menschen erst nach der Beendigung Meiner Sendung in diese Welt wird gezeigt und gegeben werden zum Heile ihrer Seelen. Johannes der Täufer in der Wüste hat für dieses Mittel bereits einen Vorläufer gemacht.«


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