Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 164


Schiffe mit Gästen in Sicht.

01] Markus und seine beiden Söhne bemerken auch vom Hause aus, dass da Schiffe ankommen, eilen als gute Lotsen ans Ufer und schauen, ob es den Schiffen nicht an irgend etwas gebricht.

02] Auch Cyrenius und alles, was Römer und Grieche ist, eilet dem Ufer zu, um zu sehen, was die drei Schiffe bringen. Aber diese stehen noch ziemlich hoch auf der See und sind vom Ufer noch bei einer Stunde Weges entfernt, und alle Betrachter können noch nichts ausnehmen, was sich etwa auf den drei bedeutend großen Schiffen befindet.

03] Cyrenius fragt Mich darum, und Ich sage: ”Die, welche wir schon heute früh erwarteten! Sie haben einen widrigen Wind zu bestehen gehabt, und die See ging hoch; sie mußten einen jenseitigen Hafen suchen, um den Wind unterdessen austoben zu lassen, und das ist die Ursache ihrer Verspätung. Es ist bereits eine volle Stunde über des Tages Mitte hinaus, und sie würden bis hierher noch eine volle Stunde Zeit benötigen, da sie immer noch mit einem kleinlauten Gegenwinde mit den Rudern zu kämpfen haben. Aber es liegt nun an uns, ihnen zu Hilfe zu kommen, und das wird ihnen den Weg und die Zeit um vieles abkürzen.“

04] Sagt Cyrenius: ”Herr! Möchtest Du ihnen nicht also, wie gestern dem Ouran, den Raphael entgegensenden?“

05] Sage Ich: ”Ist hier durchaus nicht nötig; denn diesen droht die Gefahr nicht, die gestern dem Ouran gedroht hat! Mit diesen drei mäßigen Fahrzeugen wird Markus mit seinen beiden Söhnen ganz leicht fertig, und wir haben sie in einer kurzen halben Stunde hier!“

06] Sagt Cyrenius: ”Aber Herr, willst Du denn heute gar kein Wunder tun?“

07] Sage Ich: ”Hast du denn nicht gelesen im Moses: 'Und am siebenten ruhte der schaffende Geist Gottes, und der siebente Tag ward darum zum Sabbate 08] Sagt Cyrenius: ”Herr, das bedeutet schon wieder etwas Besonderes; den Sinn dieser Version (Lesart) bringe ich durchaus nicht heraus!“

09] Sage Ich: ”Nun, so frage irgendwen, und es soll dir alles klargemacht werden! Ich aber nehme nun die kurze Ruhe nicht Meint-, sondern euretwegen, um euch Gelegenheit zur Tat zu gehen, und so bin Ich ja auch tätig in euch allen. - Verstehst du das denn nicht?“

10] Sagt Cyrenius: ”Ja, ja, nun verstehe ich es! Ich kann es mir nun auch denken, warum!“

11] Sage Ich: ”Da hast du eben keine schwere Arbeit, da Ich es euch allen doch heute morgen ganz klar herausgesagt habe! Vor dem Mittagessen tue Ich eigenhändig nichts, nach dem Essen aber wird sich schon noch Gelegenheit bieten, um etwas tun zu können; so Ich aber rede, da tue Ich ja dennoch vor dem Mittagessen auch etwas.

12] Aber nun heißt es dem Markus sagen, dass er die beiden Söhne den Schiffen entgegensende, er selbst aber Sorge trage, dass die Tische gar bestellt werden; denn die erwarteten Gäste werden sehr erschöpft und hungrig und durstig ankommen, ebenso ihre Dienerschaft und die armen, müden Schiffer.“

13] Hierauf winkte Ich dem Markus, und er verstand Meinen Wink, ließ die beiden Söhne gleich kräftigst in die See stechen, und er ging eiligst ins Haus und setzte alles in die tätigste Bewegung.

14] Auch in den Zelten des Ouran ward es lebendig; denn Mathael und seine vier Gefährten, sein junges Weib Helena und der König Ouran bemerkten die Schiffe aus den Zelten, die sie vor einer Stunde mit der Familie des Herme, des bekannten Boten aus Cäsarea Philippi, bezogen hatten, um sich daselbst umzukleiden und dem Mathael königliche Kleider anzuziehen, damit er vor den Ankommenden als das dastehe, was er ist.

15] Ouran eilt zu Mir und fragt Mich in aller Demut: ”Herr, was wohl werden die Schiffe bringen? Etwa gar die erwarteten sehr hohen Gäste?“

16] Sage Ich: ”Mein Freund, das war sehr hofsittlich gefragt! a In unserer Gegenwart gibt es keine sehr hohen und keine sehr niederen Gäste, sondern nur Brüder von A bis Z. Kann Ich Mich euren Freund und Bruder nennen lassen, warum soll es unter euch Menschen hohe und niedere geben? Ich sage dir: b Der Allmächtige unter euch ist allein ein rechter Herr, ihr alle aber seid Brüder untereinander und Knechte und Diener eines Herrn! (a mt.20,26-27; b mt.23,08)

17] Oder meinst du, dass die Könige bei Mir höher stehen denn ihre geringsten Diener, darum, weil sie mächtige Könige sind? O mitnichten! Da entscheidet allein das Herz; der König muß es im Herzen wissen, warum er ein König ist, und der Diener, warum er ein Diener, sonst stehen vor mir König und geringster Knecht auf der gleichen Stufe so hübsch tief unten.

18] Also merke dir das, du Mein Freund Ouran, dass es vor Mir keine hohen und keine niederen Gäste gibt, sondern nur Kinder, Brüder und Schwestern!“

19] Mit dieser Zurechtweisung war Ouran aber auch ganz zufrieden, verneigte sich tief und fragte darauf nicht weiter.



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