Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 173


Die Frage des Kornelius an die Jarah.

01] Jarah gibt sich damit zufrieden, und Kornelius fängt an, in seinem Gehirn so recht durchzublättern; aber es will sich noch immer nicht etwas Rechtes finden lassen.

02] Nach einer Weile endlich fällt ihm etwas ein, und er fragt die Jarah um folgendes, sagend: ”Nun, nun habe ich doch etwas gefunden, und so sage du mir, was denn so ganz eigentlich die Sonne ist, und aus welchen Elementen sie besteht, da sie so ein stärkstes Licht und eine kaum glaubliche Hitze auf den Boden der Erde ausgießt! Wenn du, holdeste Jarah, mir auch darüber etwas zu sagen imstande bist, so will ich dich, so du es annehmen willst, königlich belohnen!“

03] Sagt Jarah etwas ironisch: ”Weißt du, hoher Gebieter, auf diese Art holt man aus einem Teiche die faulen Fische und will ihn dadurch reinigen, weil die faulen Fische das Wasser stinkend und unrein und daher auch ungesund machen! - Verstanden, Herr Oberster Kornelius?!

04] Hast du überflüssige Schätze, so wirst du der Armen, besonders hierin der vom Feuer zerstörten Stadt, in großer Menge finden, denen du nun eine königliche Unterstützung magst angedeihen lassen! Ich aber brauche von niemandem dieser Erde irgendeinen Lohn; denn ich habe alle Liebe des Herrn, und dies ist auch mein einziger und höchster Lohn!

05] O ja, ich werde dir deine Frage schon beantworten, schuldig werde ich dir nichts bleiben; aber darum belohnen lasse ich mich von dir durchaus nicht, - irdisch schon gar nicht! Denn so etwas hielte ich wohl für eine der größten Sünden; denn fürs erste entzöge ich es den wahrhaft bedürftigen Armen, und fürs zweite brächte ich dich ja um die Gelegenheit, etwas wahrhaft Gutes tun zu können, zumal ich selbst durchaus nicht ein armes Kind dieser Erde bin, im Grunde vielleicht sogar materielle Schätze besitze, die du mit dem ganzen Kaiserreiche nicht bezahlen könntest, derer ich aber eigentlich ebensowenig benötige als deiner mir angebotenen königlichen Belohnung.

06] Glaube aber ja nicht, dass hier etwa irgendeine Art Hochmut aus mir spricht, sondern die ganz reinste und harmloseste Wahrheit; denn würde ich nur einen kleinsten Funken Stolzes in mir besitzen, so würde ich nicht auf diesem Platze neben dem Herrn aller Herren und neben dem Meister aller Meister sitzen! Das, mein sonst allerliebster Freund Kornelius, ist dir ein wenig mißlungen!

07] Siehe, Menschen, die wie ich nun vom Herrn irgendeine, wennschon immer und immer unverdiente Gnade besitzen, müssen ganz anders denn die eigentlichen Natur- und Weltmenschen beurteilt und behandelt werden!

08] Du dachtest, dass ich als ein junges, höchstens vierzehnjähriges Mädchen irgendeiner ebenso eitlen Natur sein werde als die anderen Weltmägde und würde etwa sogar die höchste Freude haben, mit königlichen Kleidern angetan zu werden; allein, solche Eitelkeit ist von mir ferner als der kleinste Stern, den dein Auge am Firmamente noch irgend entdecken kann von dieser Erde, und das will doch etwa so hübsch viel heißen! Nimm darum deinen mir gemachten Belohnungsantrag nur schnell zurück, sonst beantworte ich dir deine Frage in keinem Falle!“

09] Sagt Kornelius: ”Nun denn, weil ich bei dir mit meinem Antrage schon gar so schief angekommen bin, so nehme ich ihn denn deinem Wunsche gemäß ja auch recht gerne zurück und will dann das tun, was du mir angeraten hast; aber du beantworte mir dann aus Freundschaft meine dir gegebene Frage!“

10] Darauf fing die Jarah an, sich so recht zusammenzunehmen und sagte: ”Du willst von mir nun erfahren, was die Sonne ist, und aus welchen Elementen sie besteht, da sie gar ein so stärkstes Licht und eine gar so mächtige Wärme und Hitze über den Erdboden auszugießen vermag?

11] Nun, ich kann dir darüber eine ganz vollwahre Auskunft erteilen; aber was wird dir eine solche nützen?! Du kannst es mir wohl glauben also, wie da irgendein Blinder jemandem glaubt, der ihm von einer Blume aussagt, dass sie gar wundersam schön rot sei. Wird sich der Blinde wohl irgend selbst überzeugen können, dass jene Blume im Ernste also wundersam rot ist? Das wird in diesem Leben wohl schwer gehen, und im andern Leben wird sich die freie Seele sicher sehr wenig darum kümmern; denn da wird sie ohnehin in einem Augenblick mehr zu überschauen imstande sein, als sich hier in mühevoll durchlebten fünfzig Jahren mit allem Fleiße erlernen läßt.“

12] Sagt Kornelius: ”Da hast du, holdestes Mägdlein, wohl sehr recht! Ich werde mich ad personam meam (persönlich) wohl nie von der Wahrheit deiner mir gemachten Aussagen über die Sonne überzeugen können, dass deine mir eben darüber gemachten Aussagen im Vollernste wahr sind; aber ich weiß es nun auch, dass du mich eigentlich gar nicht anlügen kannst, weil du das, was du weißt, nur vom Herrn aus weißt und wissen kannst. Und ich kann daher dennoch alles, was du mir über die Sonne nur immer sagen kannst und willst, als eine vollkommene und ungezweifelte Wahrheit annehmen!“

13] Sagt die Jarah: ”Gut denn also! Ich werde ja doch sehen, ob du mit den Achseln nicht zu zucken anfangen wirst! Und so vernimm mich denn!“



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