Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 233


Ein Meteor.

01] Während aber Mathael noch etwas sagen wollte, flog ganz nieder ein großes und sehr stark leuchtendes Meteor und verursachte durch den schnellen Flug ein eigenes, wohl vernehmbares Sausen in der Luft; denn es war im ganzen über dem Erdboden nur bei achthundert Klafter Höhe entfernt. Hinter dem Meteore war ein langer Schweif ersichtlich, der sich scheinbar dem fliegenden Meteore nachzog. Alle drei erschraken über diese Erscheinung und fragten allereiligst den Engel, was denn nun das gewesen wäre.

02] Der Engel aber, statt den dreien sogleich mit einer Antwort und Erklärung aufzuwarten, schoß dem Meteore nach und brachte es in wenigen Augenblicken zu den dreien als eine etwas plumpe Kugel von zweieinhalb Klaftern Durchmesser, stellte diese auf einen freien Platz und sagte dann zu den dreien: ”Nun, da kommt her und betrachtet diese Erscheinung ohne Scheu: niemandem von euch wird dabei ein Haar gekrümmt oder gesengt werden!“

03] Die drei erheben und nähern sich mit großer Bescheidenheit dem noch gleichfort stark leuchtenden Meteore. In der Nähe merken sie einen stark schweflichen Geruch, und der ganze, bedeutende Klumpen sieht in der Nähe vollkommen einem Bimssteine sichtlich ähnlich, und aus den größeren Poren schießen bläulichweiße Flammen hervor und verursachen ein eigenes Zischen und leises Pfeifen und Prasseln. Manches Flämmchen ist noch sehr hell, manches aber auch schon matt.

04] Jetzt erst fragt Mathael wieder den Engel, sagend: ”Nun, was ist denn das für ein Ding, wie und wo entstand es? Es scheint eine ziemlich feste Masse zu sein und muß für unsere Menschenkraft ein großes Gewicht haben. Gehe, lieber himmlischer Freund, erläutere uns das ein wenig!“

05] Sagt der Engel: ”Dieser Klumpen war vor einer halben Stunde noch ein Anteil der Sonne. Durch einen großen Feuerkrater, darin es gewaltigst tobte, ward er nebst vielen andern mit einer unbegreiflich großen Gewalt hinausgeschleudert in den großen Weltenraum. Wie zufällig bekam dieser Klumpen die Richtung gegen diese Erde. Mit mehr als des Blitzes Schnelligkeit flog er durch den Äther und erreichte schon hinter dem Weltteile Europa die Atmosphäre dieser Erde, die er anfangs nur an der Oberfläche streifte. Als er im nächsten Moment aber tiefer sank und einen großen Widerstand an der stets dichteren Atmosphäre dieser Erde fand, ward seine Wurfschnelle sehr gemindert; bis er in diese Region kam, machte er in vier Augenblicken Zeit nur zwanzig Stunden Weges. Als ich ihn einholte, war er dennoch schon nahe über ganz Asien und wäre in zehn Augenblicken ins große Erdmeer gefallen; aber es wollte der Herr also, dass ihr auch in dieser Hinsicht eine Aufklärung erhaltet und nicht in einem fort glaubt, dass da ein böser Geist über die Erde fliege, um ihr und den Menschen einen Schaden zuzufügen. Nun habt ihr den bösen Geist vor euch und könnt daraus lernen, dass dies eine ganz natürliche Erscheinung zwischen den großen Weltkörpern ist.“

06] Sagt Murel: ”Aber wie kam es denn, dass er in der Luft gar so stark leuchtete, und hier aber wird er nun stets matter und matter im Leuchten?“

07] Sagt Raphael: ”Das starke Leuchten bewirkt der übermäßig schnelle Zug durch die Luft; er reibt sich mächtigst an den Teilchen der Luft und drückt sie sehr stark, weil sie ihm nicht schnell genug entweichen kann. Die Luft aber, wie sie hier ist, entzündet sich, wenn sie irgend zu stark gepreßt oder gedrückt wird; und weil sich die Luft auf der ganzen Zugstrecke eines solchen Meteors in einem fort entzündet, so ist es denn auch an der Stelle, da ein solches Meteor auf seinem Zuge sich befindet, stets blitzhell, und weil hinter dem gar so heftig fliegenden Meteore ein luftleerer Raum gebildet wird, dessen Winde noch ganz feurig erregt sind, so ersieht man hinter dem Meteore auch stets einen abnehmend heftig glühenden Schweif, der an und für sich bloß nur eine Erscheinung und keine Realität mehr ist.

08] fühlt nur diese Masse, wie glühend heiß sie noch ist, und ihr werdet euch leicht vollkommen von dem überzeugen, was ich euch von dieser Sache nun erklärt habe! Noch einen Beweis kann ich euch auf ganz natürliche Weise liefern, und zwar dadurch, weil mir so ein Experiment möglich ist, dass ich einen hier liegenden Stein nehme, ihn in Blitzesschnelle durch die Luft schleudere, und mir dienstbare Geister sollen ihn nach wenig Augenblicken wieder hierher bringen, und ihr werdet euch überzeugen, wie dieser nur etliche Pfund schwere Stein sogleich ebenso stark leuchten wird, wie stark zuvor dieses Meteor geleuchtet hat.“

09] Hier schleuderte Raphael den Stein mit der furchtbarsten Gewalt in die Luft, und die dienstbaren Geister trieben denselben einige Augenblicke mit mehr denn Blitzesschnelle kreisförmig nur wenige Klafter hoch in der Luft herum. Nebst einem stark sausenden Getöse leuchtete der Stein so stark, dass die ganze Gegend weit herum wie am hellen Tage erleuchtet war und die drei eigentlich nur einen sonnenhell leuchtenden Kreis vor sich sahen, weil die Bewegung des Steines eine zu schnelle war, als dass ein menschliches Auge seinen Fortzug hätte wahrnehmen können.

10] Nach wenigen Augenblicken ward der Stein wieder von den dienstbaren Geistern, als noch im höchsten Grade glühend, ganz ruhig vor die drei erstaunten Beobachter auf den Boden gelegt, und Raphael sagte: ”Da habt ihr das schnell und ganz leicht bewirkte Experiment nun vor euch; findet ihr einen Unterschied zwischen diesem nun künstlich und jenem natürlich bewirkten Meteore?“

11] Sagt Mathael: ”Nein, durchaus ganz dieselbe Erscheinung; nur ist natürlich das Volumen verschieden! Aber es drängt sich mir nun dennoch eine Frage auf, und diese besteht darin: dass es dir, der du uns schon gar manches Pröbchen von deiner unbeschreiblichen Fertigkeit und Kraft gegeben hast, wohl sehr leicht möglich ist, so einen Stein mit der unglaublichsten Gewalt und Schnelle derart hinauszuschleudern, dass die Luft durch des geworfenen Steines zu ungeheure Schnelligkeit auch zu sehr gepreßt sich entzünden und den Stein selbst in Kürze allerglühendst machen muß, - dazu bist du einer der mächtigsten Engelsgeister, der mit ganzen Weltkörpern, wie wir mit Haselnüssen, spielen und eine Sonne sogar in einem Augenblick in eine derartige Tiefe des endlosen Schöpfungsraumes hinausschleudern könnte, dass ein Blitz hunderttausendmal hunderttausend Jahre zu tun hätte, um sie zu erreichen! Für ein solches Experiment ist dir sonach von Gott die uns freilich wohl noch sehr unbegreifliche Kraft und Macht verliehen; aber wie kann die Sonne als nur ein träger Naturkörper aus sich heraus auch eine solche Macht entwickeln?“



Home  |    Inhaltsverzeichnis Band 3  |   Werke Lorbers