Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 4, Kapitel 33


Gelöbnis des Cyrenius, für Jesu Lehre zu wirken.

01] Als Cyrenius seinen Freudenschmerz nach einer Weile erst so recht ausgeweint hatte, wobei ihn auch die beiden Töchter, der Zinka und auch der herbeigekommene Risa so recht wonniglich kräftig unterstützt haben, ging er wieder auf Mich zu, umarmte Mich und sagte schluchzend: ”O du ewige, reinste Liebe! Wer soll Dich denn nicht über alles lieben?! O Herr, o Vater, wie gut und wie heilig bist Du denn?! O Herr, laß mich sterben in dieser meiner Liebe!

02] Herr und Vater! Solange ich die nie ermeßbar große Gnade habe, Dich von Deiner irdischen Geburt an zu kennen, habe ich Dich auch allzeit geliebt, und Du warst stets der Angelpunkt aller meiner Gedanken! Aber ich war nicht immer gleich stark Herr über meine eigene Welt in mir und über die Welt außer mir; jetzt aber glaube ich, durch Deine Gnade und Liebe die nötige Kraft erreicht zu haben, in allem und jedem Deinem heiligsten Willen gemäß nach menschlicher Weise vollends den Rest meiner noch zu lebenden Tage zu durchwandeln.

03] Ich regiere freilich zumeist nur Heiden, deren Götterlehren ich leider hie und da auch noch beschirmen muß - es ist das wohl ein großes Übel; aber mit einem Hiebe fällt ja doch nie ein Baum um -; ich werde es mir aber sehr angelegen sein lassen und trachten, wenigstens in meinem Regierungsterritorium die Erkenntnis des allein wahren und lebendigen Gottes unter den besseren Heiden soviel als nur immer möglich auszubreiten!

04] Mit den Priesterschaften werden wir wohl die größte Not haben; denn diese Kaste lebt schon seit mehreren Jahrhunderten von ihrer Volksverfinsterungssache. Die Alten werden wohl Blitz und Donner vom Himmel rufen, und die Jungen werden dazu grimmige Gesichter schneiden; aber am Ende werden sie wohl gezwungen sein, ihre alte Gewohnheit zu verlassen und sich auf unser neues Feld zur Arbeit zu begeben. Das Traurigste für den ehrlichen Menschen auf dieser Erde ist es aber, dass er die Lüge sogleich ohne alle Mühe leicht findet, die Wahrheit aber nur durch ein sehr mühevolles Suchen, das nicht selten mit vielen und großen Gefahren verbunden ist, erreichen kann.

05] Die alten Ägypter hatten ihre Schulen sehr klassisch eingerichtet. Wer nur so eines oder das andere fürs äußere Leben erlernen wollte, der hatte seine Taxe zu entrichten, und es wurden ihm die mannigfachen Vorteile gezeigt; wer aber da kam, um die Wahrheit zu suchen und sie zu finden, durch die das innere Leben des Menschen bedingt ist, dem wurde sein ominöses Suchen auf eine nahe unerhörte Weise heiß gemacht. Und hatte er die große Lebenswahrheit gefunden, so mußte er ein Priester verbleiben, und unter dem schwersten Eide durfte er von dem, was er gefunden, ja keinem Laien auch nur eine Silbe mitteilen!

06] Die heilige Wahrheit war somit stets schwer zu erreichen, während sich das Regiment der Lüge gratis über die ganze Welt breitmachte. Weil aber die alte Lüge stets das Zepter über die Menschen geführt hat, so haben sich die Menschen auch an die Lüge gewöhnt; sie ist ihnen zur zweiten Natur geworden, und das um so leichter, weil sich gar viele, wenn auch nicht alle, ganz wohl dabei befunden haben und sich noch befinden. Nun, von wegen des Fahrenlassens der Lüge wäre soviel des Anstandes, wie ich mir's denke, eben nicht; aber das Fahrenlassen der bisher genossenen Vorteile ist eben der Haken, der sich sehr schwer wird biegen lassen!

07] Doch Geduld, - es wird alles noch gehen! Man verspreche und gebe der Priesterschaft andere Vorteile, zeige dieser Kaste, die ohnehin keinen Glauben hat, freundlich unter vier Augen die Wahrheit und verdinge sie dann - wenigstens den bessern Teil - zur Ausbreitung der Wahrheit, und ich meine, dass sich auf diese Art die sonst größte Schwierigkeit in eine ganz leichte Mühe wird umgestalten lassen. Ob man aber je auf der Erde der Lüge ganz wird Meister werden, das ist nun eine andere Frage! Gute und rechtschaffen gesinnte Menschen, deren Seelen voll Wahrheit sind, werden wohl sicher alles aufbieten, um wenigstens ihre Nachbarn in ein besseres Licht zu setzen. Kurz, um solche Leuchter wird es stets so hübsch helle aussehen. Aber weiter weg von den Leuchtern wird es dann schon wieder finsterer werden, und gar weit weg, sowohl im Raum und in der Zeit, wird so wie jetzt die volle Nacht ihr Zepter führen!

08] Das ist so meine Ansicht. Du, o Herr, könntest es vielleicht wohl anders machen; aber Du weißt es auch, warum es auf dieser Erde also sein muß! Daher geschehe auch nur stets Dein allein heiliger Wille!“



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