Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 5, Kapitel 17


Die weise Gesetzgebung in Mathaels Königreiche am Pontus.

01] Sagt Roklus: ”Zufrieden oder nicht zufrieden, was wollen wir gegen eure Macht? Den ohnmächtigen Würmern muß ja alles recht sein; denn wehe ihnen, wenn sie sich nur ein wenig in ihrem Nichtigkeitsstaube zu rühren anfangen, so werden sie sogleich von den lustigen Vögeln aus der Luft bemerkt, gefangen und gefressen! Der Schwache muß ja dem Mächtigen gehorchen, wenn er leben will, und so werden auch wir dem nun Herrn Markus gehorchen müssen, so wir nicht gefressen werden wollen. Aber angenehm - um ganz aufrichtig zu reden - ist es uns durchaus nicht, daß dieser alte, schroffe Krieger über uns gebieten wird; denn das ist der allerrücksichtsloseste Mensch, der uns noch je vorgekommen ist. Rechtlich ist er, das kann niemand in Abrede stellen, und er hat laut seiner vielen Erfahrungen auch ein stets ganz gesundes und richtiges Urteil; aber im übrigen ist er der ungesellschaftlichste Mensch, und von einer Humanität ist bei ihm gar keine Rede! Na, na, es sei uns gratuliert, daß der unsere Behörde geworden ist! Wahrlich, da werden wir, unsere Kinder und Kindeskinder von guten Zeiten zu erzählen wissen! Auswandern wäre hier freilich das beste, - aber wohin?“

02] Hier erhebt sich Mathael und sagt: ”Gut, so ihr auswandern wollt, da wandert in nun mein Reich, das über Kleinasien hinaus am weiten Pontus liegt! Es ist ein großes Reich und von zwei großen Meeren begrenzt, im Westen vom Pontus und im Osten vom Mare Caspium (Kaspisches Meer). Dort werdet ihr unter meinen aber wohl allerstrengsten Gesetzen ganz sicher und recht sehr ruhig zu leben haben. Nur das sage ich euch, daß in meinem Reiche auch nicht einmal ein Schein von einer ungerechten Handlung vorkommen darf, und eine jede Lüge wird auf das allerschärfste und unnachsichtlichste bestraft; aber der vollkommen rechtliche, wahrheitsliebende und von aller Selbstsucht freie Bürger soll unter meinem ehernen Zepter das beste Leben haben!

03] Niemand soll bei mir tributfrei sein; denn wer da eine Kraft zu einer oder der andern Arbeit hat, der soll nur arbeiten und sich etwas verdienen! Wer sich aber etwas verdient, der kann auch einen Tribut an den König entrichten, der stets für das Wohl des ganzen Reiches zu sorgen hat und daher stets mit vielen und großen Schätzen versehen sein muß, um eine Wehrmacht zu unterhalten, die stark genug ist, um irgendeinem kecken Feinde die Spitze bieten zu können.

04] Er, der mächtige König, muß Schulen und Zuchthäuser unterhalten und muß die Grenzen des Reiches mit starken, unüberwindlichen Festungen versehen, über die irgendein Feind nicht gar zu leicht springen kann, - wozu aber sehr viel Geld erfordert wird.

05] Ihr seht aus dem, wie ein König gar strenge darauf sehen muß, daß ein jeder Mensch ihm den pflichtigen Tribut zahlt; und so könnt ihr nun schon in mein Reich überwandern, so euch die Verpflichtungen, die ich von jedem Untertan mit aller unnachsichtlichsten Strenge fordern werde, behagen! Meine Bewilligung habt ihr; sollte euch das Joch Roms unter der Verwaltung des alten Markus zu sehr drücken, dann wisst ihr nun schon, wohin ihr auszuwandern habt!

06] Um euch aber mit allen meinen Einrichtungen im allgemeinsten bekannt zu machen, so sage ich euch noch das, daß bei mir kein unbeschränktes Erwerbsrecht je jemandem gestattet wird. Jedermann steht es zwar offen, sich ein Vermögen zu sammeln, das aber die Zahl 'zehntausend Pfunde' niemals, sogar bei Todesstrafe, übersteigen darf. Alles, was jedermann irgend darüber erwerben würde, müßte er allergewissenhaftest an die allgemeine Staatskasse abführen; im Gegenfalle, der sich nach meiner Einsicht schnellst auffinden und erweisen läßt, wird der Übertreter dieses für das allgemeine Staatswohl aller meiner Völker so überaus heilsamen Gesetzes seines ganzen Vermögens verlustig erklärt und dazu noch mit anderen schärfsten Strafen belegt werden.

07] Zudem wird es auch niemandem gestattet, sich in einer zu kurzen Zeit die erlaubten zehntausend Pfunde zu erwerben; denn es ist nur zu einleuchtend, daß ein solcher Gewinn in einer zu kurzen Zeit ohne allerlei Betrug und andersartige gewaltsame Erpressungen nicht denkbar möglich ist, außer durch ein Geschenk oder durch eine Erbschaft oder durch einen möglichen Fund.

08] Bei Schenkungen, Erbschaften und Auffindungen aller Art aber besteht in meinem Reiche folgende höchst weise Anordnung, daß davon stets die Hälfte an die Staatskasse abzuliefern ist, aus welcher fürs erste die unmündigen Kinder erzogen und ernährt werden, wie auch andere arme, jeder Arbeit unfähige Menschen. Kurz, in meinem Reiche ist die Anordnung also getroffen, daß darin niemand Not leiden, aber auch niemand einen unnötigen Überfluß haben soll! Er müßte denn ein gar außerordentlich guter, weiser und allerrechtlichster Mensch sein, dann soll er auch über zwanzigtausend Pfunde zu gebieten haben, über mehr aber schon niemand in meinem ganzen Reiche, außer mir und meinen allervertrautesten Beamten und Feldherrn!

09] Wenn ihr mit dieser meiner Staatseinrichtung zufrieden seid, so packt eure Sachen zusammen und übersiedelt in mein Reich!“

10] Sagt Roklus: ”O du feiner König des Pontus und des Mare Caspium, wir wünschen dir sehr viel Glück in deinem Reiche, werden aber von deinem löblichen Antrage dennoch keinen Gebrauch machen! Da sind wir schon lieber römische Sklaven denn deine allerersten Reichsuntertanen. Nein, so eine Staatseinrichtung könnte uns etwa so ein bißchen gestohlen werden! Die Mohren dort haben sicher eine menschlichere! Ist etwa noch so ein König irgend hier, der uns so einen herrlichen Antrag machte?!

11] Es mag sich zwar deine Regierung recht gut machen, so man sich derselben einmal so angewöhnt hat wie der Ochse an sein Joch; aber jetzt? Höre, da sollen noch eher zehn Städte über unsern Häuptern zusammenbrennen und zwanzig Markusse über uns gesetzt werden! Lebe wohl, du weiser König des eisgrauen Nordens!“



Home  |    Inhaltsverzeichnis Band 5  |   Werke Lorbers