Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 5, Kapitel 231


Die Frage nach der Erlösung der Unwissenden.

01] Sagt Epiphan: ”Großer Herr und Meister! Groß war Dein früheres Wunderwerk zu unserem leiblichen Besten, - aber noch größer ist Deine Weisheit in dieser Deiner uns gegebenen Lehre; denn sie beweist uns Deine Göttlichkeit noch um ein Unvergleichbares intensiver. Mit dem Wunderwerke zeigtest Du uns wohl unverkennbar, daß Du mit der Kraft und Macht Gottes erfüllt sein mußt, ansonst Dir ein solches Werk unmöglich wäre; aber mit dieser Belehrung hast Du uns gezeigt, daß Du unmittelbar Selbst Derjenige bist, dessen Gedanken und Ideen den gewissen, gerichteten, festen Gegenpol bilden!

02] Ich und sicher auch Aziona und Hiram haben das nun ganz wohl begriffen, was Du, o Herr, uns über unsere gewiß sehr wichtige Frage gesagt hast, und sehen nun ein, wie sich die Sache verhält und eigentlich nie möglich anders verhalten kann. Aber eben dieser Punkt zieht eine andere für die gesamte Menschheit dieser Erde wichtige Frage nach sich.

03] Siehe, großer Herr und Meister! Wir wissen nun, was der Mensch zu tun hat, um nicht von Deinem Gegenpole der Seele nach verschlungen zu werden, was gewiß ein höchst trauriges Los für jeden ist, der sich davon nicht hat retten können. Wir wissen durch Deine Gnade und übergroße Güte den rechten Weg und werden solchen ganz gewiß und sicher wandeln. Aber was geschieht mit all den andern, zahllos vielen Menschen, die diese große Erde bewohnen? Diese wissen nichts von dem, was Du uns nun enthüllt hast! Wie zahllos viele sind schon seit dem Beginne der Menschen auf dieser Erde vor uns hinübergewandelt, und welche zahllosen Mengen werden erst nach uns hinüberwandeln!

04] Die vor uns waren, haben von dieser Lehre sicher nichts gewußt und lebten nach ihren materiellen Gelüsten. Was anders wohl kann ihr jenseitiges Los sein als die traurige Gefangennehmung von seiten Deines Gegenpols? Wer wird, wer kann sie daraus erlösen, und wann? Was zählen etwa im Ganzen die etlichen Menschen, die, weil sie schon ursprünglich geistiger waren, sich auch leichter dem rein Geistigen zugewandt haben und darum nach der leidigen Ablegung dieses materiellen Leibes ganz leicht und unaufgehalten in Deinen Hauptpol übergegangen sind? Wenn ich nach den Büchern, in denen die frommen und rein geistig großen Menschen verzeichnet stehen, auch alle zusammenzähle, so erreiche ich vielleicht kaum die Summe hunderttausend! Was ist aber das gegen die Unzahl derer, die alle von dem Gegenpole für undenkbar lange Zeiten verschlungen worden sind? Da frage ich denn doch jeden nur einigermaßen vernünftigen und verständigen Menschen, ob es für die Unglücklichen nicht besser wäre, nie geboren worden zu sein?

05] Ebenso wird es auch mit denen sein, die vielleicht noch eine halbe Ewigkeit nach uns das Licht der Welt erblicken werden. Sie werden wohl auch irgend schon ganz verworrene Begriffe von dieser Deiner Lehre zu Gesichte bekommen; wer aber wird sie so, wie Du Selbst nun uns, darüber des nähern klar belehren? Ist aber eine solche außerordentliche Lehre nicht in der lichtesten Klarheit gegeben, so wird sie auch schwer von jemandem mit einem lebendigen Eifer zur Handelnsrichtschnur genommen werden, und die Materie wird so wie bisher stets den größten Sieg davontragen.

06] Deine gegenwärtige größte Lehre an uns ist zwar übergroß und heilig; aber diese Lücke ist an ihr unvermeidbar da, die ich eben durch Deine gütige Beantwortung dieser meiner sicher ganz gewichtigen Frage für mein Gemüt möchte ergänzt haben! So es Dein guter und heiliger Wille ist, da gib uns auch darüber einen rechten Aufschluß!“



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