Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 6, Kapitel 113


Die rechte Art reigiöser Belehrung.

01] Meine Jünger aber meinten und fragten Mich, warum Ich denn diesem Fischer Mich nicht näher geoffenbart habe.

02] Ich aber sagte: ”Das weiß und verstehe Ich am allerbesten! Für den ist es besser, daß er es später von den hiesigen Lehrern noch früh genug erfahren wird, mit wem er es in Meiner Person zu tun gehabt hat. Er ist zu sehr in seiner Idee, daß Ich ein Zauberer sei, befangen, und mit derlei Menschen ist da für weiter in der kurzen Zeit nicht wirksam gut zur Genüge auszukommen. Er wird nachderhand von diesen Hausleuten über uns, und namentlich über Mich, schon belehrt werden, und das zumeist von dem Arzte, der alles am meisten aufgefaßt hat, und dem Ich auch die Fähigkeit erteilte, mittels Auflegung der Hände allerlei Krankheiten zu heilen. Dann wird er seinen Zauberer bald verabschieden und von Mir den rechten Begriff bekommen.

03] Ich sage es euch allen: Wenn ihr jemand von den Heiden belehret, so dürfet ihr nirgends gleich samt der Tür ins Haus fallen, sondern ihr müsst zuvor den Menschen genau erforschen und daraus erkennen, von welcher Seite er zugänglich ist; denn habt ihr ihn bei einer unzugänglichen Seite gefaßt, so habt ihr euch die Arbeit nur selbst erschwert, und ihr werdet dann zu tun haben, um solch einen Menschen auf den rechten Weg zu bringen. Daher kann Ich euch nicht oft genug sagen: Seid klug wie die Schlangen und sanft wie die Tauben!

04] Ihr wisst es nicht, welche Gewalt eine falsche Begründung eines Menschen über sein Gemüt ausübt. So ihr aber erfahret, worin diese besteht, so dürfet ihr den Menschen niemals direkt bei solcher seiner am meisten gepanzerten Seite anpacken, sondern nur dort, wo er am allerschwächsten ist, was ihr bald herausfinden könnt. Habt ihr ihn da überwunden, nun, so wird es dann gar nicht mehr schwer sein, sich auch seiner starken Seite zu bemächtigen. Ihr müsst euch also allzeit so verhalten und müsst auch also handeln wie ein geschickter und sehr gewandter Feldherr. Ein geschickter und gewandter Feldherr wird durch seine verläßlichen Spione den Feind auskundschaften lassen, wo derselbe irgend seine schwächsten Seiten hat. Weiß er nun das, so wird er dem Feinde auf seiner stärksten Seite nur ganz unbedeutende Beschäftigungen geben, um ihn zu täuschen; aber von seiner schwächsten Seite wird er ihm in den Rücken fallen und ihn ohne weiteres schlagen und besiegen.

05] Auch müsst ihr euch also verhalten wie ein sehr geschickter Arzt, der die Krankheit eines Menschen und ihren Sitz wohl erkannt hat. Was tut er? Seht, da, wo die Krankheit sitzt, tut er nichts und kann oft auch nichts tun! Aber er gibt dem Kranken solche Mittel, die die Krankheit ableiten auf die gesunden Teile des Leibes, von da zum Teil durch den Schweiß und zum Teil durch den Magen und die Gedärme, - und der Kranke wird gesund. Wo die Krankheit als der Feind sich stark hingesetzt hat, da ist mit ihr nichts anzufangen, sondern man zerteile sie durch gute und rechte Mittel, und man wird sie dann leicht in ihrer Schwäche besiegen.

06] Seht und hört weiter! Dieser Fischmeister - der nun nicht hier ist, darum Ich mit euch auch also ganz frei reden kann - ist in seiner stärksten Begründungsseite ein Magier. Er glaubt an gewisse Sprüche, Amulette, Salben, an die Mondstände und -viertel, an die Sonne, Wolken, Luft und Vogelzüge und noch an tausend andere Dinge so fest, daß er dem ganz entsetzlich gram werden würde, der ihm da schnurgerade entgegenträte. Mit solch einem Menschen würde er dann sicher sehr wenig irgendwann mehr verkehren, weil er ihn für zu dumm und seiner Weisheit unwürdig halten würde.

07] Aber er ist sonst ein ganz guter und ehrlich treuer Mensch und hat seine Freude daran, von jemandem etwas Neues und Besonderes zu erfahren, - und seht, das ist eben seine schwache Seite! Bei der muß man ihn fassen und ihm die Dinge in einem ganz naturwahren Zustande darstellen und erklären, und er wird dann schon geheim bei sich selbst den Zauberer hinauszuschaffen anfangen, weil er auf der andern Seite stets mehr und mehr einzusehen anfangen wird, daß seine ganze Zauberei auf lauter hohlem Boden basiert ist.

08] Es ist darum auch gut, die Menschen, die man für die Wahrheit gewinnen will, sich vorher ganz vom Grunde aus ihrer falschen Begründungen entäußern zu lassen. Haben sie das mit aller Energie - wie die Weiber der Priester - getan, dann haben sie in sich keine weitere Hauptkraft mehr und fangen dann erst an, ein aufmerksames Ohr auf den Gegner zu haben, fangen dann auch an, in seine höheren Wahrheiten einzugehen, verwerfen von selbst ihre falschen Begründungen, und man hat sie gewonnen.

09] Darum nehme es euch nicht wunder, so Ich mit derlei Menschen nur ganz wie ein natürlicher Mensch rede; denn Ich sehe ja jeden Menschen gleich durch und durch und erkenne nur zu klar seine starken und schwachen Seiten und weiß denn auch, was Ich ihm zu sagen und zu tun habe! Und wenn das menschliche Gemüt nicht zu sehr vom Hochmute und vom Geize gefangengenommen ist, kann ein jeder für die Wahrheit gewonnen werden; aber der Hochmut und der Geiz sind bei den Menschen stets am schwersten zu besiegen. Das merkt euch denn auch, und so ihr danach handelt, so werdet ihr leicht handeln und stets die besten Erfolge erzielen!“



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