Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 6, Kapitel 167


Lazarus wird Besitzer einer Erdölquelle.

01] Als wir aber das Abendmahl verzehrt hatten und ein Jünger nach dem andern anfing, sich vom Schlafe übermannen zu lassen, da sagte Ich: ”Aber könnt ihr euch denn nicht nur noch eine kurze Zeit des Schlafes enthalten?“

02] Sagte Petrus: ”Ich weiß es wahrlich selber nicht, warum uns heute - und zwar jetzt nach dem Mahle - der Schlaf gar so übermannt, und wir haben doch heute beinahe den ganzen Tag hindurch mehr geruht als irgend etwas getan!“

03] Sagte Ich: ”Daher seid gleichfort tätig in Meinem Namen, und ihr werdet um vieles weniger schläfrig sein!“

04] Als ich noch also redete, siehe, da geschah ein starker Knall, als hätte ganz in der Nähe der Blitz eingeschlagen. Die Wände erbebten, und die Zimmertüre öffnete sich und machte eine stark oszillierende Bewegung. Da war den Jüngern der Schlaf auf einmal vergangen, und alle wollten hinauslaufen, um nachzusehen, was denn da geschehen sein müsse.

05] Ich aber hielt sie zurück und sagte zu ihnen: ”Es ist nun nicht geheuer, hinauszugehen! Eine bedeutende Naphthaquelle ist in der Nähe, aber dennoch ziemlich tief in der Erde. Oberhalb der Quelle befindet sich ein großer, aber nach allen Seiten hin fest geschlossener Raum. In seinem unteren Teile ist er wegen einer in seiner Nähe sich befindenden Feuerader beinahe glühend, und es besteht deshalb in diesem Hohlraume eine stets bedeutend große Hitze. Diese bewirkt, daß die in diesen Hohlraum mündende Naphthaquelle gleichfort verdunstet und so den ganzen Hohlraum mit Naphthadunst ausfüllt. Wenn die Verdunstung nicht zu heftig vor sich geht, so wird der Dunst von den den hohlen Raum bildenden Steinmassen aufgesaugt. Wenn dann und wann aber die gewisse Steinwand mächtiger erglüht, so bewirkt das dann auch eine großartigere Verdunstung des Naphthas. Die Steinwände können so einen großen Vorrat nicht mehr aufnehmen, und so geschieht es dann, daß der Naphthadunst eine stets größere Spannung in dem großen Hohlraume bewirkt, der sich dann zu sehr, besonders an den glühheißen Felswänden, drückt und reibt und sich dadurch dann bald und leicht entzündet.

06] Und seht, ein solcher unterirdischer Naturgeisterakt ist soeben vor sich gegangen, was auch recht gut war; denn durch diese Entzündung des Naphthadunstes ist die etwa zwanzig Mannshöhen dicke Steinkruste auseinandergesprengt worden, und du Lazarus, bist dadurch zu einer sehr ergiebigen Naphthaernte gekommen. Die Zersprengung der Grotte ist so glücklich vor sich gegangen, daß du ganz leicht zur eigentlichen Naphthaquelle gelangen wirst und bei nur einigem Fleiße täglich bei hundert Pfund wirst davon bringen können.

07] Wie berühmt und gesucht aber das Naphthaöl ist, das weißt du ohnehin; und so bist du nun zu einer neuen Erwerbsquelle gekommen, die dir mit der leichtesten Mühe von der Welt viele tausend Pfunde Gold und Silber tragen wird. Denn so wohltätige Menschen wie du sollen auch auf der Erde so reich als möglich sein, damit sie wahrhafte Versorger der Armen und Schwachen sein können. Morgen werde Ich dir das Ganze zeigen, - aber in dieser Nacht wäre es nicht ratsam, in die Nähe dieser Stelle zu kommen; denn der starke Dampf würde niemandem in seiner leiblichen Gesundheit wohl zustatten kommen. Aber morgen nachmittag werden wir uns der Stelle ohne alles Bedenken nähern können.“

08] Sagte Lazarus: ”Herr, das hat schon wieder Deine Allmacht zuwege gebracht! Denn meine Urahnen bis auf mich herab haben da nie etwas von einer Naphthaquelle wahrgenommen. Nur dann und wann hat man an sehr warmen Tagen zur Nachtzeit in der Luft einen ganz leisen Naphthaduft verspürt, was man sich aber allzeit also erklärt hat, daß solcher von Jerusalem herkäme, so die Luft von dorther weht; denn in Jerusalem wird sehr viel Erdöl verbrannt, das zumeist von Persien und Arabien durch den Handel zu uns kommt, aber stets ziemlich teuer ist. Aber daß sich auf meinem Grund und Boden eine solch seltene Quelle befinden sollte, das hat sich nie jemand gedacht! Ja, ich kann Dir, o Herr, dafür wohl nichts anderes tun als nur danken für mich und für alle armen Menschen, die nun dabei ihren guten Unterhalt finden sollen!“

09] Sagte Ich: ”Lasse das nun gut sein! Daß du deine Erdenschätze nach dem Willen Gottes verwendest, wie sie auch dein Erdenvater verwendet hat, das weiß Ich; aber es werden sich nach dir und nach deinen Schwestern, da ihr keine Nachkommen habt, die Kinder des Bruders deines Vaters in den Besitz dieser deiner Güter setzen. Daher suche du den Erben wohl zu unterweisen, in deinen Fußstapfen zu wandeln; denn so er da eigenen, weltlichen Weges ginge, so würden ihm die Güter genommen und ihm selbst der Bettelstab gereicht werden, die Güter aber würden den Heiden überantwortet werden. Darum unterrichte ihn davon, auf daß er wohl weiß, was er zu tun hat! - Jetzt aber ist die Zeit zur Ruhe gekommen, und so wollen wir unseren Gliedern einige Rast gönnen!“

10] Darauf begab sich alles zur Ruhe.



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