Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 109. Kapitel: Alles zu seiner Zeit! Jesus und die leibliche Ordnung.

01] Diese Rede hatte nun wieder alle Anwesenden im hohen Grade erbaut, und es sagte geheim Petrus zu Mir: »Herr, sieh doch, wie diese nach Dir seufzen! Warum zeigst Du Dich ihnen noch immer nicht?«

02] Sagte Ich: »Das weiß schon Ich, und du hast dich darum nicht zu kümmern! Ihr seid alle den unerfahrenen Kindern noch sehr ähnlich, die nach der Frucht eines Baumes schon lange eher eine große Eßgier haben, als sie noch gehörig reif geworden ist. Weißt du denn noch nicht, daß auf dieser Erde alles seine Zeit hat und haben muß?! Ich fühle in Mir Selbst ein großes Bedürfnis, Mich diesen dreien völlig bekannt zu geben; aber die Liebe in Mir und die ewige Weisheit aus ihr sagen es: Nicht vor der gerechten Zeit! Denn nur um einen Augenblick früher, und es wäre so manches verdorben, was dann erst durch eine lang andauernde Willensfreiheitsprobe wieder gutgemacht werden könnte. Es ist genug, daß die Schwachheit der geschaffenen Menschen oft sündigt; wie käme es aber dann, wenn auch der ewige Meister der schöpferischen, unwandelbaren Ordnung wider Sich aus der Ordnung träte?!

03] Glaube es Mir, daß Ich hier sicher mehr fühle und empfinde denn du und alle, die hier sind; aber Ich kenne auch Meine ewige Ordnung, wider die wohl in gewisser Hinsicht ein jeder Mensch und Engel sündigen kann, doch Ich ewig nimmer, weil ein Heraustreten aus Meiner ewigen Ordnung zugleich ein Aufhören aller Kreatur zur Folge haben müßte. Denn wo eines Tempels oder Hauses Grundstein fiele, da er morsch und faul geworden ist, was wäre dann da die Folge für den Tempel und fürs ganze Haus?!

04] Ich lobe in dir deinen Glauben und auch dein Herz, - doch dein Schmerz geht Mich vor der rechten Zeit gar nichts an! Denke und fühle mit Mir, so wirst du leichten Schrittes wandeln!«

05] Als Petrus das von Mir vernommen hatte, da sagte er kein Wort mehr und behielt diese Worte tief in seinem Herzen.

06] Es hatte aber der Magier dennoch bemerkt, daß Ich dem Petrus dieses gesagt hatte, wandte sich gleich an Raphael und sagte: »Holdester Wunderfreund! Ich habe nun einen Mann von ehrfurchtgebietender Gestalt bemerkt, der mit einem alten Manne ganz absonderlich bedeutungsvolle Worte geredet hat. Das muß ein großer Weiser sein! Möchtest du mir denn nicht sagen, wer dieser Mann ist? Denn ich muß es dir offen gestehen, daß mich und auch meine beiden Gefährten ein gewisses heimliches und unerklärliches Etwas gar gewaltig zu ihm hin zu ziehen beginnt. Mit dem Manne möchte ich wohl um jeden Preis der Welt näher bekannt werden! Wenn du mir das verschaffen könntest, würde ich dir gerne ein großes Opfer bringen!«

07] Sagte Raphael: »Mein Freund, nur Geduld; denn es läßt sich da nicht alles gar so plötzlich veranstalten, wie ich dir deinen großen Diamanten aus dem tiefen Indien hierhergeschafft habe! Denn wo eines Menschen freiester Wille zu walten hat, da darf ihm von einem Allmachtszwange nichts in den Weg treten. Darum gedulde dich nur! Wir werden nun gleich wieder ins Freie gehen, und da wirst du noch ganz hinreichend Gelegenheit bekommen, diesen dir gar auffälligen Mann noch näher kennenzulernen. Doch nun warte alles mit Geduld ab!«

08] Damit gab sich der Magier zufrieden, und wir gingen wieder hinaus ins Freie und nahmen auf der Höhe unsere alten Plätze ein. Die Magier aber wurden unter uns untergebracht.



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