Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 8


Kapitelinhalt 033. Kapitel: Die Örtlichkeit der Geisterwelt.

01] Sagte Agrippa: »Herr und Meister, das ist mir nun, wie auch sicher den andern, klar, und ich danke Dir für dieses Licht. Doch etwas Kleines habe ich dabei noch zu bemerken, und das besteht darin, daß Du uns auch anzeigen möchtest, wo sich örtlich im Vergleich mit dieser Erde die eigentliche Geisterwelt befindet. Du hast in Deiner Rede zwar wohl so ein Fünklein fallen lassen, aber ich konnte daraus noch nicht völlig klug werden. Wenn es Dir genehm wäre, so möchte ich Dich wohl darum bitten, mir auch in dieser Hinsicht das Geeignete zu sagen.«

02] Sagte Ich: »Es hat zwar alle Geisterwelt, wie Ich das schon einige Male dargetan habe, mit dem Raume und der Zeit dieser materiellen, gerichteten und somit unfreien Welt durchaus nichts mehr zu tun; aber er (der Raum), als eine äußerste Hülle, ist am Ende dennoch der Träger aller Himmel und aller Geisterwelten, weil diese sich irgend außerhalb des unendlichen Schöpfungsraumes nirgends befinden können. Und so muß es, um klar und für euch verständlich zu reden, auch gewisse Räumlichkeiten geben, in denen sich die Geisterwelten wie örtlich befinden, obschon besonders einen vollendeten Geist die Örtlichkeit des Raumes ebensowenig angeht wie dich nun dieser Ölberg, wenn du dir Rom oder Athen denken willst, denn für den Geist gibt es sogestaltig weder einen bestimmten Raum noch irgendeine gemessene Zeit.

03] Aber was das sogenannte individuelle Wesen eines Geistes betrifft, so kann es sich dennoch sowenig wie Ich nicht völlig außer Raum und Zeit befinden; und so befinden sich denn auch die Seelen der von dieser materiellen Welt Abgeschiedenen in einer bestimmten örtlichen Räumlichkeit, obwohl besonders die lebensunvollendeten keine Ahnung davon haben, - sowenig wie du in einem Traume, in dem du dich zwar auch bald in dieser und bald in einer ganz anderen Gegend recht behaglich und sogar tätig befindest, ohne dabei die materiell-räumliche Örtlichkeit für dein persönliches Individuum auch nur um eine Linie zu verändern.

04] Du willst aber von Mir die eigentliche, gleichsam stabile Örtlichkeit kennenlernen, in der sich besonders die lebensunvollendeten Seelen nach dem Tode des Fleisches befinden, und Ich will dir das denn auch treulich kundgeben. Und so höre Mich denn und verstehe Mich wohl, was Ich dir darüber sagen werde!

05] Wenn ein Mensch in seinem Leibesleben eine besondere Liebe für diesen oder einen andern Ort auf der materiellen Welt hatte, so bleibt er auch als abgeschiedene Seele in demselben Ort, oft viele hundert Jahre lang und wird dessen auch, wenn auch unklar, zuweilen inne auf dem Wege der geistigen Entsprechungen.

06] Wo du demnach auf dieser Erde einen Ort hast, da hast du auch schon eine Örtlichkeit für die Welt der Geister, die in sich aber freilich wohl keine materielle, sondern nur eine geistige ist, weil sie aus der gewissen Phantasie der Geister mittels ihres Willens entsteht.

07] Du kannst demnach eine solche von dir selbst geschaffene Welt kreuz und quer durchreisen, bleibst aber als Individuum dennoch fest in ein und derselben materiellen Örtlichkeit.

08] Es sei aber zum Beispiel ein Mensch, der eine große Sehnsucht dahin in sich trägt, den Mond, die Sonne und auch die Sterne näher kennenzulernen. Wenn eines solchen Menschen Seele entleibt wird, so ist ihre materielle Örtlichkeit auch schon dort, wohin sie ihre Liebe gezogen und gestellt hat. Dort wird sie auch bald durch die (mit den) Geister(n) jener Welten in Verkehr treten und ihre dortigen Anschauungen und Studien in tätigsten Angriff nehmen.

09] Ist eine Seele aber hier schon von der Liebe zu Gott vollends durchdrungen, so wird ihre materiell-individuelle Bestandsörtlichkeit zwar aus der Nähe dieser Erde als der Erziehungswiege für die Kinder Gottes nicht verändert, aber sie wird durch Mich dennoch im hellsten Lebenslichte die ganze Unendlichkeit nach dem stets steigenden Bedürfnisse ihrer Intelligenz und daraus hervorgehenden Seligkeit durchwandern können, ohne dabei die materiell-räumliche Örtlichkeit für ihr individuelles Sein auch nur um eine Linie verändern zu dürfen (brauchen), gleichwie auch Ich sie im Geiste nicht verändere und dennoch allenthalben in der ganzen Unendlichkeit zugleich gegenwärtig bin.

10] Ein Mehreres und Tieferes kann Ich dir darüber jetzt nicht sagen; wenn du aber im Geiste selbst wiedergeboren sein wirst, so wirst du auch noch ein Mehreres sonnenklar verstehen. - Hast du nun das wohl verstanden?«

11] Sagten hierauf Agrippa und auch viele andere: »Herr und Meister, wir danken Dir für diese Deine uns allen sehr nötig gewesene Erklärung; denn wir alle hatten die Gelegenheit zu öfteren Malen, Besessene aller Art und Gattung zu sehen und zu beobachten, und wußten uns die Sache unmöglich anders zu erklären, als daß solche Unglücklichen von ganz wirklichen Teufeln besessen und somit auch ihre Beute sind, wenn sie ihrer nicht los werden können.

12] Unter solcher Beurteilung über das Vorkommen des Besessenseins waren wir genötigt, entweder den Besessenen selbst als einen gröbsten Sünder und von Gott schon auf dieser Welt als vollends verdammt anzusehen, oder wir zuckten da über die Liebe und höchste Gerechtigkeit Gottes besonders dann heimlich mit unseren Achseln, wenn wir uns oft von der Unbescholtenheit des Besessenen sowohl als auch von der Frömmigkeit seiner Eltern gelegentlich nach allen Richtungen hin überzeugen konnten, was uns wahrlich nicht zu verargen war. Aber nun hat diese Sache freilich ein ganz anderes Gesicht bekommen, und wir sind über die Maßen froh, daß wir durch Deine Gnade auch da ins reine gekommen sind.«

13] Sagte Ich: »Nun, wohl denn also, so ihr nun auch in dieser Sphäre im klaren seid, da haben wir bis zum Morgen noch bei vier Stunden Zeit, uns noch über so manches zu besprechen und ins reine zu stellen. Wenn jemand von euch irgend im unklaren ist, so frage er laut, und es soll ihm ein rechtes und helles Licht werden; denn euch will Ich es geben, das Geheimnis alles Gottesreiches wohl zu verstehen!«



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