Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 8


Kapitelinhalt 88. Kapitel: Markus über Kultus und Priestertum.

01] Sagte darauf der Römer Markus: »Ich bin dir für diese deine nun völlig rückhaltlose Beleuchtung sehr verbunden, und wir Römer werden in Kürze wohl wissen, was wir mit solch einem Priestertum werden zu tun und zu machen haben. Wo die Menschen nur des einträglichen Amtes wegen sich dem Priestertum weihen und nicht der ewigen Wahrheit aus Gott wegen, da wird es auch bald an der Zeit sein, ein solches arge Priestertum von der Wurzel auszurotten und ein besseres und wahres an seine Stelle zu setzen!

02] Ich als ein wohlerfahrener Römer aber denke nun also, und der Herr Selbst gibt es mir ins Herz: In der Folge kein Priestertum, keine Tempel und keine Sabbate, Feiertage, Gedächtnistage und keine Jubeljahre und Olympiaden mehr, - sondern ein jeder Mensch trachte, nach der Lehre des Herrn ein rechter Lehrer seiner Mitmenschen und ein rechter Vater seiner Kinder zu werden! Die Tempel sollen in Wohltätigkeitshäuser für die Armen umgestaltet werden; und die Sabbate, Feiertage und andere nichtssagende Gedächtnistage sollen in Wohltatstage umgestaltet werden, so werden sich bald alle Menschen als wahre Brüder im Herrn umarmen und lieben!

03] Aber solange sich noch ein Mensch einen Priester unter einem gewissen Divinationsansehen nennen und als solcher sich von seinen Mitmenschen ehren und bezahlen lassen wird, solange man Tempel bauen, Sabbate und andere Festtage halten und mit allerlei Zeremonie zelebrieren wird, wird es böse mit der Menschheit aussehen. Ist von Gott aus nicht ein jeder Tag ein Tag des Herrn, an dem man Gott im Herzen gläubigst und über alles liebend bekennt und dem Nächsten Gutes tut geistig und leiblich? Ich bin nun wohl dieser von allem Vorurteile freien Meinung und glaube auch, daß ein jeder Denker eben dieser Meinung sein wird, die ich nun ausgesprochen habe.«

04] Sagte darauf der Schriftgelehrte: »Deine Meinung, hoher Römer, hat nach der natürlichen Menschenvernunft viel für sich; aber wir müssen auf das auch Rücksicht nehmen, was Gott durch den großen Propheten Moses eingesetzt hat, wo es ausdrücklich heißt: "Sechs Tage sollst du arbeiten; aber am siebenten Tage, als am Sabbate, sollst du ruhen und dich von aller schweren, knechtlichen Arbeit enthalten und sollst diesen Tag Gott, deinem Herrn, weihen und Ihm allein dienen nach der Art, wie sie durch Aaron dem Volke vorgeschrieben ist!"

05] Wenn nun deine Meinung zur Realität und die Satzungen Mosis aufgehoben würden, so wäre das ja doch soviel als: der Gott, der zu Moses redete und nun in dem wunderbaren Nazaräer abermals wie persönlich zu uns redet, widerspräche Sich Selbst!

06] Ich bin auch gegen ein kastenartiges Priestertum, aber Älteste und Rabbi muß es doch bei jedem Volke geben; denn nicht ein jeder Mensch hat den Geist und das Talent, sich zu einem wahren Rabbi auszubilden, und hat hier und da auch ein gewöhnlicher Mensch Geist und Talent, so fehlen ihm die Zeit und die rechten Mittel! Darum hat Moses den Stamm Levi bestimmt zum Priestertum und hat den andern Stämmen den Zehent auferlegt, von dem dieser Stamm solle erhalten werden, damit er sich pur dem Lehramte widmen könnte.

07] Ich bin aber nun auch der Meinung, daß die notwendigen Volkslehrer nicht gerade aus dem Stamme Levi hervorgehen sollten, weil das wie ein Kastentum erscheint, sondern ein jeder Mensch, mit Geist, Talent und Zeit versehen, sollte das Recht haben, sich zu einem Lehrer auch in göttlichen Dingen zu bilden; ist er aber dann ein tüchtiger Lehrer geworden, so solle die Gemeinde, der er als Lehrer dient, ihn auch erhalten und aus Achtung und Liebe nicht gestatten, daß er sich neben seinem Lehramte mit dem Spaten und Pfluge sein Brot im Schweiße seines Angesichtes erwerben muß.

08] Was aber deine Ansicht über die Tempel und sonstigen Fest- und Feiertage außer dem Sabbat betrifft, so bin auch ich deiner Meinung; denn derlei hat Moses nicht eingesetzt. Ein Tag in der Woche aber ist ja von selbst verständlich des Volkes wegen notwendig, daß es sich an demselben irgend an einem tauglichen Orte versammle und da über Gott und seinen Willen belehrt werde, damit es nicht entweder in die volle Gottlosigkeit oder in die schmutzigste Abgötterei verfalle. Das ist nun meine Meinung, und es wäre uns lieb, daß nun der Herr und Meister Selbst darüber auch Seine Meinung uns vernehmen ließe.«



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