Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 8


Kapitelinhalt 165. Kapitel: Eine Heilung im Spital des Zöllners durch Jesus.

01] Als Ich solches diesen Menschen gesagt hatte, da gedachten sie bei sich: 'Der hat wahr und recht geurteilt!'

02] Der Zöllner aber entschuldigte sich, zu Mir sagend: »Freund, du hast wohl ganz richtig geurteilt, und es würde mich dein Urteil noch mehr erfreut haben, wenn nur nicht gerade ich derselbe Zöllner gewesen wäre, der sich im Tempel vor Gott der vollen Wahrheit nach also ausgesprochen hat! Aber sei's nun, wie es ist, so kommt es mir von dir denn doch äußerst rätselhaft vor, wie dir derlei Dinge so bekannt sein können. Ich für meine Person halte dich für einen Propheten und bitte dich, daß du im Namen Dessen, der dich mit Seinem Geiste also erleuchtet hat, mein Haus und meine Familie segnen wollest!«

03] Sagte Ich: »Das ist dir schon dadurch widerfahren, da Ich vor deinem Hause anhielt und die Rast nahm. Daß du aber auch erkennest, daß Ich nicht nur das Recht, sondern auch die Macht habe, dein Haus und deine Familie zu segnen, so gehe nun in das Haus, das auch dein ist und zu dieser deiner Herberge gehört!

04] Jenes Haus aber hast du eingerichtet zur Beherbergung für allerlei arme, einheimische und auch fremde Kranke, und hast es versehen mit einem Arzte und vielen und guten Heilmitteln. Es befinden sich nun noch sieben schwerkranke Menschen in der Pflege, denen aber dein Arzt, so erfahren und gutwillig er auch ist, nicht helfen kann. Ich aber habe ihnen schon geholfen! Und so gehe du nun in jenes Haus, und überzeuge dich selbst!«

05] Es war aber dieses Haus nur wenige Schritte von dem Haupthause entfernt, und der Zöllner und alle die andern gingen eiligst hin und fanden zum größten Erstaunen alle die sieben völlig gesund, und sie befragten sie, wer sie gesund gemacht habe, denn es müsse da ein großes Wunder geschehen sein. Denn solche Lahme, Krüppel, Blinde und Gichtbrüchige hatte noch nie ein Arzt geheilt.

06] Da sagten die völlig Geheilten: »Wer uns so plötzlich und so wunderbar geheilt hat, das wissen wir nicht; denn es war niemand bei uns, auch unser Arzt nicht seit morgens. Wir empfanden aber, wie vor wenigen Augenblicken uns eine Kraft wie ein Feuer durchströmte, und wir waren gesund also, wie niemals je zuvor. Wir trauten uns aber unsere Lager doch nicht zu verlassen, weil wir ja gar nicht glauben konnten, daß wir im Ernste also gesund geworden seien.

07] Die zwei Blinden dienten uns wohl als ein erster Beweis, daß nicht nur sie als mit dem Augenlichte Wiederbegabte, sondern auch wir vollkommen wieder zum Besitze unserer geraden Glieder gelangt sind, aber wir glaubten dennoch nicht vollkommen an unsere noch so klar empfundene Genesung; jetzt aber glauben wir, weil ihr darum zu uns gekommen seid.

08] Euch muß es irgendein wunderbarer Mensch und Heiland selbst gesagt haben, ansonst ihr nicht hierhergekommen wärt, um euch zu überzeugen, ob der Wundermann die Wahrheit zu euch geredet hat, - und so denn wisst ihr besser, wer uns geheilt hat, als wir es wissen können. Lasst uns aber nun auch unsere Bekleidung zukommen, auf daß wir hinausgehen können und unseren Dank dem wunderbaren Heilande darbringen!«

09] Es geschah das denn auch alsbald auf die Anordnung des Zöllners.

10] Hier machten der alte Pharisäer, ein Oberster und etliche andere Priester und Schriftgelehrte erstaunlich große Augen und wußten nicht aus und nicht ein, und einer fragte den anderen, für wen er Mich hielte.

11] Aber die gemeineren Bürger und auch die Geheilten sagten einstimmig: »Es ist doch sonderbar, daß Priester und Schriftgelehrte da noch also fragen können, wer der sei, der durch die Macht seines Willens die unheilbarsten Krankheiten in einem Augenblick heilen kann! Solches ist nur Gott allein möglich und einem überfrommen Menschen, der gleich den großen Propheten mit dem Geiste Gottes erfüllt ist!«

12] Aber die Priester und die Schriftgelehrten bedrohten das Volk und sagten, daß es sich nicht gezieme, daß die Laien die Priester Gottes zu belehren sich erdreisten.

13] Die Laien aber achteten nicht darauf, sondern gingen mit den Geheilten aus dem Krankenzimmer, traten vor Mich hin und sagten: »Heil dir, großer Meister, der du zu uns kamst im Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe und alles Lob Jehova dem Herrn, der dem Menschen solche Macht verliehen hat!«

14] Darauf eilten viele der Väter und Mütter in ihre Wohnungen und a brachten bald eine Menge Kinder, die mehr oder minder krank und schwach waren, und baten Mich, daß Ich sie alle segnen und dadurch gesund machen möchte. (a Lukas.18,15; Markus.10,13;  ⇒ jl.ev08.165,14-16; vgl. Matthäus.19,13;  ⇒ jl.ev05.257,08)

15] Es war aber die Anzahl der herbeigebrachten Kindlein eine ganz bedeutende, und als die Jünger vernahmen, daß Ich ein jegliches besonders anrühren möchte nach dem Wunsche der Eltern, da sagten sie: »Nun, nun, der Tag wird kaum mehr zwei kleine Stunden währen. So der Herr ein jedes dieser Kinder besonders anrühren und segnen soll, da wird der Tag auch zu Ende sein; und wir sollen noch an einen andern Ort hinziehen! Denn vom Hierbleiben ist keine Rede, weil Er schon ehedem auf dem Wege gesagt hat, daß Er im ersten Orte nicht übernachten werde. Was Er aber einmal ausspricht, von dem geht Er auch niemals um ein Haarbreit ab. Weisen wir den Zudrang der Kinder zurück mit dem guten Bemerken, daß es nicht nötig sei, daß da ein jedes der vielen Kinder besonders angerührt werde; es genüge, daß Er nur ein Wort über sie ausspreche, und sie würden alle genesen und vollauf gesegnet und gestärkt sein!«

16] a Auf diese Besprechung vertraten dann die Jünger den Zutritt zu Mir und bedrohten die, welche mit Ungestüm zu Mir dringen wollten. (a Lukas.18,15; Markus.10,13;  ⇒ jl.ev08.165,14-16; vgl. Matthäus.19,13;  ⇒ jl.ev05.257,08)

17a] a Ich aber rief dennoch all die vielen Kindlein zu Mir und sagte zu den Jüngern: »Ei, so lasst doch alle die Kindlein zu Mir kommen, und wehrt ihnen das nicht; denn eben solcher Kinder ist das Reich Gottes! (a Lukas.18,16; ⇒  vgl. Matthäus.19,14;  ⇒ jl.ev05.257,09)

17b] a Wahrlich sage Ich es euch: Wer das Reich Gottes nicht als ein Kind einnimmt, der kommt nicht hinein!« (a Lukas.18,17; Markus.10,15;  ⇒ jl.ev08.165,17b; vgl. Matthäus.18,03jl.ev05.244,02)

18] Hierauf a ließen die Jünger alle die Kindlein zu Mir kommen, und Ich rührte alle an, herzte und koste sie, und alle wurden frisch, kräftig und gesund, und Ich entließ sie unter einem nicht endenwollenden Danken der Eltern. (a Markus.10,16)

19] Da aber traten etliche Jünger zu Mir und sagten: »Herr! Du hast hier schon wieder eine neue Bedingung zur Überkommung des Reiches Gottes aufgestellt! Wie können wir nun schon zumeist ergraute Männer wieder zu Kindern werden, um ins Gottesreich zu gelangen? Und doch hast Du soeben fest ausgesprochen, daß ein Mensch, der das Gottesreich nicht als ein Kind einnimmt, nicht hineinkommen werde! Wenn also, was nützt uns da alle unsere Mühe, Entsagung und Selbstverleugnung?«

20] Sagte Ich: »Mit euch umzugehen, dazu gehört wahrlich viel Geduld! Wie lange werde Ich euch noch ertragen müssen, bis ihr reinen Verstandes werdet? So Ich sage, daß man nur als ein Kind das Reich Gottes einnehmen könne, da verstehe Ich ja nicht die leibliche, sondern nur die herzliche Kindschaft. Ein Kind hat keinen Hochmut, keinen Zorn, keinen Haß, keinen Unzuchtssinn, keine bleibenden Leidenschaften und auch keine Ungeduld; es weint wohl, so es ihm irgend zu hart geschieht, aber es läßt sich auch bald vertrösten und vergißt das gehabte Leid und umfaßt die Wohltäter mit aller Liebe. Und das soll auch ein jeder Mensch im Herzen und Gemüte sein, und dann ist auch das Reich Gottes schon sein eigen. So ihr nun das begreifet, da werdet ihr etwa doch wohl nicht mehr zu fragen nötig haben, wie ein Mensch als ein Kind das Reich Gottes einzunehmen habe? - Habt ihr das verstanden?«

21] Die Jünger bejahten das und dankten Mir für diese Aufklärung.

22] Darauf fragte Mich der Wirt, der bekanntlich auch Zöllner war: »Wunderbarer Heiland! Du hast nun diesem Orte eine überschwenglich große Wohltat erwiesen, die wir von dir nicht umsonst verlangen können. Sprich nun aus, wieviel wir dir schulden, und ich werde dich bezahlen!«

23] Sagte Ich: »Und Ich werde aber nichts annehmen; denn welcher Mensch hat etwas, das er nicht von Gott empfangen hätte? Wie aber kann man dann Gott damit bezahlen, was ohnehin Gottes ist?

24] Wenn du aber schon etwas tun willst, so tue es den Armen, und Gott wird das also annehmen, als hättest du das Ihm getan! Denn glaube es Mir, was Ich hier gewirkt habe, das habe nicht Ich gewirkt, sondern der Geist Dessen, den ihr euren Gott und Vater nennet, Ihn aber noch nie erkannt habt; Ich aber kenne Ihn und schaue allzeit Sein Antlitz. Darum frage nicht mehr, was du Mir schuldig seiest! Bringe aber etwas Brot und Wein!«

25] Darauf eilte der Wirt mit den Seinen ins Haus und brachte uns Brot und Wein in rechter Genüge, und Ich und die Jünger alle stärkten damit unsere Glieder.



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