Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 9


Kapitelinhalt 161. Kapitel: Das Bekenntnis des griechischen Arztes.

01] Als der Arzt also von Mir geredet hatte zu den andern Gefährten, die mit Ausnahme der beiden schon geheilten Griechen bei einer oder der andern Behauptung des mit einer ganz reinen Vernunft begabten Arztes denn doch mit den Achseln zuckten, darum Ich sicher wohl wußte, da heilte Ich durch Meinen Willen den Arzt so vollkommen von allen seinen alten Übeln, wie die beiden Griechen zuvor auf dem Berge, was er denn auch augenblicklich wahrnahm und also mit der heitersten Miene von der Welt zu reden begann: »Hört, Freunde, der Mann, den ich vor euch trotz eures manchmaligen Achselzuckens zu einem allein wahren Gott nach meiner Vernunft und vollen Überzeugung erhob, hat ohne Sich uns gezeigt zu haben an mir schon das gewünschte Wunder gewirkt! Denn ich fühle mich nun auf einmal so gesund und in allen meinen Leibesteilen so heiter und gestärkt wie nie je zuvor in meinem schon ziemlich langen Leben.

02] Das hat mir nun der Mann, der für mich als der völlig allein wahre Gott gilt, und gegen den alles andere ins finstere Reich der Fabeln gehört, getan und hat mir damit mehr als mit tausend neu geschaffenen Sonnen am Firmament bewiesen, daß meine Behauptung eine völlig wahrheitsvolle ist; denn ein Mensch, selbst mit aller Kunst der orakelsprüchigen Magier ausgestattet, hat der Wahrheit nach noch nie in der Ferne jemandes geheime Wünsche erkannt und noch weniger ohne irgendein Medium nach seinem bloßen Willen einem Leidenden so gänzlich geholfen, wie mir nun geholfen worden ist.

03] Wollt ihr nun auch noch mit den Achseln zucken, so ich als ein in gar vielen Dingen wohlerfahrener Arzt den großen Mann, ob Er auch dem uns sichtbaren Leibe nach aus Galiläa stammt, als den einen, allein wahren Gott, der uns in allem helfen kann, will und wird, so wir Ihm die Ehre geben, anerkenne und mit vollster Überzeugung für das erkläre, was Er unbestreitbar ist?

04] Die kindischen Metamorphosen (Verwandlungen) unserer erdichteten und in Stein, Holz und Erz geformten Götter und Halbgötter könnt ihr wohl glauben, obschon sie noch nie jemandes Bitte erhört und ihm irgend geholfen haben -, aber bei dem Wundermanne macht ihr eine bedenkliche Miene! Warum denn, frage ich?«

05] Sagte einer von den Gefährten: »Lieber und uns allen sehr achtbarer Freund, wir kennen dich, daß du ein äußerst biederer Mann bist und für alles Gute, Wahre und Außerordentliche stets den wärmsten Sinn an den Tag gelegt hast, aber wir wissen von dir auch, daß du die Extreme entweder nach unten oder nach oben gern berührst und von der sogenannten goldenen Mittelstraße nur selten Gebrauch machst; bei uns aber heißt es immer: Festina lente! (Eile mit Weile!)«

06] Wir sind deiner Behauptung gar nicht abgeneigt und sind nun auch der Meinung, daß du in dieser deiner Ansicht dich nicht geirrt haben wirst; aber es ist uns alles das gleich einem Blitze zu schnell gekommen, und wir konnten das mit unserem auch sehr verdorbenen Magen und geschwächten Gedächtnisse auch nicht so schnell verdauen wie du nun mit deiner vollen Gesundheit. Zudem werden wir hier von mehreren Griechen und Römern und von noch viel mehr Juden behorcht; und so wir aber das Erlebte, über das wir uns unterdessen auch im stillen sehr freuen können, gleich einen zu lauten Jubel schlagen, so können wir der in sich völlig guten und wahrhaft göttlich wunderbaren Sache leicht mehr schaden als nützen.

07] Darum haben wir denn auch über deine vor uns aufgestellte Behauptung eigentlich mit unsern Achseln nicht so sehr bedenklich gezuckt, als vielmehr über deine volleifrige, dann und wann ein wenig zu laut gewordene Stimme, die uns bald zu viele Zuhörer in die Nähe gelockt hätte. Lassen wir zuvor den großen Gottmann erst Selbst zu uns kommen und reden, dann werden schon auch wir lauter reden! Haben wir da nicht auch recht, so wir die stillere Klugheit einem gleich anfänglich etwas zu lauten Lärm vorziehen?«

08] Sagte der Arzt mit einer etwas gemäßigteren Stimme: »Freunde, wer einmal, wie ich nun, den einen wahren Gott gefunden und erkannt hat, der soll seine stille Klugheit fein beiseitesetzen und aller Welt offen zeigen den unermeßbar großen Schatz, den er gefunden hat, auf daß auch die Blinden nach dem Lichte des Lebens lüstern werden mögen!

09] Weil ich nun von der großen Wahrheit meiner Behauptung mehr als bis in die innerste Faser meines Leibes und Lebens überzeugt bin, so fürchte ich auch keine Welt, keinen Griechen, keinen Römer und noch weniger einen falsch frömmelnden Juden mehr! Hätten sie mir allesamt, die sich hier in dieser neuen Heilanstalt ihrer Krankheiten wegen uns gleich befinden, auf eine so wunderbare Art helfen können, wie mir mein laut und offen bekannter Gott und Herr geholfen hat?

10] Hat sich aber nun die Allmacht Seines Willens so offen an mir bestätigt, wieso sollte ich, Seiner Hilfe gewärtig, vor den ohnmächtigen Menschen schweigen? Sollte ich etwa Furcht haben, von einem oder dem andern Menschen wegen meines auf der lebendigsten Erfahrung beruhenden neuen Bekenntnisses zur Rede gestellt zu werden? Wahrlich, darob hätte ich auch vor dem Kaiser keine Furcht!

11] Ein Tyrann kann wohl meinen Leib töten, aber der Seele nichts mehr anhaben; Mein Gott aber kann die Toten wieder lebendig machen und hat auch unsere Seelen in Seiner Gewalt, ansonst Er unmöglich im Augenblick um unsere geheimsten Gedanken, Wünsche und Begierden wissen könnte.

12] Wer denn einmal den einen, allein wahren und allmächtigen Gott mit Händen zu greifen wahr und klar gefunden hat und die ohnmächtigen Menschen mehr fürchtet als Gott, der ist ein Tor! Wer da eine Furcht hat, der habe sie vor Gott und nie vor den Menschen um seinetwillen!

13] Welcher Mensch kann mich denn ergreifen und mir schaden, so mich Gottes allmächtige Hand hält, deckt und schützt?! Lasst alle Furien und alle jüdischen Teufel, so sie irgend sind, über mich kommen, und dazu alle reißenden Tiere, Nattern und Schlangen, werden sie es wohl mit der Allmacht Gottes aufnehmen können?«



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