Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 13. Kapitel: Der Hauptmann bittet um Aufklärung über das Wesen der Erde.

01] Als der Hauptmann solches von Mir vernommen hatte, da ward er sehr nachdenklich und desgleichen auch seine beiden Unterdiener, und es dauerte nun eine Weile, bis jemand am ganzen Tische auch nur ein Wort mit seinem Nachbar zu verkehren begann. Ich Selbst schwieg auch; doch aller Augen und Ohren waren auf Mich gerichtet.

02] Endlich unterbrach ein starker Windstoß das Schweigen, und der Hauptmann fragte hastig den Ebal, was das gewesen sei; denn es sei ihm vorgekommen, als hätte es gedonnert. Seine Gefährten wollten auch einen Donner vernommen haben.

03] Sagte Ebal: »Hier am Meere und besonders in dieser Bucht gehören in dieser Zeit derlei Erscheinungen zu den seltenen nicht; doch dieser plötzlich entstandene, einem Donner ähnliche Windstoß dürfte infolge der allerhöchsten Anwesenheit des Herrn über alle Dinge im Himmel und auf Erden etwas Höheres zu bedeuten haben! Was aber, das wird eben Er wohl am allerbesten wissen; ich kann dir darüber keinen weiteren Aufschluß geben.«

04] Als Ebal solches zu dem Hauptmanne geredet hatte, da wandte sich der Hauptmann gleich wieder, nun ganz voll echt römischen Soldatenmutes, an Mich und sagte: »Höchster Herr und Meister, ich habe Deiner Rede entnommen, daß in Dir wahrlichst der höchste Geist der einzig und allein wahren Gottheit wohnt! Ohne Deinen Willen kann weder im Himmel noch auf dieser Erde etwas geschehen, entstehen, wirken, bestehen und vergehen; und so da etwas geschieht, entsteht, wirkt und besteht, so wird Dir auch in Deinem ewigen Geiste von Ewigkeit der Grund und die Ursache wohl bekannt sein, nach der Du Deine weiseste Absicht realisiert haben willst. Dir wird denn sicher auch dieser Windstoß nichts Fremdes und Unbekanntes sein! Wie ist denn der entstanden, und zu welchem Zweck?«

05] Sagte Ich: »Ja, Mein Freund, da wird es noch eine geraume Zeit hergehen, bis du einsehen wirst, von wannen der Wind kommt, wie er entsteht und zu welchem Zweck; denn solange deine Vorstellungen von der Gestalt und von dem Wesen der Erde grundirrig sind, wirst du wohl niemals verstehen können, wie der Wind entsteht, von wannen er kommt, wohin er zieht und warum er entstanden ist.

06] Du mußt sonach zuvor den Grund und Boden, der dich trägt, genau kennen; dann erst kannst du auch fragen nach dem Grund der Erscheinungen auf dieser Erde.«

07] Sagte der Hauptmann: »Herr und Meister! Wer sollte und könnte mir denn nun außer Dir die wahre Gestalt der Erde enthüllen? Welche Begriffe wir von dieser unserer Erde haben, weißt Du ohnehin; aber ich habe auch mit vielen eurer Schriftgelehrten über das Wesen dieser unserer Erde gesprochen und bekam keine bessere Kunde, im Gegenteil eine noch um vieles unklarere und verworrenere.

08] Ich habe auch mit den alles wissenden und vermögenden Essäern über das Wesen der Erde, des Mondes, der Sonne und der Sterne gesprochen, bekam aber eine um kein Haar bessere Aufklärung über alles das, als die ich zuvor hatte.

09] Du kannst mir sicher die beste Aufklärung über diese Erde, über den Mond, über die Sonne und auch über die Sterne geben! Ich und meine beiden Gefährten bitten Dich darum! Denn das habe ich schon lange eingesehen, daß unsere Ansicht und unsere alten, uns eingeprägten Begriffe von der Erde, wie von den Gestirnen am Himmel nicht die richtigen sein können, weil sich die mit ihnen im Zusammenhang stehenden Erscheinungen durchaus nicht oder nur schlecht mit allerlei abergläubischen Einschiebungen erklären lassen, durch die aber dem die Wahrheit in allen Dingen suchenden und denkenden Menschen schlecht gedient ist. Wir bitten Dich, o Herr und Meister, nochmals darum!«

10] Sagte Ich darauf: »Siehe, die Sonne ist bereits im Untergehen, und es wird die Zeit zu kurz sein, um euch nach eurem Verlangen vollends befriedigen zu können!«

11] Sagte abermals der Hauptmann: »O Herr und Meister, wenn die Sache nur Dir nicht unangenehm ist, - wir wollen Dich mit der größten Aufmerksamkeit und Ruhe die ganze Nacht hindurch anhören!«

12] Sagte Ich: »Nun gut denn also! Seht hier den scheinbaren Jüngling! Dieser ist schon seit gar langem einer Meiner rechten Diener; er möge euch euren Wunsch erfüllen! Aus seiner Tat und Rede werdet ihr Meine Macht in ihm erkennen.«

13] Hierauf gab Ich dem Raphael einen Wink, und er erhob sich schnell, trat zu den dreien hin und sagte: »Für alle die andern, die hier beim Tische sitzen, braucht diese Sache wohl nicht mehr erklärt zu werden, da sie schon in alles vollends eingeweiht sind; doch für euch will ich das nach dem Willen des Herrn tun. Auf daß wir aber die Sache desto schneller beenden mögen, so begeben wir uns hinaus ins Freie!«

14] Hierauf erhoben sich unser Hauptmann und seine beiden Unterdiener vom Tische und gingen mit Raphael hinaus ins Freie mit der gespanntesten Neugierde.



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