Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Supplemente S. 315
01] Und ferner, da es heißt: Und was soll Ich sagen? Was möchtest du denn sagen, so dir alle deine Kinder fluchten und dich vedammten? (joh.12,27)
02] Siehe, in solchen Fällen hat auch die reinste Liebe einen Stachel wider den es hart zu lecken ist. Denn so lange und hart verschmähte Liebe schmerzet nicht nur in menschlicher, sondern auch in der göttlichen Brust! - - Solches erwäge und verstehe es wohl! (joh.12,27)
03] Darum denn auch nur ein Gefühl noch in der göttlichen Brust übrig bleibt, nämlich das Vatergefühl. Dieses solle der Liebe ihren Stachel benehmen. Und das Vatergefühl rührte die verschmähte Liebe und diese spricht dann in diesem Gefühle: Dein Wille! Darum kam Ich - Liebe - ja in diese Stunde, um ein Vater zu sein allen, die zu Mir rufen werden 'Abba'! Verstehst du nun den Text? Also sollst du ihn verstehen und den Vater preisen. Amen! - -« (a Johannes.12,27)
»Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen.« (joh.03,30; a jl.ev11.315,04-09+316,01-05+317,01-05)
05] »Dieser Text scheint für viele ein leicht faßlicher zu sein. Allein solches ist mitnichten der Fall. Dieser Text wird erst dann vollends begriffen, so er bei jemandem ins tätige Lebensverhältnis übergegangen ist. Dessen ungeachtet aber soll hier doch das wahre Verständnis dieses Textes folgen. (joh.03,30)06] Um diesen Text gründlich zu erfassen, muß man zuerst in die Wissenschaft seines inneren Gefühles dringen: wer der Johannes oder das Ich, und wer diesem nach das eigentliche Er ist, das da wachsen solle, wie das Ich abnehmen. (joh.03,30)
07] Johannes ist das Sinnbild des äußeren Menschen, welcher der Buße bedarf, die an und für sich nichts anderes ist als die lebendige Umkehr des Menschen von der Welt hin zu Gott. Also hat auch Johannes die Buße gepredigt, damit die Menschen ihr Weltliches ablegen und das Geistige anziehen sollten. Er selbst war das Sinnbild der strengsten Buße. (joh.03,30)
08] Was ist sonach bei den Menschen der Johannes? Der 'Johannes' bei den Menschen ist das eigentliche recht gestaltete Ich oder das Leben des Fleisches, wenn der Geist und die Seele noch nicht für sich, sondern für das Fleisch leben. - Es würde hier freilich wohl manchen bedünken können: solches Leben kann doch unmöglich ein rechtes, Mir wohlgefälliges sein! Alein es ist in der Natur und Ordnung aller Dinge nicht anders möglich. Um diese Wahrheit vollends zu erkennen, darf jeder nur seine Augen selbst zu der Pflanzenwelt hinwenden, und er wird auch da das Ich und das ER gar deutlicher sehen. (joh.03,30)
09] Betrachtet was immer für eine Blüte. Was wird wohl aus der Frucht werden, so die Blüte nicht abnimmt und verwelkt? Sehet hier das Ich und das Er. Wenn ferner die Blüte schon ganz abgefalen ist und der Leib der Frucht oder die eigentliche Schale, in welcher die Frucht verborgen liegt, zunimmt und wächst, da ist von der inwendigen Frucht, in welcher das Er eingeschlossen ist, immer noch wenig zu sehen. Wenn aber die Schale als dieser zweite Leib auch anfängt abzunehmen, so daß er verdorrt und somit tot wird, dann erst wächst und reift in dem Verhältnisse als das äußere Ich abnimmt das innere Er, welches ist die lebendige Frucht. (joh.03,30)