Leopold Engel (1858-1931): 'Das große Evangelium Johannes', angeblicher 'Band 11', Achtung! krit. Anmerkungen


Kapitelinhalt 030. Kapitel

01] Nachdem diese Szene etwa eine Stunde gedauert hatte und alle Anwesenden sich über alle nur möglichen Fragen den Geistern gegenüber geäußert hatten, die diese auch freundlichst beantworteten, rief Ich Johannes den Täufer und Elias, der den Anwesenden nur in der Person des Täufers bekannt war, zu Mir und sagte vor allen Anwesenden laut zu ihm: »Du warst Mein Vorläufer jetzt in der Zeit der Heimsuchung der Menschen, du wirst es auch wieder sein, wenn jene große Zeit anbricht, von der Ich gesprochen habe. Jedoch werden dich die Menschen alsdann nicht erkennen, trotzdem du es wissen wirst, wer du eigentlich bist; denn diese letzte Fleischprobe, die dir bevorsteht, soll der Grundstein werden zu dem Gebäude des anbrechenden Friedensreiches!

02] Zwar werden die Menschen sich wenig zu diesen deinen nächsten Lebenszeiten um dein Wort kümmern; aber es wird ihnen mit glühenden Lettern in die Seele geschrieben werden, auf daß sie es dennoch fühlen, wenn sie frei vom Leibe sein werden. Dieses dein Wort wird aber sein Mein Wort, und Ich werde Rechenschaft fordern von jedem, der es vernommen hat und mißachtete!

03] Ihr aber, Meine Lieben und Getreuen, die ihr um Mich versammelt seid und staunet ob der Dinge, die jetzt vor euren Augen offenliegen, werdet den Stamm bilden jener, die das neuerwählte Volk umfassen, und werdet selbst zur Gründung desselben beitragen in Meinem Namen als eine große Brüderschaft, die da Kraft schöpft zu großen Taten aus Meinem Geiste.

04] Und so entlasse Ich euch denn jetzt, damit der Anfang gemacht werde, wodurch der verlorene Sohn gezwungen werde heimzukehren, nachdem er den lockenden Ruf des Vaters nicht hören wollte. Amen.«

05] Nach diesen Worten verschwanden die himmlischen Bewohner, und wir befanden uns wieder allein wie vordem in dem großen Speisesaale Raels. Lange Zeit saßen die Meinigen noch wie betäubt von der Herrlichkeit des Geschauten; denn so tief hatten sie noch nie in die Geheimnisse der Himmel geschaut, und sie haben zu ihren Körperzeiten auch nie wieder solchen Einblick erhalten. Es geschah das aber darum, damit ihre Seelen nun gefestigt bleiben sollten auch ohne Wunder, die Ich ausschließlich in ihrem Kreise - nicht öffentlich - ausübte. Dieses letzte tiefe Erschauen sollte sich unauslöschlich einprägen und ihnen auch für das weitere Leben, sowie für das fernere körperlose Leben in Meinem Reiche, Richtschnur bleiben.

06] Wir begaben uns schweigend zum Nachtmahle und nahmen es schweigend zu uns. Rael wies allen die bequemsten Lagerstätten an, die zerstreut in seinem Hause hergerichtet wurden, und bat Mich zuletzt um eine geheime Unterredung, die Ich ihm gewähren möge.

07] Ich sagte ihm: »Nicht du, sondern Ich erregte diesen Wunsch in dir, damit du noch über einiges Aufschluß erhalten mögest, das nur allein für dich zu wissen nötig ist.«

08] Sodann folgte Ich ihm in sein einsames Zimmer, während sich die andern zur Ruhe niederlegten.

09] Als wir allein waren, sagte Rael zu Mir: »Herr und Meister, ich bin ein sündiger Mensch, der nicht wert ist, daß Du mit Deinem Fuße dieses Haus heiligst; aber ich weiß auch, daß Du über die Maßen barmherzig bist und mir daher alle die begangenen Torheiten meines bisherigen Lebens sicherlich vergeben wirst, so ich Dich recht von Herzen darum bitte. Und so bitte ich Dich denn, Herr und mein Gott, zunächst darum: Du mögest meine bisherige große Schwäche nicht ansehen und mir verzeihen, was ich je wissentlich und unwissentlich gesündigt habe!«

10] Sagte Ich: »Rael, alle deine Sünden sind dir schon lange vergeben; denn Ich bin kein Gott der Strafe, sondern der Liebe. Wie könnte Ich also irgend etwas strafen wollen, wenn es - so wie dir - einem Menschen ernst ist mit solcher Bitte, wie du sie geäußert?! Ich bin aber in die Welt gekommen, um die große Sündenlast, welche die Menschen in ihrer großen Blindheit auf sich laden, zu zerstören und ihnen die Wege frei zu machen zur größten Glückseligkeit.

11] Habe also keine Sorge mehr um deine Sünden, die sich meist nur aus früherer Zeit noch nachweisen lassen, und die als böse Werke dir bei deinem Ableben von der Erde nachfolgen wie die guten, - sie sind verzehrt von Meiner Liebe! - Jetzt aber rede, was dich noch bedrückt; denn du hast ein besonderes Anliegen, weswegen du insgeheim mit Mir sprechen wolltest!«

12] Sagte Rael: »Herr und Vater, ich danke Dir für Deine Worte aus tiefstem Herzen! Ich bin nun um so mehr von dem Wunsche erfüllt, der mich beseelte, seit ich Dich gesehen habe. Siehe, ich bin alt, mein Körper ist morsch und wenig tauglich mehr, Behausung dieser Seele zu sein! Die Hoffnung, den Erwählten Gottes noch sehen zu können, hat bisher nur diesen müden Staub aufrechterhalten, und jetzt, wo diese Hoffnung erfüllt ist, bitte ich Dich, Herr und Vater: Lasse Deinen Knecht in Frieden in die Grube fahren, damit er in Deinem Reiche - das ich nun mit leiblichen Augen gesehen - ein tüchtigeres Werkzeug werde, als er noch im Fleischesleben sein kann! Könnte ich unter Deinen Augen dahinscheiden, so werde ich den Tod gewißlich nicht schmecken und sicher und friedlich einkehren in das Reich, das Du uns verheißen hast.«

13] Sagte Ich: »Rael, dieser Wunsch ruht schon lange in deinem Herzen, und deshalb solltest du dich entäußern, damit deine Seele frei werde auch von diesem letzten Druck. Die übrigen, die jetzt schlafen, sind noch lange nicht reif zu vernehmen, was dir zu wissen not tut.

14] Siehe, was ist denn der Tod des Menschen?! Weiter nichts als das Abfallen der reifen Frucht vom Baume, welches Fallen auch geschieht wie von selbst, ohne besonderes Zutun der Frucht. Ist der Mensch in seinem innersten Wesen so weit geläutert, um als reife Frucht zu gelten, so wird die Ablösung der reifen Seele von dem Stamme, dem Körper, auch völlig zwanglos geschehen. Dieser Augenblick tritt aber bei dem Menschen, der nach Meinem Willen gelebt hat, derart ein, daß er auch ohne Meine Gegenwart völlig schmerzlos, ja sogar mit den freudigsten Empfindungen, hinübergleitet vom irdischen zum geistigen Leben.

15] Du aber hast dennoch, trotzdem du am Leben nicht gerade hängst, eine Art Besorgnis vor diesem Augenblick und denkst, gestärkt von Meiner Gegenwart, am leichtesten über diesen dir unangenehmen Wendepunkt hinwegzukommen. Ich sage dir aber nun, daß du auch diese verzeihliche menschliche Schwäche ablegen mußt, damit dein Glaube, der dich bis jetzt erhalten hat und dieses hohe Alter erreichen ließ, völlig gekräftigt werde; denn der Glaube an Mich soll ja gerade das beste und einzige Mittel sein, alle drohenden Schrecknisse des Todes zu besiegen.

16] Ist der Mensch völlig gläubig geworden, und habe Ich ihm ins Herz gelegt, es sei Zeit für ihn, die Fleischesbande zu lösen, da sein irdisches Tagewerk vollbracht, so werde Ich ihm sogar die Kraft geben, selbst die Fesseln zu sprengen, und er entschlummert sanft vor den Augen der Seinen in Frieden.

17] Das ist der Tod, wie er sein soll, wie er jedoch in den allerseltensten Fällen nur eintreten kann, weil die Menschen den Augenblick des Abrufens mehr fürchten als alles andere und nicht durch gerechte Abnutzung, sondern durch gewaltsame Zerstörung der Körpermaschinerie den Übergang herbeiführen. Das verkehrte Leben hat daher auch die vielen Krankheiten geschaffen, die mit dem eigentlichen Tode nichts zu tun haben sollen, da nicht diese den Übergang, sondern die seelische Vollreife ihn bedingen soll.

18] Du, Mein Rael, sieh es daher nicht an, als wolle Ich dir einen Wunsch versagen, wenn Ich dir sage: Lebe noch eine kurze Zeit, und sieh das nicht als Strafe an, sondern übe dich, auch noch diesen letzten Rest eines irdischen Anhangs zu tilgen, um mit Mir vereint dann einzugehen in Mein Reich!«

19] Sagte Rael: »Ja, Herr, wie stets hast Du auch hier völlig recht, und ich werde sicher mein törichtes Verlangen in mir verschließen, um Deiner ganzen Liebe würdig zu werden. Ich werde dieses törichte Bangen vernichten und glaube fast, daß es mir durch diese meine Aussprache mit Dir auch schon gelungen ist.

20] Doch wie soll ich denn das verstehen: mit Dir vereint würde ich eingehen in Dein Reich? Wie, o Herr, meinst Du denn das? Wirst Du auch diese Erde verlassen?«

21] Sagte Ich: »Ganz gewiß, sobald das Werk vollendet sein wird. Die Juden werden Gewalt erlangen über Meinen Leib und ihn töten. Und an diesem Tage werde Ich Selbst dich einführen in Meine Stadt, die in den Himmeln erbaut wird, anstelle jenes Jerusalem, das hier auf Erden zerstört werden wird und eine Stadt aller Städte sein könnte, wenn seine Bewohner nur wollten und nicht gar so ruchlos geworden wären. Ich werde sodann von dort aus die Welt regieren, und Meine Getreuen werden mit Mir zusammen wohnen in den geheiligten Mauern, die aufgeführt werden durch dieses Mein Erdenleben, und zu dem Meiner Hände Arbeit Stück für Stück die Bausteine lieferte. - Doch genug hiervon, - du sollst mit Mir ein Bürger dieser Stadt sein, und bald wird dein Geist hell erschauen, was Ich dir jetzt nur anzudeuten vermag!

22] Jetzt aber, Mein Rael, lasse auch dem Körper die nötige Ruhe zukommen; denn morgen ist auch noch ein Tag, an dem so manches besprochen werden kann!«

23] Rael gehorchte diesem Hinweis und begab sich zur Ruhe, während Ich zu den Meinen zurückkehrte und auf einer zubereiteten Lagerstatt die Nacht verbrachte.

Krit. Anmerkungen zur Person und den Werken von Leopold Engel



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