Jakob Lorber: 'Die geistige Sonne' (Band 1)


Kapitelinhalt 85. Kapitel: Die Lehre Jesu als der eigentliche Richter.

(Am 30. Mürz 1864 von 4 3/4 - 6 1/4 Uhr Abends.)

Originaltext 1. Auflage 1870 durch Project True-blue Jakob Lorber

Text nach 6. Auflage 1975 Lorber-Verlag

01] Was den Jakobus betrifft, so sagt er mit nichten, daß die Gemeinde sollte ihre allfälligen Sünden einem Aeltesten der Gemeinde beichten, sondern er will dadurch nur das sagen, daß da kein Bruder in der Gemeinde vor dem andern etwas insgeheim haben solle, und soll nicht wollen von der ganzen Gemeinde für besser gehalten werden, als er im Grunde wirklich ist. - Und das ist der Grund, warum der Jakobus anempfiehlt, aber durchaus nicht bestimmt gebietet, daß man sich gegenseitig die Sünden oder Fehler bekenne solle.

02] Wenn aber alles Dieses unwiderlegbar der Fall ist, was ist demnach die Ohrenbeichte in der katholischen Kirche? Ich sage dir: Sie ist nichts Anderes, als eine zinstragende Sünden-Bank, wo die Menschen ihre Lebensobligationen und Schuldscheine versetzen, und durch dieses Versetzen sie auch durch den kirchlichen Wucher doppelt zinserträglich machen, einmal ein Jeder für sich, der durch die Beichte sich zwar den Augen seiner Brüder und Nebenmenschen entzieht, auf daß sie ja nicht wissen sollen, wer er so ganz eigentlich seinem Inwendigen nach ist, - und ihn somit wenigstens nach der Beichte sogleich wieder für einen grundehrlichen Menschen ansehen sollen; während er doch nach der Beichte auf ein Haar derselbe Mensch bleibt, wie er vor der Beichte war. -

03] Also werden alle gebeichteten Sünden auf diese Art nur aufbewahrt, und jeglicher Eigenthümer bekommt sie hier in so weit gut verzinst zurück, da er auf diese Weise erstens sich selbst und dann alle seine Nebenmenschen betrog; - sich selbst, weil er sich nun nach einer jeden Beichte für einen vollkommen der göttlichen Gnade würdigen Menschen ansah, und zu dem Behufe auch allzeit ein gewissenerleichterndes Wohlgefallen an sich selbst hatte, - seine Nebenmenschen aber betrog er dadurch, daß diese nie wußten, wie sie so ganz eigentlich mit ihm daran sind, und ihn daher auch nothgedrungen für viel besser ansehen mußten, als er es von jeher war.

04] Das sind also die Zinsen, und sie heißen: Doppelter Betrug; und dieser Betrug wird noch zu einem Hauptbetruge, welcher darin besteht, daß der also Beichtende in den Wahn geräth, sich vor dem Herrn vollkommen gerechtfertigt zu haben.

05] Ich kann dich versichern, wenn Judas, der Verräther, eine christliche Gemeinde gestiftet hätte, sie wäre sicher besser ausgefallen, als diese, welche nicht aus dem Christenthume, sondern nur aus dem Heidenthume dadurch hervor gegangen ist, daß man das Heidenthum mit dem Christenthume nur ein wenig gesalzen hat. Denn wie bei einer Speise das Salz den kleinsten Theil ausmacht, so macht auch in diesem Heidenthume das Christenthum den allerkleinsten Theil aus. Das wäre zwar noch zu passiren, wenn es nur gut wäre; aber es ist das Salz selbst schal, wie soll es demnach das reine Heidenthum zu einem Christenthume würzen?

06] Das Heidenthum hatte viele Götter; darum mochte es auch mit der neuen Würze nicht bei dem Einen Gotte verbleiben, sondern machte vollkommen drei aus Ihm, und nach diesem dreigetheilten Gotte vergöttlichte es dann aber auch die Menschen, welche auf der Erde gelebt haben, um dadurch einen Ersatz für seine abgenützten Halbgötter und Hauslaren zu bekommen. - Das alte Heidenthum war den Priestern überaus einträglich; das reine Christenthum aber war solcher Gewinnsucht schnurgerade entgegen, nachdem es doch ausdrücklich heißt: „Umsonst habt ihr's empfangen, umsonst sollt ihr es auch wieder weiter geben."

07] Solches konnte das Heidenthum nicht brauchen, daher machte es lieber ein Sündenregister; und weil nach dem mosaischen Gesetze zu wenig gesündiget ward, so gab es noch eigenmächtige schwer zu haltende Gesetze hinzu, construirte dann zu dem Sündenregister und dem sehr zahlreichen Gesetzbuche die sündenvergebende Beichte, und leitete durch diese Beichte die Menschheit auf allerlei einträgliche Bußwerke hin, durch welche dann das alleinseligmachende Pontificat mit Hilfe noch anderer einträglicher gottesdienstlicher Ceremonien sich zu einem solchen Weltglanze empor gearbeitet hat, vor welchem alle Könige bebten!

08] Damit aber dieses alleinseligmachende Pontificat sich noch unabhängiger und also auch unumschränkter wirkend aufstellen konnte, so wußte es durch ein vortreffliches Mittel sich ein stehendes mächtiges Heer über eine Million stark zu bilden, welches allerorts die Burgen, Festungen, Städte und Länder der Kaiser, Könige und Fürsten unüberwindlich besetzte, und somit alle Reiche sich botmäßig und zinspflichtig machte. Das Heer sind alle die Priester und Mönche, und das Mittel ist der Cölibat. auf diese Weise war die heidnische Kirchenmacht unüberwindbar begründet; - da aber doch jeder Herrscher, so er wissen will, wie es mit seinen Unterthanen stehe, geheime Kundschafter haben muß, so waren solche geheime Kundschafter auch dem Pontificate überaus nothwendig. Wer sind aber diese Kundschafter? Siehe, das gesammte Priesterthum;

09] und wie heißt das Mittel, durch welches alle die geheimen Gesinnungen ausgekundschaflel wurden und noch werden? - Es ist kein anderes, als die Beichte; - und siehe, das ist auch der zweite Gewinn, und das für die Beichtiger, also für das gesammte finstere Priestervolk.

10] Und worin besteht dieser Gewinn? - Ich sage dir, er besteht in nichts Anderem, als daß für die Kirche alle die Beichtenden ganz als eigenthümlich zu Gute geschrieben werden, zugleich aber auch noch in dem damit nothwendig verbundenen eigennützigen Menschenbetruge, durch welchen sie in den Wahn gebracht werden, so oft vor Gott gerechtfertiget zu sein, als wie oft sie nur immer gebeichtet haben.

11] Und mit eben solchem Gewinne ausgerüstet stehet nun ihr dahier; und es läßt sich nun abermals eine neue Frage setzen, welche also lauten soll: Was werdet ihr nun zur Verringerung oder wohl gar zur gänzlichen Tilgung solch' eines allerbarsten Höllengewinnes vorbringen? Denn das muß ich euch sogleich hinzubemerken, daß durch ein pures unvermitteltes Erbarmen von Seite des Herrn ewig Niemand zum Leben eingehen kann; denn wer nicht hat, dem wird noch genommen werden, was er hat.

12] Sehet, das ist die wichtige Frage, welche ihr noch zu erörtern habt. Ich gebe euch dazu ebenfalls eine Frist; könnt ihr Etwas hervor bringen, das hier im Reiche der nackten Wahrheit und völlige Untrüglichkeit angenommen weiden kann, so ist es wohl und gut, könnt ihr aber Solches nicht, so habt ihr schon in euch, was euch richten wird. - Glaubet es mir, nicht der Herr und nicht ich werden euch richten, sondern das Wort, das der Herr geredet, wird euch in euch selbst richten, da ihr doch wie ihr nun aus dieser meiner Erklärung gar deutlich habt entnehmen können, demselben allzeit schnurgerade entgegen gehandelt habt; daher denn auch dasselbe in keinem Punkte für euch, sondern nur eben schnurgerade wider euch sein muß.

13] Der Prior spricht: Ja, also ist es. Nun ist das Urtheil für die Hölle schon so gut wie fertig; denn was sollte ich für meinen Vortheil nun Hervorbringen? Ich kann nichts Anderes sagen, als: Herr, sei uns armen blinden Thoren und allergröbsten Sündern gnädig und barmherzig! - Ich sehe nichts als nur die überschwengliche Fülle meiner Schuld vor mir; und dazu bedarf es wirklich keiner Frist, und es kommt am Ende auf nichts Anderes, als auf das nur hinaus, daß wir länger in der peinlichen Lage verbleiben müssen, zu erwarten das schreckliche Urtheil, welche Erwartung mir und sicher uns Allen schon jetzt peinlicher vorkommt, als da das Feuer der Hölle selbst sein muß. - Daher bitte ich dich auch, halte uns nicht länger mehr hin, sondern gieb uns dahin den Stoß, wohin wir gehören.

14] Ich spreche: Hier waltet nicht meine Willkür, sondern die göttliche Ordnung! Daher hast du dich auch derselben zu fügen, willst du nicht eigenmächtig für ewig zu Grunde gehen; - darum sage ich dir noch einmal, daß du reden sollest in dem dir gegebenen Punkte. Denn ich sehe in dir noch ein Vorwort für die Beichte, und so lange dieses nicht aus dir ist, kannst du diese Stelle nicht verlassen; daher beachte die Frist, und rede dann, Amen.

01] Was den Jakobus betrifft, so sagt er mitnichten, daß die Gemeinde ihre allfälligen Sünden einem Ältesten der Gemeinde »beichten« soll, sondern er will dadurch nur das sagen, daß kein Bruder in der Gemeinde vor dem andern etwas geheim haben soll und von der ganzen Gemeinde nicht wollen für besser gehalten werden, als er im Grunde wirklich ist. Und das ist der Grund, warum der Jakobus anempfiehlt, aber durchaus nicht bestimmt gebietet, daß man sich gegenseitig die Sünden oder Fehler bekennen soll.

02] Wenn aber alles dieses unwiderlegbar der Fall ist, was ist demnach die Ohrenbeichte in der katholischen Kirche? Ich sage dir, sie ist nichts anderes als eine zinstragende Sünden-Bank, wo die Menschen ihre Lebensobligationen und Schuldscheine versetzen. Durch dieses Versetzen machen sie sie durch den kirchlichen Wucher doppelt zinserträglich, einmal ein jeder für sich, zum andern, da er durch die Beichte sich zwar den Augen seiner Brüder und Nebenmenschen entzieht, auf daß sie ja nicht wissen sollen, wer er so ganz eigentlich seinem Inwendigen nach ist und ihn somit wenigstens nach der Beichte sogleich wieder für einen grundehrlichen Menschen ansehen sollen, während er doch nach der Beichte auf ein Haar derselbe Mensch bleibt, der er vor der Beichte war.

03] Also werden alle gebeichteten Sünden auf diese Art nur aufbewahrt, und jeglicher Eigentümer bekommt sie hier insoweit gut verzinst zurück, als er auf diese Weise erstens sich selbst und dann alle seine Nebenmenschen betrog! Sich selbst, weil er sich nun nach einer jeden Beichte für einen vollkommen der göttlichen Gnade würdigen Menschen ansah und zu dem Behufe auch allzeit ein gewissenerleichterndes Wohlgefallen an sich selbst hatte. Seine Nebenmenschen aber betrog er dadurch, daß diese nie wußten, wie sie so ganz eigentlich mit ihm daran sind und ihn daher auch notgedrungen für viel besser ansehen mußten, als er es von jeher war.

04] Das sind also die Zinsen, und sie heißen: doppelter Betrug! Und dieser Betrug wird noch zu einem Hauptbetruge, welcher darin besteht, daß der also Beichtende in den Wahn gerät, sich auch vor dem Herrn vollkommen gerechtfertigt zu haben.

05] Ich kann dich versichern, wenn Judas, der Verräter, eine christliche Gemeinde gestiftet hätte, sie wäre sicher besser ausgefallen als diese, welche nicht aus dem Christentume, sondern aus dem Heidentume dadurch hervorgegangen ist, daß man das Heidentum mit dem Christentume nur ein wenig gesalzen hat. Denn wie bei einer Speise das Salz den kleinsten Teil ausmacht, so macht auch in diesem Heidentume das Christentum den allerkleinsten Teil aus. Das wäre zwar noch erträglich, wenn es nur gut wäre. Aber ist das Salz selbst schal, wie soll es dann das reine Heidentum zu einem Christentume würzen?


06] Das Heidentum hatte viele Götter, darum mochte es auch mit der neuen Würze nicht bei dem einen Gott verbleiben, sondern machte drei aus Ihm. Und nach diesem dreigeteilten Gotte vergöttlichte es dann auch die Menschen, welche auf der Erde gelebt haben, um dadurch einen Ersatz für seine abgenützten »Halbgötter« und »Hauslaren« zu bekommen. Das alte Heidentum war den Priestern überaus einträglich, das reine Christentum aber war solcher Gewinnsucht gerade entgegen, nachdem es ausdrücklich heißt: »Umsonst habt ihr's empfangen, umsonst sollt ihr's auch wieder weitergeben.«


07] Solches konnte das Heidentum nicht brauchen, daher machte es lieber ein »Sündenregister«. Und weil nach dem Mosaischen Gesetze zu wenig gesündigt ward, so gab es noch eigenmächtige, schwer zu haltende Gesetze hinzu, konstruierte dann zu dem Sündenregister und dem sehr zahlreichen Gesetzbuche die sündenvergebende »Beichte« und leitete durch diese Beichte die Menschheit auf allerlei einträgliche Bußwerke hin. Durch diese hat sich dann das alleinseligmachende Pontifikat mit Hilfe noch anderer einträglicher gottesdienstlicher Zeremonien zu einem Weltglanze emporgearbeitet, vor welchem alle Könige bebten!

08] Damit aber dieses alleinseligmachende Pontifikat sich noch unabhängiger und also auch unumschränkter wirkend aufstellen konnte, wußte es durch ein vortreffliches Mittel sich ein mächtiges stehendes Heer, über eine Million stark, zu bilden, welches allerorts die Burgen, Festungen, Städte und Länder der Kaiser, Könige und Fürsten unüberwindlich besetzte und somit alle Reiche sich botmäßig und zinspflichtig machte. Das Heer sind die »Priester« und »Mönche«, und das Mittel ist der »Zölibat«. Auf diese Weise war die (neu) heidnische Kirchenmacht unüberwindbar begründet. Da aber jeder Herrscher, so er wissen will, wie es mit seinen Untertanen stehe, geheime Kundschafter haben muß, so waren solche geheime Kundschafter auch dem Pontifikate überaus notwendig. Wer sind aber diese Kundschafter? Siehe, das gesamte Priestertum.

09] Und wie heißt das Mittel, durch welches die geheimen Gesinnungen ausgekundschaftet wurden und noch werden? Es ist kein anderes als die »Beichte«. Und siehe, das auch ist der zweite Gewinn, und das für die Beichtiger, also für das gesamte finstere Priestervolk.


10] Und worin besteht dieser Gewinn? Ich sage dir, er besteht in nichts anderem, als daß für die Kirche alle die gebeichteten Sünden ganz als eigentümlich zugute geschrieben werden, zugleich aber auch noch in dem damit notwendig verbundenen eigennützigen Menschenbetruge, durch welchen sie in den Wahn gebracht werden, so oft vor Gott gerechtfertigt zu sein, als wie oft sie nur immer gebeichtet haben.

11] Und mit eben solchem »Gewinne« ausgerüstet stehet nun ihr dahier, und es läßt sich nun abermals eine neue Frage setzen, welche also lauten soll: Was werdet ihr nun zur Verringerung oder wohl gar zur gänzlichen Tilgung solch eines allerbarsten Höllengewinnes vorbringen? Denn das muß ich euch sogleich hinzubemerken, daß durch ein pures unvermitteltes Erbarmen von seiten des Herrn ewig niemand zum Leben eingehen kann; denn wer nicht hat, dem wird noch genommen werden, was er hat.

12] Sehet, das ist die wichtige Frage, welche ihr noch zu erörtern habt. Ich gebe euch dazu ebenfalls eine Frist. Könnt ihr etwas hervorbringen, das hier im Reiche der nackten Wahrheit und völligen Untrüglichkeit angenommen werden kann, so ist es wohl und gut, könnt ihr aber solches nicht, so habt ihr schon in euch, was euch richten wird. Glaubt es mir, nicht der Herr und nicht ich werden euch richten, sondern das Wort, das der Herr geredet hat, das wird euch in euch selbst richten, da ihr, wie ihr nun aus dieser meiner Erklärung gar deutlich habt entnehmen können, demselben allzeit gerade entgegen gehandelt habt, daher denn auch dasselbe in keinem Punkte für euch, sondern nur eben gerade wider euch sein muß.

13] Der Prior spricht: Ja, also ist es. Nun ist das Urteil für die Hölle schon so gut wie fertig; denn was sollte ich für meinen Vorteil nun hervorbringen? Ich kann nichts anderes sagen als: Herr, sei uns armen, blinden Toren und allergröbsten Sündern gnädig und barmherzig! Ich sehe nichts als nur die überschwengliche Fülle meiner Schuld vor mir, und dazu bedarf es wirklich keiner Frist. Es kommt am Ende auf nichts anderes als auf das nur hinaus, daß wir länger in der peinlichen Lage verbleiben müssen, zu erwarten das schreckliche Urteil, welche Erwartung mir und sicher uns allen schon jetzt peinlicher vorkommt, als da das Feuer der Hölle selbst sein muß. Daher bitte ich dich auch, halte uns nicht länger mehr hin, sondern gib uns dahin den Stoß, wohin wir gehören.

14] Spreche ich: Hier waltet nicht meine Willkür, sondern die göttliche Ordnung! Daher hast du dich auch derselben zu fügen, willst du nicht eigenmächtig für ewig zugrunde gehen. Darum sage ich dir noch einmal, daß du reden sollest in dem dir gegebenen Punkte. Denn ich sehe in dir noch eine Befürwortung für die Beichte, und solange diese nicht aus dir ist, kannst du diese Stelle nicht verlassen; daher beachte die Frist und rede dann! Amen. -

Home  |    Inhaltsverzeichnis  |   Werke Lorbers