Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 2


Kapitelinhalt 77. Kapitel: Anleitung zum Finden des lebendigen Wortes. Das Gleichnis von der Maid und ihrem Liebhaber.

01] Nach dieser Lehre Abedams aber wurde der Thuarim überfröhlichen Herzens und wußte sich vor lauter Liebe nicht zu helfen, so zwar, daß er darob die Hand Abedams nimmer auslassen wollte.

02] Der Abedam aber sagte zu ihm bei dieser liebeunzertrennbaren Gelegenheit: »Thuarim, du hast Mich wahrhaft mächtig ergriffen mit deinem Herzen wie mit deinen Händen und bist dadurch schon wieder zu einem neuen Propheten erhoben worden!

03] Denn wahrlich, wahrlich, sage Ich dir und euch allen hier, wer Mich fürder nicht dir gleich ergreifen wird, der wird den Ton Meiner Stimme wohl schwerlich je vernehmen im eigenen Herzen!

04] Wer aber den nicht wenigstens einmal in diesem Erdtraumleben wird vernommen haben, bei dem hat sich das Leben noch nicht eingefunden, und er schwankt noch sehr zwischen Leben und Tod.

05] Und also bedeutet diese deine gegenwärtige Liebe zu Mir die wahre werktätige, lebendige Liebe. Wer Mich demnach nicht mit dem Herzen und also auch mit den Händen durch gute, Mir wohlgefällige Liebeswerke an seinen Brüdern und Schwestern ergriffen hat, dessen Liebe gleicht noch einer unreifen Frucht, die noch gar leicht eher vom Baume des Lebens durch irgendeinen Stoßwind geworfen werden kann, bevor sie reif wird und zeitig in ihr der Keim des Lebens.

06] Wer aber dann hat die werktätige Liebe, der ist schon reif und wohl zeitig zum ewigen Leben; denn der hat wahrhaft den lebendigen Sinn Meiner Absicht in sich gefunden, welcher da ist Mein ewig lebendiges Wort. Dieses Wort aber ist ja der Keim des ewigen Lebens in ihm!

07] So aber da jemand sich hätte eine Maid erkoren, auf daß sie da möchte werden sein Weib, und liebte sie darob zwar heimlich im Herzen und möchte sie darum auch dann und wann anlächeln, aber ihr die Hand zu reichen, möchte er stets verzögern, - sagt Mir: Wird ihm die Maid wohl glauben, daß es ihm ernst sei mit seiner Liebe?

08] Oh, Ich sage euch allen, das wird sie gar fein bleibenlassen; denn sie wird bei sich sagen: ,Läge dir im Ernste etwas an mir, so würdest du deine Hände sicher nicht auf dem Rücken tragen, wenn du zu mir kommst, sondern mit offenen Armen würdest du zu mir eilen!

09] Ich aber kenne deine Lau- und verborgene Schalkheit, daß du mehreren meinesgleichen schmeichelst und willst aus uns dir eine ausklauben nach deinem Behagen und nach deiner Liebe Trägheit; daher bleibe mir ferne, denn mein Herz hat dich noch nie erkannt!'

10] Sehet, diese Maid hat ein ganz vollkommen gerechtes Urteil gegen den lauen Liebhaber gefällt! Ich sage euch aber, daß Ich dereinst, nachdem ihr wieder werdet von dieser Erde heimkehren durch den Tod des Leibes in das große Reich des Geistes, nicht um ein Haar anders über euch und eure Liebe zu Mir urteilen werde, als wie da geurteilt hat diese Maid über ihren lauen Liebhaber! Des seid völlig versichert!

11] Wahrlich aber, sage Ich euch, wenn aber dann kommen wird zu dieser Maid ein anderer Liebhaber - wenn sie schon seiner auch eher noch nie gedacht -, sie aber sehen wird, wie er mit offenen Armen zu ihr hineilt, sie grüßt und sie ergreift mit großer lebendiger Hast und sie drückt an seine Brust und küßt sie heiß auf ihre Stirne und sagt dann zu ihr liebebeklommenen Herzens:

12] ,Heißgeliebteste! Was verlangst du von mir, das ich tun soll, auf daß du sähest, wie überaus mächtig groß meine Liebe zu dir ist?!'

13] Was meint ihr; wird die Maid diesen Liebewerber auch also abspeisen wie den früheren Lauen?

14] O mitnichten, sage Ich euch; sie wird ihn behalten in aller Liebwärme ihres Herzens!

15] Sehet, geradeso werde auch Ich es wahrlich machen!

16] Wer Mich ergreifen wird mit Herz und Hand, den werde auch Ich ergreifen mit aller Kraft Meiner Liebe und werde ihn sicher ewig nimmerdar auslassen.

17] Wer es aber mit Mir machen wird gleich dem lauen Brautwerber, wahrlich, es wird ihm von Mir aus nicht um ein Haar besser ergehen, als es da ergangen ist dem lauen Brautwerber!

18] Und also bist du, Mein lieber Thuarim, ein neuer Prophet in der Liebe und zeugest dadurch von Mir aus, wie die wahre, lebendige Liebe muß beschaffen sein, so da jemand durch sie zu Mir gelangen will.

19] Wann aber jemand tun wird diesem deinen sichtbaren Zeichen zufolge im Geiste und aller Wahrheit aus ihm, der wird auch alsbald gelangen im Geiste und aller Wahrheit dahin, wo du dich jetzt, solches zeugend prophetisch, befindest.

20] Wer sich aber da befinden wird, der hat den Sinn Meiner Absicht lebendig in sich selbst gefunden.

21] Dieser Sinn aber ist das allereigentlichste ewige Leben aus Mir und in Mir!

22] Du aber bist für dich nun schon in dem Sinne, von dem du nun auch äußerlich zeugst, und also ist die große Bestimmung getroffen und vollbracht.

23] Es sind aber noch große Dinge verborgen; daher laßt uns auch den Rudomin vernehmen und wohl beachten, was denn er alles gesehen und vernommen hat in sich! Amen.«



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