Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 2


Kapitelinhalt 280. Kapitel: Adams neugierige Frage und Henochs Bescheid. Puristas Berufung zu Gott auf den Hügel. Der Ärger der Weiber. Ein Weiberevangelium der Eva. Henoch und Sehel. Die Verklärung Sehels.

01] Der Henoch aber, als er solches vom Herrn vernommen hatte, lobte und pries im Geiste seiner großen Liebe den allergetreuesten und allerliebevollsten Vater und folgte alsogleich dessen erhabenstem Winke.

02] Als er aber gar bald umkehrte und der Herr mit den drei reinen Wesen aber dennoch nicht die Stelle verlassen wollte, da fragte sogar der Adam den Henoch, wer denn etwa doch der Mensch sein müsse, der nicht einmal dem Henoch Folge leiste.

03] Der Henoch aber sagte darauf zum Adam und auch zu den anderen: »Der Mann weicht darum nicht von der Stelle, weil ich es Ihm durchaus nicht geschafft und ebenso auch nicht geraten habe; und ich habe solches darum nicht getan, weil ich es für ganz unnötig gefunden habe! Das ist der vorläufige Grund; der nachläufige wird euch schon noch frühzeitig genug von selbst gar hell in die Augen springen!«

04] Hier trat die Purista hin zum Henoch und fragte ihn: »Erhabener, alleiniger Hoherpriester des allmächtigen Gottes auf dieser Erde! Meinst du denn nicht, daß der Allerheiligste darum verziehe, weil wir die den Müttern ungebührlich vorkommende Szene also dulden und du selbst gar nichts dagegen zu haben scheinst?«

05] Der Henoch aber fragte die Purista, sagend nämlich: »Höre, du herrliche Purista, findest du denn etwas Ungebührliches an dieser Szene?

06] Siehe, ich habe den Mann auf den ersten Blick erkannt und habe in Ihm gefunden wahre, reinste Liebe und die erhabenste, göttliche, tiefste Weisheit, da Er in wenigen Worten mir gar wohl zu erkennen gab, daß ich mit all meiner hohenpriesterlichen Weisheit ein allerbarster Pfuscher gegen Ihn bin!

07] So aber das doch nach diesem meinem Zeugnisse der unwiderlegbarste Fall ist, da sehe ich nicht ein, warum wir das nicht dulden sollten, und warum das gerade der Grund wäre, daß darob der Herr verzöge.

08] Im Gegenteile wird Er darum nur bei weitem eher da sein, als du Ihn erwartet hättest!

09] Siehe nur den Lamech und den Hored an, deren Weiber sich doch bei dem Manne befinden und Ihn lieben bis zum Sterben! Siehe, die beiden hätten das erste Recht, ihren Weibern solche Benehmungsweise vorzuhalten und sie darum von der Stelle zu treiben; aber sie sind ruhig und opfern liebewillig alles dem Herrn auf und sagen bei sich: ,Der Herr weiß darum und hat Seinen heiligen Liebesgrund, warum Er solches geschehen läßt!

10] Wenn aber diejenigen, die der Schuh drückt, nicht wehklagen, - welchen Grund sollen wir Ledige dazu haben?

11] Höre mich aber noch weiter, du herrliche Purista! - Siehe, der Mann dort hat zu mir geredet und sprach: Henoch, sende Mir zur Heilung der Torheit dieser Weiber auch die Purista hierher! - Was wirst du nun tun?«

12] Hier errötete die Purista und sagte nach einer Weile mit großer Verlegenheit zum Henoch: »Aber Henoch! Was verlangst du von mir - und was jener Mann dort?! Weißt du denn nicht, welch ein Gebot mir der Herr gegeben hat?«

13] Und der Henoch erwiderte ihr: »Dafür (das) weiß ich so gut wie du; denn deine Hütte muß mir ja untertan sein, da mir der Herr ja doch alles geistliche Oberamt auf der Erde übergeben hat! Aber dennoch sage ich, der alleinige Hohepriester Gottes auf Erden, zu dir: Gehe hin zu jenem Manne zur Wohlfahrt aller der Weiber dieser Gegend; denn wirst du nicht hingehen, so wird der Herr nicht erscheinen! A1so folge meinem Rate!«

14] Die Purista ward bei dieser Rede Henochs ganz schamglühend und wußte nicht, was sie tun sollte. Nach einiger Zeit aber ermannte sie sich doch wieder und wandte sich wieder, also fragend, an den Henoch:

15] »Du hast doch ehedem gesagt, daß du den Mann alsogleich völlig erkannt hast; möchtest du mir denn daher nicht auch sagen, wer der Mann ist?«

16] Und der Henoch erwiderte ihr: »Herrliche Purista, nun bist du gereinigt, und so kann ich dir nun ganz im Stillen sagen, daß der Mann zu mir gesagt hat, ich soll dir sagen, daß du darum zu Ihm kommest, daß Er der Herr ist! - Aber schweige vorderhand, und gehe hin! Amen.«

17] Als die Purista solches vernommen hatte, tat sie auch gleich der Ghemela einen lauten Schrei voll der höchsten Entzückung und lief hin zum Herrn. Bei Ihm angelangt, warf sie sich alsbald zu Seinen heiligen Füßen, umfaßte dieselben und bedeckte sie mit Tränen der Freude und höchst reinster Liebe.

18] Der Herr aber erhob sie dann und nahm sie auch auf Seinen Arm.

19] Als aber solches die anderen Weiber sahen, da ward es aber auch ganz und gar völligst aus. Sie fingen förmlich an zu heulen und zu verwünschen diesen Platz und stürzten sich also zu der Eva hin und zeigten ihr solchen Greuel an und klagten gewaltigst über solche Ungebührlichkeit.

20] Die Eva aber sagte zu den jammernden Weibern: »So lasset doch die Männer zuerst klagen, die da unsere Herren sind, und greift ihnen nicht vor! Wenn sie klagen werden, dann könnet ihr weinen; aber es soll nie des Rechtens sein, so da ein Weib klagt!

21] Ich bin eure Mutter und bin euch allen noch ein lebendiges Ebenmaß; so ihr aber anders sein werdet, wie ich es bin, da wird die Welt durch euch zugrunde gerichtet werden!

22] Ich habe ein mal nur meinem Herrn vorgegriffen, und dieser Vorgriff hätte beinahe der ganzen Schöpfung das Dasein gekostet!

23] Hat Sich aber schon der Herr meiner Schwäche erbarmt, so geschah aber solches doch auf Kosten des Todes unseres Leibes!

24] Was werdet aber demnach ihr durch euer Geklage bewirken, da ihr dadurch der Ruhe der Herren vorgreifet?! Besinnet euch daher, und ertraget alles mit Geduld und großer Hingebung, so werdet ihr gerecht sein vor Gott! Denn die Gerechtigkeit des Weibes besteht allein in der Sanftmut seines Herzens; ein klagendes Weib aber ist ein Dorn im Auge Gottes.

25] Daher klaget nicht, da ihr sanftmütig und duldsam sein sollet! Denn die Klage des Weibes ist ein scharfes Messer und zerschneidet die Treue des männlichen Herzens; aber die Sanftmut ist ein starkes Band, welches die Herzen der Herren an uns fesselt, und die Herren werden es nicht zerreißen.

26] Verstehet solches; füget euch in die göttliche Ordnung, und schweiget! So ihr kein Gesetz habet, warum tuet ihr denn, als hättet ihr eines! Lasset daher die Herren walten und schlichten!«

27] Nach dieser Rede Evas verstummten endlich die Weiber, und der Henoch berief den Sehel zu sich und sagte zu ihm: »Bruder, der Herr bedarf deiner! Daher gehe hin zu Ihm, da du Ihn siehst auf jenem Rasenhügel; aber verrate Ihn nicht vor der rechten Zeit!

28] Der Herr aber wird dich nun verklären und dann ermächtigen zu Seinem großen Weltendienste!

29] Gedenke aber in deiner großen Klarheit meiner; denn auch mich wird der Herr dereinst verklären also, wie Er nun dich verklären und endlos bevollmächtigen wird.

30] Eile daher nun hin zu Ihm, zu deinem und meinem Gott! Amen.«

31] Voll der höchsten Freude und Liebe eilte der Sehel alsbald hin zum Herrn. Als er aber den Hügel erreichte, da stand der Herr auf, reichte ihm die rechte Hand und sprach:

32] »Sehel, sieh, Meine großen Äcker sind bestellt, der Same ist in die Furchen gelegt; nun braucht er der guten Pflege, damit er aufgehe und reife zur ewig lebendigen Frucht!

33] Daher berufe Ich dich nun zurück, und gebe dir eine große Macht, zu wirken im endlosen Weltenraume nach Meinem Willen.

34] Hier ist das Schwert Meiner Macht, und dort der Feind Meiner Liebe; ergreife es, gehe hin und kämpfe allezeit gegen den Drachen! Amen.«

35] Hier verschwand plötzlich der Sehel und ward fürder nicht mehr gesehen.

36] Als solches alle die Gäste und die Weiber sahen, überfiel sie eine so große Angst, und alle sagten: »Dieser Mann muß ein großer Machtbote des Herrn sein!« und fielen dann auf ihre Angesichter nieder und beteten Gott an.

Ende des zweiten Bandes



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