Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 3


Kapitelinhalt 2. Kapitel: Gott mit Purista, Ghemela, Pura und Naeme in der Hütte der Purista. Die Fragen und Vermutungen der außenstehenden Neugierigen. Henochs tiefgeistige aufklärende Rede an die Zweifler und Kritiker. (28.03.1843)

01] Als der Herr mit den vieren an den Henoch kam, sagte Er im Vorbeigehen zu ihm: »Henoch, bereite sie alle vor, und führe sie dann in die Hütte zu Mir; die Weiber jedoch sollen nur bis zur Türschwelle kommen und nicht in die Hütte treten, solange Ich in selber verweilen werde, - außer allein die Eva und diese hier, die Ich in die Hütte führe! Amen.«

02] Hier begab Sich der Herr mit Seinen vier geliebten Töchterchen in die Hütte und unterhielt sie bis zum Eintritt der ganzen Gesellschaft mit allerlei göttlichen Gnadenenthüllungen und zeigte ihnen Seine großen Wege, auf welchen Er einhergehe, um das Leben zu leiten zu Seinen Kindern und all den anderen Wesen; auch enthüllte Er ihnen anschaulichst die große Bestimmung der Menschen, aber auch die argen möglichen Eingriffe des Satans.

03] Also handelte der Herr in der Hütte; wie aber erging es dem Henoch draußen?

04] Zuerst kamen der Hored und der Lamech über ihn und fragten ihn: »Vater Henoch, möchtest du uns denn nicht kundgeben, wer denn doch der Mann ist, der da in die Hütte nun ganz allein wider die vom Herrn gegebene Regel mit den vier weiblichen Wesen, nämlich mit unseren Weibern und mit der Purista und der schönen Pura, sich ganz wohlgemut begab? Denn es muß etwas Außerordentliches hinter dem Manne stecken; und da er mit dir wie mit einem schon gar lange guten Bekannten spricht, so wirst du ihn doch sicher kennen?!

05] Wenn die Verklärung Sehels keine Täuschung unserer Augen war, so gehört er sicher einer höheren Welt an, und somit wäre es uns sehr wünschenswert, zu erfahren seine nähere Bewandtnis!

06] Wir haben wohl auch schon auf den Herrn Selbst geraten; aber damit stimmt die Ansage der Purista nicht überein, der der Herr geoffenbart hatte, daß Er, so wir alle in der Hütte versammelt sein würden und Ihn da erwarten würden in der tiefsten Ruhe unseres Gemütes, zu uns auf der Stelle gar wohl erkenntlich kommen und uns dann allen kundgeben werde, was alles sich nun in der Tiefe zugetragen hat.

07] Dieser Mann aber kam nicht nach der Offenbarung, sondern ganz frei, und während wir uns in der Hütte auf den Herrn vorbereiteten, machte er draußen mit den Weibern nur ein etwas ärgerliches Spektakel und hat sich zu seinem sichtbaren Vergnügen gerade nur die vier Schönsten ausgesucht!

08] Diese vier sind freilich wohl die reinsten weiblichen Sterne nun auf der Höhe, und wir können sonderbarerweise ihnen nicht gram werden trotz dem, daß sie in den Mann völlig wie verbissen verliebt sind, - aber aus dem geht doch noch nicht hervor, daß das darum der Herr ist!

09] Denn der Herr ist ja getreu in Seinen Verheißungen; also kann Er ja doch auch nicht anders erscheinen, als wie Er es uns allen durch die Purista hat ankündigen lassen! - Daher sage uns, lieber Vater Henoch, wer demnach dieser Mann und woher er ist!«

10] Also traten auch die anderen hin zum Henoch und fragten ihn desgleichen.

11] Der Adam aber war einer noch andern Meinung; darum sagte er auch mit einer sehr bedeutungsvollen Miene: »Henoch! Mir kommt der Mann etwas verdächtig vor; denn das Spektakel mit den sonst so züchtigen und allerehrsamsten Weibern kommt mir durchaus nicht richtig vor!

12] Die Zerstörung oder eigentlich die völlige Zunichtemachung des Sohnes Seths kann man auch nehmen, wie man will; denn es könnte ja sehr leicht der Herr, um uns so recht tüchtig zu prüfen, zugelassen haben, daß der Feind des Lichtes auf eine Zeitlang solches täte!

13] Du scheinst zwar den Mann zu kennen, - aber das reicht noch nicht hin, um mich zu beruhigen, da ich ihn noch nicht kenne; ich aber bin ein schon vielfach gebranntes Kind und habe daher bei ähnlichen Erscheinungen eine große Scheu vor dem Feuer!

14] Daher gib uns näheren Aufschluß über den Mann, und mache, daß wir in die Hütte kommen, sonst wird der Herr noch lange verziehen!

15] Dieser Mann aber kann doch in aller der schon ausgesprochenen Hinsicht ebensowenig der Herr sein, als es unsereiner sein könnte! Denn wäre Er es, da wäre die Purista doch so gut wie belogen! Das mußt du doch einsehen so gut, wie wir es einsehen!

16] Daß die vier sich so an den Mann halten, das beweist eben nicht viel! Denn die Weiber sind leichtfertig und alle zusammen blind; und so eine zehn Jahre gebetet hat, da darf im elften eine starke Versuchung über sie kommen, und sie wirft sich vollauf dem Verführer in die Arme! Denn auch das Weib ist frei und kann tun, was es will.

17] Also rede du, was du weißt; aber mache keine lange Rede, damit wir bald in die Hütte kommen, darinnen den Herrn erwarten und dadurch dem Manne die Gelegenheit abschneiden, mit den vier jungen Tauben zu machen nach seinem Wohlgefallen! Wir müssen in göttlichen Dingen überhaupt nicht so lau sein, sonst wird die Welt nicht mehr tausend Jahre und darüber bestehen, wie sie doch schon bestanden ist durch meinen allzeit regen Eifer für Gott!«

18] Hier erst kam der Henoch zu Worte und sprach: »Höret ihr alle, meine lieben Väter, Brüder und Kinder! Ihr habt eure Zunge wohl und die Gedanken eurer Seele in eine große Tätigkeit gesetzt, aber eure Herzen sind dabei ganz untätig geblieben!

19] Ihr scheinet alle meine Sabbatsrede aus dem Herrn ja rein vergessen zu haben, wenn ihr nicht versteht die Verheißung an die Purista!

20] Was ist die Hütte der Purista, in der wir des Herrn allzeit harren sollen? Höret, unser Herz ist die Hütte der Purista, und das Feuer in derselben ist unsere lebendige Liebe zu Gott!

21] Wer von euch aber hat sich bis jetzt noch in diese Hütte begeben, und wer hat in diese Hütte seine Brüder aufgenommen und der Letzte und der Geringste unter ihnen sein wollen?

22] Kein Weib außer der Eva und der Purista solle die Hütte betreten! Das will sagen: Wenn wir in der Liebe zu Gott stehen und ruhen in unserm Herzen, dann sollen wir nicht der Weiber gedenken und die Liebe zu Gott nicht trüben mit der Liebe der Weiber, - außer mit der Mutterliebe und der kindlichen Liebe, welche Liebe aber die Liebe zu Gott nicht trübt, sondern nur einen Maßstab gibt, wie wir Gott lieben sollen! Verstehet ihr solches?

23] Wir waren wohl in der Hütte der Purista mit unseren Leibern, aber unsere Herzen staken in den Weibern und fragten sich: ,Warum dürfen denn nicht alle Weiber in die Hütte?' Kein Wunder dann, daß uns die Weiber ein solches Spektakel machten und uns am Ende sogar aus der Hütte trieben. Versteht ihr solches?

24] Da aber der Herr endlos barmherziger und getreuer ist als wir, so kam Er Seiner Verheißung zufolge dennoch zu uns; aber Er kam, wie wir waren in unsern Herzen beschaffen. Weiber waren in unseren Herzen; daher kam Er auch zu den Weibern und nahm sie auf, da wir in unserer Hütte der Purista nicht gegenwärtig waren! Verstehet ihr solches?

25] Die vier reinen Liebhaberinnen des Herrn haben Ihn, uns überhoch beschämend, in der wahren, lebendigen Hütte der Purista erwartet; daher kam Er auch zuerst zu ihnen, und während wir noch unsere leeren Zungen wetzen, genießen sie schon allerseligst die lebendigsten Ausflüsse Seiner Gnade, Erbarmung und Liebe! - Verstehet ihr solches?

26] Noch wisset ihr nichts aus der Tiefe; den vieren aber läßt der Herr schon lange allerhellst schauen Seine wundervollsten Wege und Führungen! - Verstehet ihr solches?

27] Ihr fraget noch und sagt: ,Wer ist der Mann?; aber die vier Reinen liegen schon lange in Seinen Armen und freuen sich des heiligen, liebevollsten Vaters! - Verstehet ihr solches?

28] Ich sage euch aber nicht, als sei der Mann der Vater, sondern geht hin zu Ihm in euren Herzen, und ihr werdet erkennen, wer der Mann ist! - Versteht ihr solches?

29] Ja, nun müsset ihr es verstehen, so ihr nicht blinder seid als der Erde Zentrum! - Ich habe ausgeredet; tuet danach, und erkennet eure große Blindheit im Namen des Herrn! Amen.

30] Hier erst gingen allen die Augen weit auf, und sie erkannten nun alle, sich an die Brust schlagend, um welche Zeit es also war.



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