Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 3


Kapitelinhalt 45. Kapitel: Frage der hartverständigen Kritiker über die Kraft des Wortes. Worte des weisen Redners über das innere lebendige Herzenswort. (23.05.1843)

01] Es waren aber einige beim andern Tische, allda sich der Redner befand, die da etwas hartverständig waren. Diese wandten sich mit folgender etwas dummen Frage an den Redner und sagten:

02] »Guter, weiser Freund und Bruder, du hast viel Licht in dir und redest weise Worte! Das können wir dir durchaus nicht in Abrede stellen; denn auch wir sind ziemlich mit der Weisheit ausgerüstet und können daher gar wohl beurteilen, ob das, was da jemand spricht, weise ist oder dumm!

03] Aber auch bei dir können wir nicht sagen, als hättest du nicht weise geredet, sondern wir erkennen deine Weisheit als vollkommen an.

04] Aber ein Punkt kommt darinnen vor, der uns zur Sättigung des Geistes nicht recht munden will, wenigstens in der Art nicht, wie du ihn uns aufgetischt hast!

05] Siehe, du sagtest: Das Wort löst die feste Materie auf in ihre inneren Grundformen, in deren Beschauung sich die Seele sättige; und wenn dann die Formen erst bis in den innersten Grund aufgelöst werden, daß wir dadurch dann in ihnen den Sinn des Geistigen erschauen, so nähren wir dadurch den Geist.

06] Das wollen wir dir allerdings zugeben; aber daß der Mensch mit seinem ohnmächtigen Worte die feste Materie lösen kann, wie allenfalls das glühende Erz einen Wassertropfen, - Bruder, denke nur selbst ein wenig nach, und du wirst deinen Hieb ins Blaue sicher auf der Stelle merken!

07] Rede zu einem Steine tausend Jahre und darüber, - wenn du überhaupt so lange leben kannst -, und der Stein wird ein Stein bleiben also, wie er geschaffen ward - freilich wohl durch ein mächtigeres Wort, als da ist das unsrige!

08] Daher aber möchten wir, weil uns auch an deiner Ehre sehr viel liegt wenn wir auch nicht wissen, aus welchem Stadtteile du zu uns kamst -, wohl sehr gerne haben, daß du möglicherweise diese Scharte auswetzen sollest, wenigstens jetzt, da dort am andern Tische sogar die hohen Gäste auf unser Geplauder zu achten scheinen, und sogar die zwei Mächtigen aus der Höhe!«

09] Der Redner aber erhob sich und sprach zu den gutmeinenden Kritikern: »Richtet sich die wahre Weisheit nach der ewigen Wahrheit, oder nach der Schwäche der Welt? - Welche Antwort wollt ihr Mir denn auf diese Frage geben? Wer von euch die Weisheit besitzt, der rede!

10] Ihr schweiget und suchet eine Antwort; Ich aber behaupte, daß ihr diesmal keine finden sollet, die Mir genügete! Habe Ich denn von einer materiellen oder mechanischen Löse der Materie geredet?

11] Ihr seid ganz gutmütig verlegen um Meine Ehre vor den hohen Gästen des andern Tisches; was soll denn nun Ich tun, um eure Ehre zu retten, indem ihr durch diese eure Frage und durch diese eure kritische Beurteilung Meiner Rede an euch zu eurem Wohle eine mehr als echt altweiberhafte Dummheit ans hellste Tageslicht gebracht habet?

12] Hatte Ich denn nicht geredet von einem innern lebendigen Worte der Liebe aus dem Herzen, welches sich zuerst in klaren Gedanken oder seelischen Formen ausspricht und dann übergeht in die Sprache des Gesichtes und dann erst, wenn es not tut, ob der Schwäche der Menschen von bloß groben Sinnen in die Mundsprache, damit die groben Sinne solch schwacher Menschen aus der öfteren Sättigung des Geistes in ihnen möchten verfeinert werden und sie dann mit solchen verfeinerteren, also lebendigeren Sinnen möchten beschauen die Dinge in ihrer Wahrheit und dadurch stets mehr und mehr sättigen ihren Geist, damit er als das eigentliche Leben im Menschen erstehe und ein vollkommener Herr sei in seinem Hause, - während er also gestaltet, wie es sich in euch nun bekundet hat, ein barster, nichtssagender Knecht der Materie, des Gerichtes und somit auch des Todes ist?!

13] Wenn Ich also nur von einem solchen Worte geredet habe, sagt Mir dann, wie ist vor Gott und aller Welt da euer Verständnis bestellt, daß ihr solches nicht habt fassen können und wolltet lieber mit eurer groben Dummheit euch auszeichnen als etwa mit einer freundlich-demütig-bescheidenen Frage über irgendeinen Punkt Meiner Rede, der euch etwas dunkel vorkam?«

14] Hier sahen einander die früheren Kritiker ganz verdutzt an, und keiner war imstande, auch nur eine allergeringste Rechtfertigung hervorzubringen.

15] Der Lamech aber sagte zum Henoch: »O Bruder Henoch, wenn es noch mehr solche Weise in dieser meiner Stadt gibt, da werde ich mich an ihrer Seite ganz sonderbar ausnehmen; - denn dieser redet ja, als wäre er schnurgerade aus den Himmeln hierher gekommen!«

16] Der Henoch aber sagte zum Lamech: »Bruder, gedulde dich nur! Der Redner ist noch nicht fertig; wenn Er aber wird fertig werden, dann werde ich dir schon sagen, was du zu tun hast! Es wird aber schon noch besser kommen; des kannst du völlig versichert sein. Daher nur Geduld! Amen.«



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