Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


02] Wo aber nun irgendeine Gesellschaft sich befindet, da ist es natürlich, daß, je nachdem die Gesellschaft irgendeinen Zweck vorhat, unter ihr auch dieser Zweck entsprechende Verhältnisse obwalten müssen und daß diese Verhältnisse von jedem Mitgliede der Gesellschaft als Gesetze oder, wie ihr zu sagen pflegt, als Statuten (Satzungen) zu beachten sind.

03] Es fragt sich demnach, wer da wohl die Gesetze oder Statuten entwerfen oder vorschreiben solle. - Da soll nun aus der Gesellschaft der verständigste, einsichtsvollste und erfahrenste Mann gewählt werden; und dieser nun auf solche Art gewählte »Vorsteher« soll dann sich zur Seite, nach Umständen des Gesellschaftszweckes, drei bis sieben »Beistände« oder »Räte« wählen. Und wenn nun ein solcher »Vorstand« zuwegegekommen ist, dann sollen erst die »Gesetze« oder »Statuten« von diesem Vorstande entworfen werden, die dem Zwecke entsprechen, dessen nützliche Realisierung sich die Gesellschaft vorgesetzt hat.

04] Diese Satzungen sollen dann jedem beitretenwollenden Mitgliede genau und anschaulich vorgelesen und erklärt werden. Und da soll dann kein beitretendes Mitglied irgend etwas einzuwenden haben; sondern, wenn es die Satzungen zweckvoll findet, so möge es beitreten, im Gegenteile aber sich auch nach eigener Willkür fernehalten. Und es soll wegen Gewinnung eines oder des andern Mitgliedes nichts mehr an den Satzungen verändert werden, sondern, wie sie ursprünglich gegeben wurden, so sollen sie auch fortbestehen, solange der Verein einer solchen Gesellschaft dauert.

05] Denn wenn, wie es gewöhnlich der Fall ist, nach Umstand der Sache und der eintretenwollenden Mitglieder, solche einmal gültig entworfene Satzungen bald hier, bald da eine Abänderung erleiden, so geben solche Abänderungen nur einen sprechenden Beweis, daß eine solche Gesellschaft auf schwachen und unverläßlichen Füßen beruht, die schon ein leichter Windstoß zum Wanken bringt. Denn neue Gesetze machen die bestehenden unvollkommen. Und wo immer durch ein neues Gesetz ein früheres gewisserart unterstützt werden muß, ist das ein Zeichen, daß das frühere Gesetz krank, gebrechlich und nicht viel nütze ist - woher es dann kommt, daß durch dergleichen Erneuerungen eine gesellschaftliche Anstalt oder ein zwecktunlicher Verein immer mehr in den Mißkredit hinabsinkt, sich endlich gänzlich auflöst und mit ihm auch die bezweckte gute Sache zugrunde geht.



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