Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


04] Seht, dieses sehnsüchtige, gleichsam plastische Vorgefühl ist die erste Stufe des Zweiten Gesichts und hat seinen Grund in dem leisen ätherischen Überwehen dessen, was die Seele in ihrem gedrückten Zustande als wohltuend erwartet. Wenn nun jemand sich mehr und mehr vertiefen würde, so möchte er wenigstens zur Nachtzeit nicht selten die Bilder des Frühlings und des Sommers gleich matten Traumbildern vor sich vorüberziehen sehen.

05] Wenn aber irgendeine Seele noch mehr beengt wird durch leidende Verhältnisse, so geschieht mit ihr durch solchen Druck das gleiche, wie wenn die Luft in einem zu hohen Grade gedrückt wird: sie entzündet sich und tritt aus der leiblichen Sphäre hinaus. Es gibt nämlich in dem sichtbaren Raume ebensogut seelische Wirkungen und Bewegungen, wie es in dem weiten Lichtraume Wirkungen und Bewegungen des Lichtes gibt; nur mit dem Unterschiede, daß die Schwingungen des Lichtes sich auf dem natürlichen Wege nicht anders als gradlinig fortpflanzen können; wogegen die seelischen mehr ähnlich sind den Schwingungen des Schalles und sich nach allen erdenklichen Richtungen, wie auch in allen erdenklichen Krümmungen mit mehr denn elektrischer Schnelligkeit fortpflanzen können.

06] Jetzt denkt euch irgendein Faktum - welcher Art es auch immer sein mag, so hat es immerwährend drei Bedingungen zum Grunde: eine materielle, eine seelische und eine geistige. - Was die erste Bedingung betrifft, so kann das Faktum von den leiblichen Augen erst dann erschauet werden, wenn es gerade eben geschieht, und zwar in einer solchen Entfernung, die von der leiblichen Sehkraft erreicht werden kann. - Was die seelische Bedingung anlangt, so werdet ihr es ohne viel Nachdenken leicht einsehen, daß ein Faktum zuerst in der Seele vorangehen muß, bevor es in die Körperwelt übergeht. Ist aber nun die Seele ihrer Decke (d.h. Körpergebundenheit) enthoben, so kann sie ein solches Faktum vermöge der schnellen seelischen Fortpflanzung oft schon eine bedeutende Zeit früher ersehen, als es zur materiellen Objektivität gelangt; oder sie kann auch ein verübtes Faktum nachträglich erschauen, gleichwie ihr einen fernen Nachhall vernehmt.

07] Zum Überflusse will Ich auch noch drei kleine Beispiele von dem seelischen Schauen hinzufügen!



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