Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


120. Kapitel: Josephs Sorge wegen der vorschriftsmäßigen Feier des Osterfestes. Die beruhigende Erklärung der Engel. Josephs neue Sorge wegen der vielen anwesenden Heiden. Des Kindleins herrliche Antwort. (19.01.1844)

01] Nach der Beendigung der köstlichen Morgenmahlzeit, welche bei einer Stunde lang gedauert hatte, ward von Joseph der Lobgesang gesprochen, und alles erhob sich vom Tische.

02] Da aber der Tag ein Vorsabbat also ein Freitag war, auf den die Osterfeste der Juden fielen, so war es Joseph etwas bange, und er wußte hier mitten unter lauter Römern nicht, wie er diese Feste begehen solle.

03] Denn er wußte, daß ihn diese nun auch am Sabbate der Ostern so gut wie an einem andern Tage besuchen würden.

04] Darum war es ihm, wie gesagt bange, wie er diesen gar außerordentlich hohen Sabbat heiligen solle.

05] Da umringten ihn aber die Jünglinge und sprachen: »Höre uns an, du gerechter, aber vergeblich besorgter Mann!

06] Du weißt es, daß um diese Zeit auch die Engel Gottes sich in Jerusalem einfanden als Erzengel Cherubim und Seraphim.

07] Und das Allerheiligste war stets von ihnen bewohnt, wie du es weißt, und wie es weiß dein Weib.

08] Weil du aber weißt, daß wir nur dem Herrn nachgehen und nicht dem Tempel in Jerusalem, so sind wir auch nicht im Tempel.

09] Da (Als) der Herr im Tempel wohnte zu Jerusalem, da auch waren wir im Tempel.

10] Nun aber wohnt Er hier, und wir sind auch hier

zu feiern mit dir die Ostern, und ist keiner von uns im Tempel, der nun gar weidlich verlassen ist!

11] Wie sollst du aber besser die Ostern feiern, als so du gleich uns handelst?!

12] Siehe, wir aber werden morgen dasselbe tun, was wir heute getan haben und noch tun werden, und das wird recht sein!

13] Tue du desgleichen, und du wirst mit uns, in der vollsten Gegenwart des Herrn des Sabbats und aller Feste, den Sabbat und das Osterfest recht begehen!

14] Frage das allererhabenste Kindlein, und Es wird dir dasselbe sagen und treulichst kundgeben!«

15] Und Joseph sprach: »Es ist alles recht und gut und wahr, aber was ist da mit dem Gesetze Mosis? Hört dieses auf?«

16] Die Jünglinge aber sprachen: »Gerechter Mann, du irrst dich; sage hat Moses je das Osterfest nach Jerusalem beschieden?

17] Hat er nicht allein nur da das Fest bestimmt, wo der Herr mit der Bundeslade ist?!

18] Siehe, nun aber ist der Herr nicht mehr mit der Bundeslade, sondern Er ist mit dir und mit deinem Hause leibhaftig!

19] Sage nun, wo sollte also nach Moses rechtermaßen das Osterfest begangen werden?«

20] Und Joseph sprach: »Wenn also, da muß das Fest freilich wohl hier begangen werden! Aber was tun wir mit den vielen Heiden hier?«

21] Und die Jünglinge sprachen: »O gerechter Sohn aus David, kümmere dich darüber nicht, sondern tue was wir tun werden, und es wird schon alles recht sein!«

22] Hier verlangte das Kindlein den Joseph (bei welcher Gelegenheit die Jünglinge niederfielen) und sprach:

23] »Joseph, wie heute, so morgen und übermorgen; sorge dich aber nicht der Unbeschnittenen wegen, denn diese sind nun besser als die Beschnittenen!

24] Siehe, an der Beschneidung der Vorhaut liegt nichts, alles aber an der Beschneidung des Herzens!

25] Diese Römer aber haben ein edel beschnittenes Herz; darum halte Ich auch nun mit ihnen, und nicht mit den Juden, das Osterfest!«

26] Diese Worte brachten Joseph wieder ins Gleichgewicht; er ward voll Freude und übergab alle Sorge den Jünglingen für das Osterfest.



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