Jakob Lorber: 'Kindheit und Jugend Jesu'


270. Kapitel: Die Menschen geben unbewußt ein wahres Zeugnis. Josephs gute Antwort an dieselben. Joseph wird von seinem Freunde herzlich empfangen.(03.08.1844)

01] Als Joseph aber in die Stadt kam, da sah er die Menschen in großer Angst und Verwirrung durcheinanderrennen.

02] und alles schrie: »Gott, der Herr Abrahams, Isaak und Jakobs, hat uns schwer heimgesucht!

03] Zerreißet die Kleider, bestreuet mit Asche eure Häupter, und tut Buße, auf daß Sich der Herr wieder unsrer erbarmen möchte!«

04] Also drängten sich auch einige zu Joseph hin und fragten ihn hastig, ob er nicht auch seine Kleider zerreißen werde.

05] Joseph aber sprach: »O Brüder so ihr schon Buße tun wollt, da tut sie lieber in euren Herzen denn in euren Kleidern!

06] Denn der Herr sieht weder auf die Farbe des Kleides, noch ob es ganz oder zerrissen ist;

07] sondern allein auf das Herz sieht der Herr, wie es etwa beschaffen ist!

08] Denn im Herzen kann stecken Schlechtes, als: arge Gedanken, Begierde, ein schlechter Wille;

09] Unzucht, Hurerei, Ehebruch und dergleichen mehr.

10] Solches tut aus euren Herzen, so es darinnen ist, da werdet ihr besser tun, als so ihr eure Kleider zerreißet und mit Asche bestreuet euer Haupt!«

11] Als die verzagten Nazaräer solche Rede von Joseph vernahmen, da traten sie zurück, und viele von ihnen sprachen unter sich:

12] »Siehe da, wer ist der Mann, der da solche Rede führt in seinem Munde, als wäre er ein großer Prophet?«

13] Das Kindlein aber stupfte den Joseph und sagte lächelnd:

14] »Nun hast du recht geredet; das tat diesen Blinden not!

15] Aber jetzt soll der Erdboden wieder Ruhe haben, auf daß wir ungestört weiterwandeln können!«

16] Darauf zog die Familie zu einem Freunde Josephs, der da ein Arzt in Nazareth war.

17] Als dieser des alten Josephs ansichtig ward, da eilte er ihm mit allen den Seinen entgegen und fiel ihm um den Hals und schrie:

18] »O Joseph, Joseph, du mein liebster Freund und Bruder! Wie - ja - wie kommst denn du nun in dieser bedrängten Stunde daher?

19] Wo warst du denn drei lange Jahre durch (hindurch)?

20] Woher kommst du nun? Welch ein Engel Gottes hat dich denn nun dahergeführt?«

21] Joseph aber sprach: »Bruder führe uns erst ins Haus und gib uns Wasser zum Reinigen der Füße,

22] sodann sollst du alles erfahren, wo ich war und woher ich nun kam!« - Und der Arzt erfüllte sogleich Josephs Wunsch.



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