Jakob Lorber: 'Robert Blum - Seine Erfahrungen und Führung im Jenseits'
Text nach Erstauflage 1898 (Faksimile, Band 2), inhaltlich und stilistisch unverändert hier in neuer Rechtschreibung
294. Kapitel: Näheres über den ewigen Tod, seinen Grund und sein Wesen. Schicksal der Seelen in der dritten Hölle. Über Gerichtsandrohungen und Langmut Jesu. Herrlichster Ausblick in die gegenwärtige und zukünftige Schöpfung.
(Am 11. Dez. 1850)
01] Sagt Robert und auch alle Anderen schon knapp an der Wendeltreppe stehend: „O HErr, Du bester, liebevollster, weisester Vater! Es fehlt uns an Worten und an Begriffen, Dir für solch eine Aufklärung nach Recht und bester Gebühr zu danken. Man kann sich also im derartigen ewigen Tode sogar als lebend und glücklich in irgend einem Himmel befinden; nur ist dabei das eigentliche Ur-Ich nicht mehr vorhanden. O das ist ja dennoch Gnade über Gnade von Dir! Wir verstanden unter dem Ausdrucke: ewiger Tod festweg die Hölle, aus der ewig kein Ausweg mehr führt; und so es schon einen gibt nach dem Maße, wie da bei Dir am Ende doch alle Dinge möglich sind, so kann dieser unmöglich anders, als nur ein höchst beschwerlicher sein. Nun aber bekommt die Sache auf der Stelle ein ganz anderes Gesicht, und zwar gerade ein solches, wie man es von Dir schon lange hätte erwarten sollen. O Dank über Dank Dir, und Liebe für diese herrliche Belehrung!"
02] Sage Ich: „Es macht Mir eine ganz besondere Freude, dass ihr das Alles so wohl aufnehmt; aber die Gnade bei der Gabe des ewigen Todes an ein verunglücktes Wesen der Welt ist gar so groß nicht, als ihr es meint; denn es wäre für Manchen die Hölle auf 1.000.000 Erdjahre mit beibehaltener Primogenitur besser, als der eigentliche ewige Tod. Ist aber mit der Hölle dritten Grades auch die Primogenitur als für ewig im Verluste, dann ist sie freilich noch schlimmer, als der pure ewige Tod für sich allein.
03] So viel Ich aber merke, so begreift ihr nun wohl, was so ganz eigentlich der ewige Tod an und für sich ist und sein muss. Aber das eigentliche Übel dieses Zustandes seht ihr noch nicht ein, und so muss Ich euch hier beim Hinabsteigen über diese Wendeltreppe noch Einiges hinzufügen, und so hört:
04] Wer als das, was er uranfänglich war, wegen Verkehrtheit seiner Liebe in einem ersten oder zweiten Grade der Hölle sich befindet, der kann nach vielen allerbittersten Erfahrungen wieder das werden, was er uranfänglich war. Sein Bewusstsein wird ihm belassen und seine Erinnerung bleibt ihm, und er kann zur Vollendung gelangen.
05] Aber so der Mensch durch die Mir allerunerträglichste Lauheit weder kalt noch warm ist, sich um nichts kümmert, weder um was Gutes, noch um etwas Böses, oder es ist ihm das Eine wie das Andere, so dass er auf der einen Seite ganz kaltblütig die größten Greuel, und so auch manchmal etwas Gutes ausüben kann; dem da gleich ist Gott oder Teufel, Tag oder Nacht, Leben oder Tod, Wahrheit oder Lüge, der ist dem eigentlichen ewigen Tode verfallen, und befindet sich so ganz eigentlich in der alleruntersten Hölle, aus der in einer Urwesenheit kein Auskommen mehr denkbar ist.
06] Der Grund solch eines Zustandes ist eigentlich der allerkonzentrierteste Hochmut, der alle Grade der Selbstsucht und Eigenliebe durchgemacht hat, und sich in solcher Konzentriertheit gewisserart selbst erdrückt, und sogestaltig sich um das Urleben des Geistes gebracht hat; und eben darin besteht der eigentliche ewige Tod, welcher das Schlimmste alles Schlimmen ist, weil da das eigentliche Sein ein völliges Ende nimmt.
07] Solch eine Seele ist dann gänzlich verdorben; ihre erste Totalität muss durch des Feuers Gewalt in ihre einzelnen Spezifikalpotenzen aufgelöst, und darauf mit ganz neuen gemengt auf langen Wegen durch die Pflanzen- und Tierwelt eines andern Planeten in einem ganz fremden Sonnengebiete in eine höchst untergeordnete Form eines Menschen übertragen werden. Auf diese Weise bleibt dann von der Urwesenheit solch einer Seele ganz verzweifelt wenig mehr übrig, und das ist das eigentliche Schlimmste, denn solch eine Seele kann dann auch unmöglich mehr je zu Meiner Anschauung gelangen, weil sie dann bloß nur Seele ohne Meinen Geist in ihr ist und bleibt.
08] Kurz, die Sache ist ungefähr so zu nehmen, wie da auch ein unreifer, fauler Apfel in einen Schimmel und Schwamm übergehen kann, aber aus dem Schimmel und Schwamme kann kein Apfel mehr werden, höchstens im besten Falle eine Schmarotzerpflanze, und diese hat wohl wenig Ähnlichkeit mehr mit dem Urbaume und mit der Urfrucht. Sagt Mir, ob ihr das wohl vollkommen verstanden habt?"
09] Sagen Alle wie ein Mann: „HErr und Vater! Jetzt ist uns Alles ganz vollkommen klar. Es ist zwar über den Zustand solch einer selbstischen Verlorenheit für ewig nicht viel Erfreuliches zu erwähnen, aber dessen ungeachtet sieht denn doch immer Deine große Liebe- und Erbarmung heraus, und bei Dir sind ja alle Dinge möglich; es kann nach freilich undenkbar langen Zeiträumen denn doch auch für diese Wesen ein Stündchen kommen, in dem sie sich und Dich mehr und mehr urzuständlich werden zu erkennen und zu lieben anfangen, und von da fortschreiten in der Erkenntnis, wie in der Liebe.
10] Wie oft hast Du durch den Mund Deiner Propheten und Knechte den Kindern der Welt alle erdenklichen Gerichte und schlimmsten Folgen ihrer bösen Handlungen prophezeien lassen; so sich aber dann nur einige wenige Besseren an Dich in ihrem Herzen wandten, da zogst Du sogleich wieder Deine scharfe Zuchtrute zurück, und segnetest darauf den Erdkreis für die Guten und Bösen gleich, und schlugest dann für die Besserung der Bösen einen ganz anderen Weg ein, als den Du durch Deine Propheten und Knechte der Welt anzeigen ließest. Jonas und Jeremias geben Dir dafür das untrüglichste Zeugnis. In allen guten Verheißungen hast Du noch allezeit das Wort gehalten; aber in den Verheißungen oder vielmehr Androhungen von Strafen nur dann, so die Menschen Dich gänzlich aus den Augen gelassen haben, wie es z. B. noch heut zu Tage auf der Erde mit den Juden der Fall ist; denn diese können sich trotz ihrer großen Reichtümer kein Königreich mehr verschaffen, und kein freies unabhängiges Volk werden. Niemand führt sie mehr aus Ägypten, und Niemand macht sie mehr frei von der babylonischen Gefangenschaft."
11] Sage Ich: „Ja, ja, ihr habt vollkommen recht; so ist es auch; dass Ich angedrohte Strafen und Gerichte oft nicht erfolgen lasse, davon liegt hauptsächlich der Grund darin, weil Ich es wohl weiß, dass wirklich erfolgte Strafen die Menschheit selten bessern, sondern meistens nur verschlimmern, und so lasse Ich denn, so sich nur einige wenige Gerechtere gläubig an Mich wenden, die Drohungen recht gerne in Segnungen umwandeln. Deshalb aber lasse Ich die Strafen und Gerichte auch allezeit nur bedingungsweise ankündigen und androhen. Finden sie Ohren und Herzen, die sie hören und die Bedingungen nur einigermaßen erfüllen, so tut es sich dann schon wieder, und Ich segne für wenige Gute auch viele Schlechte mit, damit sie nicht Gelegenheit bekommen sollen, noch schlechter zu werden, wie das gewöhnlich bei Kriegen der Fall ist; denn Kriege sind stets die beste Nahrung für den unersättlichen Wuchergeist gefühlloser Kaufleute, und die beste Schule der Grausamkeit und des teuflischsten Hochmutes.
12] Es ist leider oft der Fall, dass die sanfte Mahnstimme Meiner Engel an den starren Ohren der Weltmenschen ungehört vorübergleitet, und Ich dann genötigt bin, die Stimme der Teufel unter die tauben Menschen fahren zu lassen. Findet aber die sanfte Mahnstimme aus den Himmeln nur irgend ein kleines Gehör, so lasse ich gern die Stimme der Teufel verstummen; denn ein Vater bleibt ja doch stets der sanfteste Richter seiner leider oft nur zu strafwürdigen Kinder, und schlägt nicht sogleich drein, wenn er auch schon die Zuchtrute drohend erhebt. Die Richter auf der Erde richten freilich wohl unerbittlich und ihr einmaliger Ausspruch muss vollführt werden, aber nicht so darf es bei uns sein. Es ist besser, zehn, auch zwanzig Jahre drohen und durch die Finger sehen, als ein Jahre lang strafen; denn die Pflanzen auf unserer Erde sind von der zartesten Art, und müssen mit großer Schonung behandelt und gepflegt werden; denn die Geburtsstätte der Kinder Meines Herzens ist eine andere als die Meines Afters. Ihr müsst das stets vor Augen haben, dass die kleine Erde die Geburtsstätte der Kinder Meines Herzens ist.
13] Aber nun sind wir auch vollends am Boden des ebenerdigen Gemaches, und wollen da sogleich die nötigsten Beobachtungen machen. Beseht die 4 großen Wände; an jeder Wand erseht ihr drei Türen; durch diese Türen könnt ihr zu all' den Welten und Himmeln und deren Vereinen gelangen, die unter uns und ober uns in der ganzen Unendlichkeit sich befinden; nur zu diesem höchsten und innersten Himmel nicht, in dem ihr nun seid. Kommt nun gen Norden; da wollen wir in aller Kürze den Anfang machen."
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