Jakob Lorber: ''Das große Evangelium Johannes', Band 2, Kapitel 33


Fernheilung der 17 kranken Angehörigen eines alten Juden auf seine Bitte und seinen Glauben hin. Ansicht der Geheilten, woher Jesus seine Heilgabe habe.

01] Aber da kommt auf einmal ein alter Jude aus der Gegend von Nazareth ins Zimmer und fragt gar ängstlich nach Mir. Die Jünger zeigen Mich ihm, und er tritt zu Mir hin, fällt auf seine Knie nieder und spricht mit einer weinerlichen Stimme:

02] »Lieber Meister, Sohn meines alten Freundes Joseph! Ich habe von deiner wunderbaren Art, die Kranken zu heilen, vernommen und begab mich daher in meiner größten Not zu dir, da ich gehört habe, daß du dich nun wieder in Nazareth aufhieltest.

03] Siehe, ich zähle bereits neunzig Jahre und bin schon sehr mühselig; ich habe aber Kinder und Kindeskinder, die mich allzeit mit aller Liebe und Aufmerksamkeit gepflegt haben. Nun aber kam eine unbekannte, böse Krankheit unter sie, so daß sie nun alle daniederliegen, und ich als ein kraftloser, alter Greis bin der einzige Verschonte im Hause und weiß mir nicht zu helfen. Kein Nachbar getraut sich zu mir ins Haus aus Furcht, von der bösen Krankheit selbst ergriffen zu werden, und so stehe ich hilflos allein und weiß mir nicht mehr zu raten und zu helfen! Ich habe zu Gott dem Herrn gebetet, daß Er mir helfe - auch durch den Tod, so es Sein Wille sei!

04] Als ich aber also betete, siehe, da kam ein Mensch ans Fenster meines Gemaches und sagte: 'Was zweifelst du denn, da die Hilfe dir so nahe ist?! Gehe hin ins Haus Josephs! Der Heiland Jesus ist daselbst; Der allein kann und wird dir helfen!' - Darauf raffte ich alle meine Kräfte zusammen, über gab alle meine Kranken, denen ich ohnehin nicht helfen kann, Gott dem Herrn und machte mich auf den eben nicht weiten Weg hierher zu dir. Und da ich denn so glücklich war, dich, du guter, lieber Heiland, anzutreffen, so bitte ich dich denn nun auch aus allen meinen Lebenskräften, daß du hingingest und Hilfe gäbest meinen siebzehn Kranken, die gar entsetzlich von der unbekannten Krankheit geplagt werden!«

05] Sage Ich: »Ich habe es Mir für diese Gegend zwar vorgenommen, wegen des zu großen Glaubensmangels kein Zeichen mehr zu wirken; aber wenn du glauben kannst, daß Ich dir zu helfen vermag, so ziehe getrost heim, und dir geschehe, wie du geglaubt hast!«

06] Auf diese Worte dankte der Greis voll tiefster Rührung und begab sich nach Hause. Und als er, selbst ganz gestärkt, sich dem Hause nahte, da kamen ihm alle siebzehn so gesund, als wären sie nie krank gewesen, entgegen, begrüßten ihn wie stets aufs freundlichste und gaben ihm die vollste Versicherung, daß sie vor einer halben Stunde urplötzlich gesund geworden wären, versucht hätten aufzustehen und sich beim Aufstehen viel stärker fühlten denn je früher im gesunden Zustande. Sie hätten ihn schon überall gesucht und sich schon sehr gesorgt um ihn.

07] Als der Alte solches vernahm, da merkte er, daß die böse Krankheit die Seinen um dieselbe Zeit verließ, als Ich in Meinem Hause zu ihm gesagt hatte: 'Dir geschehe, wie du geglaubt hast!'

08] Im Hause erst, als ihn die Seinen baten, daß er ihnen kundgeben möchte, wo er war, sagte er: »Ich hatte vernommen, daß der nun weltberühmte Heiland Jesus sich wieder in Nazareth aufhalte, und ich machte mich auf und ging hin, - und seht, er erhörte mich und sagte bloß: 'Dir geschehe, wie du geglaubt hast!' Und ihr seid auf dieses sein Wort im Augenblick gesund geworden! Saget nun selbst, ob so etwas je in ganz Israel ist erlebt worden!«

09] Sagen die Gesundgewordenen: »Höre du, Vater, wenn so, da muß er mehr sein denn ein Wunderheiland allein! Vater, dies ist am Ende gar einmal wieder ein großer Prophet, größer denn Jesaja, Jeremia, Hesekiel und Daniel, ja vielleicht so groß wie Moses, Aaron und Elias! Nur denen war es möglich, mit der Hilfe Jehovas solche Wunder zu tun, da ihnen alle Geister sowohl unter der Erde als auf der Erde, im Wasser und in der Luft völlig untertänig sein mußten! Wenn sie aber einem so übergroßen Propheten untertänig sind, dann muß er freilich wohl alles im Augenblick zu bewirken imstande sein, was er nur will!

10] Aber wie kam der Zimmermannssohn zu solch einer unermeßlichen Gnade von Gott? Wir kennen ihn ja alle recht wohl; es werden kaum drei Jahre her sein, daß er mit seinen Brüdern bei uns gezimmert hat! Da war nichts Ähnliches an ihm zu entdecken! Er müßte solch eine Gabe erst vor kurzem erhalten haben!? Ein sehr frommer Mensch war er wohl immer; sein Benehmen war immer höchst anständig; er war ein stiller Arbeiter und redete nur das Nötigste; lachen sah man ihn nahezu nie, aber auch nie trauern; und so kann Jehova seine Tugenden wohl angesehen haben und hat ihm nun gegeben solche Gnade! Denn Jehova sieht ja auf das weltliche Ansehen der Person eines Menschen nie, sondern bloß auf dessen reines, unbescholtenes Herz!«

11] Spricht der Alte: »Ja, ja, da möget ihr wohl recht haben, - es wird schon also sein; aber wenn es unfehlbar also ist, da müssen wir morgen in aller Frühe hingehen und ihm unser Lob und unsern Dank darbringen! Denn vor einem von Gott sichtbar berufenen und mit Seinem Geiste gesalbten Propheten soll jeder Mensch seine Knie beugen! Denn nicht der Prophet, sondern Gott Selbst ist es, der da redet und wirket durch das Herz und durch den Mund desselben

12] Sagen alle: »Amen, dies sei unsre erste und höchste Pflicht!« - Diese Menschen begaben sich nun ins Haus, und die Jungen bereiteten ein Abendmahl; denn sie waren alle hungrig.


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