Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 5, Kapitel 190


Johannes bangt es vor Hirams Verstandesschärfe.

01] Während diese beiden Fischer mit ihren Weibern und Kindern uns das Abendmahl bereiteten, fragte endlich wieder der ganz kleinlaut gewordene Judas Ischariot, wer das Schiff dem alten Markus zurückstellen werde, so wir dessen nicht mehr benötigten.

02] Sage Ich: ”Kümmere du dich um etwas Besseres denn um solche Weltkleinigkeiten; denn Der dem Markus dieses Schiff wunderbar gebaut hat, Der wird es schon wissen, wie Er es ihm zurückstellen wird! Daß du aber doch nie um etwas Geistiges dich kümmern kannst, sondern sicher allzeit nur um etwas Weltliches! Was hast denn du von der Welt, oder was hättest du, so du gewönnest die ganze Welt, aber dabei den größten Schaden littest an deiner Seele? Was kannst du dann geben zur Löse deiner verdorbenen Seele?!

03] Da sieh diese armen Fischer an! Sie sind die nüchternsten und sonst aber doch freundlichsten Menschen, erwarten keinen Lebenslohn nach des Leibes Tode, und dennoch ist ihnen alle Welt mit ihren vergänglichen Schätzen ein Greuel, und sie haben sich darum von aller Welt in diesen verlassensten und ödesten Erdenwinkel zurückgezogen. Nun haben sie zum ersten Male von etwas höher Geistigem vernommen, und schon sind sie voller Zufriedenheit, - und das sind gut zur Hälfte Heiden; du aber bist ein echter Jude und gehörst samt Mir dem Stamme Juda an, und dennoch macht auf dich das Geistige wenig oder oft gar keinen Eindruck! Sage Mir nun ganz offen, warum du so ganz eigentlich mit Mir herumziehest von Ort zu Ort!“

04] Sagt Judas etwas verlegen: ”Nun ja, jetzt ist schon wieder alles hoch gefehlt, weil ich mich wegen des Schiffes erkundigt habe! Ich habe dabei ja doch keine schlechte und unehrliche Meinung gehabt! Vergib es mir, so ich dadurch gefehlt habe!“

05] Sage Ich: ”Ja, ja, dir wird noch viel vergeben werden müssen! Sieh zu, daß am Ende nicht die Welt dein Meister wird!“

06] Darauf wollte auch Thomas dem Judas Ischariot noch einige Wörtlein ins Ohr flüstern; aber Ich blickte den Thomas an, und er blieb stille in aller Geduld.

07] Da aber trat Johannes, Mein Liebling, zu Mir und sagte: ”Herr, sind wir mit diesen nun wohl schon so ziemlich in der Ordnung? Denn wenn sie uns etwa noch ärger kommen sollten, da möchte ich Dich wohl bitten, daß Du ganz Selbst ihnen die Stirne bieten wollest; denn ich werde mitunter doch beklommen darum, als möchte mein Herz etwa möglicherweise doch etwas aus Dir Kommendes nicht richtig und schnell genug erfassen und dann leicht etwas Eigenes fürs Deine hingeben, womit ich dann bei diesen Scharfdenkern augenblicklich in der heißesten Brühe säße! Denn die passen doch auf ein jedes Wort und auf eine jede dasselbe begleitende Miene so auf wie ein schlauester Fuchs auf seine Beute! Nur ein unrichtiges Wörtlein, und rein aus wäre es mit ihnen!

08] Ein Philopold zu Kane bei Kis war auch beinahe so ein Ähnlicher; aber man redete mit ihm dennoch um ein bedeutendes leichter. Bei diesen aber geht es um ein bedeutendes schwerer, weil sie wahrlich viel Erfahrung besitzen und dazu eine solche Verstandesschärfe, wie sie mir bis jetzt noch nicht vorgekommen ist! Mathael war auch ein außergewöhnlicher Geist; aber mit dem Hiram hier würde er zu tun gehabt haben! Also bitte ich Dich, o Herr, noch einmal, daß bei einem etwa noch schärferen Anlaufe Du Selbst es mit ihm aufnehmen möchtest!“

09] Sage Ich: ”Mein lieber Johannes, das wird nun nicht so sehr mehr nötig sein! Hiram wird bezüglich des Messias wohl noch so manche Entgegnung vorbringen, die dich ein wenig verlegen machen wird; aber wir beide werden ihn auch da nun bald auf den rechten Weg bringen. Gehe du aber nun in die Hütte und mache ihnen ein Feuer; denn sie mühen sich nun, schon seit sie uns verließen, mit der Erzeugung des Feuers mittels der Stein- und Holzreiberei, bringen aber keines zustande!“

10] Johannes begab sich in die Hütte und sagte: ”Liebe Freunde, mir scheint, daß euch heute das Feuermachen nicht gelingen will; denn ich habe jetzt schon eine Weile die Hütte beobachtet, aber noch kein Feuer entdecken können, und mein Freund sagte zu mir: 'Gehe hin und mache den guten, besorgten Menschen ein Feuer!' Und so bin ich denn nun da, euch ein Feuer machen zu helfen!“

11] Sagten Hiram und Aziona: ”Da bist du uns dann auch äußerst willkommen; denn unsere besseren Steine geben kein Feuer, und die Reibhölzer sind uns in der Hütte etwas feucht geworden, und so haben wir mit dem Feuermachen nun eine eigene Not. Auch den Nachbarn geht es nicht besser!“

12] Sagte Johannes: ”legt nur das Holz auf den Herd, und das Feuer wird dann gleich herbeigeschafft sein!“

13] Sie legten das Holz auf den Herd, und Aziona sagte: ”Nun, lieber Freund, läge das Holz schon auf dem Herde! Bin nun wahrlich neugierig, auf welche neue Art du nun das Feuer machen wirst!“



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