Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 164. Kapitel: Ein Schnelligkeitswunder Raphaels.

01] Sagten die Pharisäer: »Wir danken Dir, o Herr, für diesen höchst reinen und wahren Unterricht; er ist uns lieber als die gar entsetzlichen Zeichen, die unser Gemüt mit einer zu großen Angst erfüllen. Wir werden Deinen heiligen Rat nach der Möglichkeit unserer Kraft erfüllen. Aber da wir von nun an nur noch ein paar Stunden lang Tag haben, so werden wir uns nun in die Stadt begeben und heute noch mit unseren Schätzen und mit unseren Familien Ordnung machen, auf daß wir morgen als am Sabbat schon bei Dir sein können.«

02] Sagte Ich: »Wenn das euer vollkommener Ernst ist, so bleibt ihr nur hier, und die Sache wird sich noch ganz anders machen lassen! Ich werde Meinem jugendlich aussehenden Diener den Auftrag erteilen, daß er für euch das Geschäft abmache und eure Familien nach Bethania ins Haus des Lazarus bringe, alle eure Schätze aber hierher; er wird das gar bald in der besten Ordnung ausgeführt haben. - Ist euch das wohl also recht?«

03] Sagten die Pharisäer: »Ja, Herr, wenn das möglich wäre, so wäre uns das wohl gar überaus recht!«

04] Sagte Ich: »Bei Gott sind alle Dinge möglich! Was aber Mein Diener vermag, das hat er euch schon zuvor gezeigt. Geht aber hin und redet selbst mit ihm!«

05] Sagten die Pharisäer: »O Herr und Meister, rede lieber Du mit ihm, und es wird dann alles in der viel besseren Ordnung geschehen, als wenn wir ihm irgendeinen ungeschickten und unweisen Rat erteilten!«

06] Sagte Ich: »Nun gut denn, da ihr das in eurem Herzen erkennt und wünschet, so will Ich auch das tun.«

07] Hier berief Ich den Raphael und erteilte ihm innerlich den Wink, daß er das vollführe.

08] Da fragte Raphael die Pharisäer, in wie langer Zeit sie das ganze Geschäft beendet haben möchten.

09] Sagten die Pharisäer: »O du lieber Diener Jehovas, das steht ganz bei dir! Wenn es aber vor dem Abende sein und geschehen könnte, so wäre uns das natürlich sehr lieb; denn morgen ist Sabbat, an dem man kein Geschäft schlichten kann und darf.«

10] Sagte Raphael: »Was würdet ihr denn dazu sagen, so ich euer Geschäft nun schon in der besten Ordnung und Genauigkeit vollführt hätte?«

11] Sagten die Pharisäer: »Wie könnte denn das wohl möglich sein? Du warst ja nicht auch nur einen Augenblick von hier abwesend! Und wie könnten unsere Familien jetzt schon in Bethania sein? Sie haben durch die große Stadt mehr denn eine gute Stunde zu wandeln, und von der Stadt zieht sich der Weg bis nach Bethania für schwache Füße auch gut an zwei Stunden Zeit nach römischem Maße! Es ist sonach das als etwas rein Unmögliches zu betrachten!«

12] Sagte Raphael: »Ich habe aber das schon vor ein paar Stunden gewußt, daß die Sache sich also gestalten werde, und habe eure Familien schon mit den ordentlichsten Weisungen weiter befördert, die sich nun schon bei einer halben Stunde lang ganz gut in Bethania befinden; eure Schätze aber befinden sich schon in den Händen derer, die ihr selbst nach dem Rate des Herrn dazu bestimmt habt, und so ist das ganze Geschäft schon abgemacht.

13] Damit ihr euch aber davon zum Teil selbst überzeugen mögt, so geht hinauf in die Hütte mit mir, und ihr werdet da den Teil, der auf Nikodemus entfallen ist, in den Augenschein nehmen können!«

14] Hierauf gingen die beiden Pharisäer und die zwei Leviten mit Raphael in die Hütte und fanden ihre ihnen wohlbekannten Schätze in guter Ordnung auf einem darin befindlichen Tische.

15] Als sie das ersahen, schlugen sie die Hände über dem Haupte zusammen und sagten (die Pharisäer und Leviten): »Ja, ja, da waltet Gottes Kraft! Das sind Dinge, die keinem Menschen möglich sind! Aber sage uns, du holdester Diener des allein wahrhaftigen, allmächtigen Gottes, in welcher Weise ist denn dir das möglich gewesen?«

16] Sagte Raphael: »In ganz derselben Weise, die ich euch früher schon ganz klar und gut gezeigt habe! Denn mein Gedanke, vereint mit meinem Willen, der wieder gänzlich der Wille Gottes ist, ist soviel wie ich selbst; ich kann mich durch ihn überall als vollkommen wirkend vergegenwärtigen. Wer das vermag, der ist gottähnlich vollendet in seinem inneren Leben.

17] Also ist auch Gott, als Wesen persönlich nur Einer, nun hier in der Person des Herrn vollkommen gegenwärtig und befindet Sich in der ganzen Unendlichkeit sonst nirgendwo. Aber Er ist durch Seinen Willen und durch Seine überklaren Gedanken dennoch in der ganzen Unendlichkeit als vollwirkend gegenwärtig. Wenn Er das nicht wäre, so gäbe es keine Erde, keinen Mond, keine Sonne und keine Sterne und somit auch keine anderen Geschöpfe auf und in ihnen. Denn alle die Weltkörper und ihre Geschöpfe sind vom Alpha bis zum Omega Seine durch Seinen Willen fest und unwandelbar gehaltenen Gedanken und Ideen, die Er im Menschen zu selbständigen Wesen umgestaltet, und das also, daß sie Ihm in allem völlig ähnlich sein sollen, - was natürlich ein Werk Seiner Liebe und Seiner ewigen Weisheit ist. Und nun habe ich es euch gesagt, wie die Dinge stehen, und wir verlassen nun diese Stelle!«

18] Darauf begaben sich die fünf wieder zu uns herab, und ein Pharisäer trat zu Nikodemus hin und zeigte ihm an, was sich in der Hütte befand.

19] Nikodemus aber erwiderte ihm: »Freund, ich habe schon die Kunde davon, und es wird alles nach dem Rate des Herrn also geschehen, wie es sicher am besten sein wird! Nun aber seien wir alle wieder in Ruhe; denn der Herr wird abermals etwas vornehmen, was Ihm in Seiner Ordnung als für heute notwendig erscheint!«



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