Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 218. Kapitel: Bericht von Geistern über das Jenseits.

01] (Der Herr:) »Hierauf fragte der Ratsherr die ihm erschienenen Geister, ob sie Wahrheit oder nur etwa eine Täuschung seiner etwa irgend verzauberten Sinne wären.

02] Sagten die Geister: "Wir sind Wahrheit, und wenn du das nicht einsiehst und nicht begreifen willst, so täuschest du dich nur selbst!"

03] Sagte der Ratsherr: "Warum kann ich euch denn nur jetzt sehen, und warum nicht auch zu anderen Malen? Warum zeigtet ihr euch mir nicht, so ich selbst schon zu öfteren Malen sehnlichst nach euch verlangte?"

04] Sagten die Geister: "Du könntest uns auch zu öfteren Malen sehen und sprechen, wenn deine Seele nicht so geblendet wäre von der Sinnenlust der materiellen Welt.

05] Die einfachen Urmenschen dieser Erde konnten das; als aber dann die späteren Nachkommen stets mehr und mehr in das Materielle der Welt versanken, da verloren sie auch die Fähigkeit, die abgeschiedenen Seelen zu sehen und mit ihnen zu verkehren. Dadurch aber kam über sie die Nacht der Zweifel, in der sie sogar auch den Glauben an ein Fortleben nach dem Tode des Leibes verloren und sich dann untereinander ängstlich zu fragen anfingen, ob es nach dem Leibestode wohl ein Fortleben der Seele gäbe.

06] Und siehe, dieser zweifelhafte Zustand der gröbstsinnlichen Menschen ist eine wahre Strafe für ihre sittliche Verderbtheit, und es ist recht also! Denn ohne diese bittere Strafe würden die Menschen sich noch mehr und noch tiefer in das Gericht der Materie versenken; so aber hält sie doch die Furcht vor dem Leibestode davon ab, weil sie nicht wissen und innewerden können, was nach dem Leibestode mit ihnen geschehen wird!

07] Wir haben auf der Welt in unserem Leibesleben alle die ganz gleiche Strafe empfunden und waren voll von allerlei Zweifeln; nur die wirkliche Trennung vom Leibe hat uns erst die Überzeugung gebracht, daß man nach dem Abfalle des Fleisches fortlebt. Aber es geht bei dem Fortleben nur dem wohl, der auf der Welt im Leibe gerecht war und gute Werke ausgeübt hat; den Ungerechten, Verleumdern, Harten und völlig Lieblosen aber geht es schlimm, ja tausend Male schlimmer als denen hier, die in den finsteren Kerkern schmachten.

08] Du bist zwar wohl ein gerechter Mann, aber dabei doch hart und unerbittlich. Wenn du zu uns herüberkommen wirst in solcher deiner Sinnesart, so wirst du auch die strenge und unerbittliche Gerechtigkeit, aber keine Liebe und Erbarmung finden. Denn keine Seele findet bei uns etwas anderes, als was sie in ihrem Gemüte mit sich gebracht hat; denn erst bei uns steht man auf seinem höchsteigenen Grund und Boden. Verstehe das, und richte dich danach, damit du wohlversorgt zu uns herüberkommst; denn du hast nun eine bessere Gelegenheit, als wir sie je gehabt haben!"

09] Sagte darauf der Ratsherr: "Nun glaube ich, daß ihr Wahrheit und keine Täuschung seid! Sagt mir aber, wer der junge Jude ist, der vor uns so wunderbare Werke verrichtet!"

10] Sagten die Geister: "Der ist Der, der Er ist, der Er war, und der Er hinfort sein wird! Ein mehreres dürfen wir dir von Ihm nicht sagen; denn das gebietet uns Sein Wille. Er aber ist ja bei euch, und du kannst Ihn selbst fragen!"

11] Hierauf wandte sich der Ratsherr sonderheitlich zu Julius Cäsar und fragte ihn, sagend: "Du warst auf der Erde ein gar kluger und mächtiger Held; unter deine Gebote mußte sich alles fügen. Wie lebst du aber nun in der Welt der Geister?"

12] Sagte der Geist (Julius Cäsar): "Ich habe in der Welt schon einen bösen Lohn geerntet für das, was ich nur zu meinem Ruhme getan habe; und darum habe ich in mir auch wenig Gutes herübergebracht, und mein Lohn war darum eine große Armut, und mein Weltruhm glich hier einer finsteren Nacht, in der ich nur wenige Sternchen hie und da durch dichte schwarze Wolken schimmern sah.

13] Ich war lange so ganz allein ohne die allergeringste Gesellschaft und hatte niemanden als mich allein. Ich mochte rufen, bitten, weinen, herumgehen und suchen, wie ich wollte, und es half alles nichts. Ich rief alle Götter; aber es kam keine Antwort. Nach einer langen, traurigen, verzweiflungsvollen Dauer meines elendesten Zustandes kam mir in den Sinn, mich an den Gott der Juden zu wenden. Da ward es heller um mich, und die wenigen Sternchen wurden auch heller, und es schien, daß sie mir näher kamen. Als ich das merkte, da faßte ich mein volles Vertrauen zu dem Gott der Juden und bat Ihn inständigst, daß Er mir helfen möchte aus meiner großen Not und Qual.

14] Da ward es abermals heller um mich und ein Stern senkte sich ganz in meine Nähe. Und ich erkannte bald, daß der Stern eine vollkommene Menschengestalt annahm, und dieser Mensch war einer, dem ich in der Welt einmal eine wahre Wohltat erwies, und dieser sagte zu mir: "Wohl dir, daß du in deiner Nacht den wahren Gott der Juden gefunden hast! Verbanne deine falschen Götzen, und verbanne auch deinen eigenen größten Götzen, deinen Cäsar-Ruhm; begib dich in die volle Demut, und ich will dich zu mir in meine Wohnung nehmen!"

15] Da bat ich abermals den Gott der Juden, daß Er mir nähme den Ruhm und alle die falschen Götzen. Darauf kamen auch die andern Sternchen als Menschen zu mir und sagten: ,Wir sind auch wie du auf der Erde gewesen; aber wir waren arme und von deinen Priestern verfolgte Juden; du aber hast uns beschützt, beschenktest uns und halfst uns, wieder in unser Land zu kommen. Nun bist du arm und hast von allen deinen irdischen Schätzen nichts als nur das, was du uns getan hast; und so sind wir nun auch durch die Zulassung Gottes zu dir gekommen, um dir das Gute, das du uns getan hast, zu vergelten. Willst du ohne allen Ruhm mit uns wandeln, so folge uns, und du sollst bei uns eine Unterkunft finden!'

16] Da ging ich und kam bald in eine gar wunderliebliche Gegend. Es war wie ein breites Tal mit einem schönen großen See. Das Tal war in weiter Ferne eingefaßt mit hohen und gar ergötzlich anzusehenden Bergen. Im Vordergrunde standen ein paar Wohnhäuschen, wie man sie auf der Welt als Wohngebäude unter dem Namen Fischerhütten in großer Menge gar wohl kennt. In größerer Ferne ersah ich noch mehrere ähnliche Hütten. Die Felder hatten ein üppiges Grün. Aber Bäume sah ich nur wenige; doch waren sie voll der schönsten Früchte.

17] In die Wohnhütte, die bei meiner Ankunft zur rechten Hand sich befand, zog ich ein, und zwar zu dem Freunde, der in meiner größten Not zuerst zu mir kam, und fand da gleich etwas zu essen und zu trinken; doch alles war höchst einfach, erfreute mich aber dennoch um gar vieles mehr, als mich auf der Welt je meine großen Schätze und Paläste erfreut haben.

18] Als ich mich so ganz selig in der Hütte befand und mich auch hinreichend gestärkt hatte, da führte mich mein Freund wieder aus der Hütte und wir ersahen einen Kahn auf dem klaren Spiegel des Sees, in welchem sich ein Mensch befand, der mit einem Handruder gegen uns zusteuerte. Ich fragte meinen Freund, wer etwa der Schiffer sein möchte. Und der Freund sagte: ,Dieser kommt über den uns unbekannt langen See dann und wann zu uns herab und zeigt uns stets mit vieler Freundlichkeit an, was wir alles für weiterhin zu tun haben werden. Danach heißt es dann wieder arbeiten. Wir begeben uns dann wieder zu der angeratenen Arbeit, arbeiten mit allem Fleiße, mit aller Freude und Lust, und unser Fleiß wird von dem Gott der Juden alle Male gesegnet. Als wir in diese Gegend kamen gleich wie nun du, da sah sie noch sehr wüst und öde aus; nur durch unseren Fleiß und Eifer ist sie in den gegenwärtigen blühenden Zustand gekommen. Also wirst auch du nun fürderhin mit uns arbeiten wollen und wirst dabei auch den Segen überkommen, den wir überkommen haben!'"«



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