Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7
127. Kapitel: Das Reich Gottes.
01] Sagte darauf der Magier: »O Herr, wie kann denn das geschehen, - wie kann der schwache und nichtige Mensch dem Reiche Gottes Gewalt antun und es ordentlich an sich reißen? Dann fragt sich's noch, wo das wahre Reich Gottes sich befindet, daß der Mensch es anfassen und an sich reißen kann!«
02] Sagte Ich: »Du hast nun in der kurzen Zeit von etlichen Stunden doch schon so manches vernommen und hast sogar Mich erkannt und weißt nun noch nicht, was das Reich Gottes ist, und worin es besteht?!
03] Die vollkommene Befolgung des erkannten Willens Gottes ist das wahre Reich Gottes in euch! Aber die Befolgung des erkannten Willens Gottes ist nun eben nicht so leicht, wie du dir das vorstellst; denn die Weltmenschen stemmen sich sehr dagegen und verfolgen die wahren Bewerber ums Reich Gottes. Darum muß derjenige, der das Reich Gottes sich völlig aneignen will, vor denen keine Furcht haben, die nur des Menschen Leib töten, aber der Seele nicht schaden können; der Mensch aber fürchte vielmehr Gott, der nach Seiner ewig unwandelbaren Ordnung auch die Seelen in die Hölle verstoßen kann!
04] Wer Gott mehr fürchtet als die Menschen und trotz der Verfolgung, die ihm die Menschen antun können, den erkannten Willen Gottes tut, der ist es, der das Reich Gottes mit Gewalt an sich reißt; und wer das tut, der wird es auch unfehlbar überkommen.
05] Dazu aber kommt noch etwas, das da auch zur gewaltigen Ansichziehung des Reiches Gottes gehört, und das besteht darin, daß der Mensch sich in allen Dingen der Welt möglichst tief selbst verleugne, allen seinen Beleidigern von Herzen verzeihe, auf niemanden einen Groll oder Zorn habe, für die bete, die ihm fluchen, denen Gutes erweise, die ihm Übles antun, sich über niemanden erhebe, die dann und wann über ihn kommenden Versuchungen geduldig ertrage und sich enthalte von dem Fraße, Völlerei, Hurerei und Ehebruche. Wer das bei sich ausübt, der tut dem Reiche Gottes auch Gewalt an und reißt es mit Gewalt an sich.
06] Aber wer wohl auch Gott erkennt, Ihn über alles achtet und liebt und an seinen Nächsten wie sich selbst, aber dabei doch die Welt auch achtet und fürchtet und sich nicht getraut, offen Meinen Namen zu bekennen, weil das irgendeinen weltlichen Nachteil bringen könnte, der tut dem Reiche Gottes keine Gewalt an und wird es sogestaltig auf dieser Welt auch nicht völlig überkommen und dann jenseits noch manche Kämpfe zu bestehen haben, bis er vollendet wird.
07] Wer da nun weiß und glaubt, daß Ich der verheißene Messias bin, der muß auch das tun, was Ich lehre, gelehrt habe und noch fürder lehren werde, sonst ist er Meiner nicht wert, und Ich werde ihm bei der Ausbildung seines inneren Lebens nicht sonderlich behilflich sein. Ich aber bin das Leben der Seele durch Meinen Geist in ihr, und dieser heißt die Liebe zu Gott. Wer sonach Gott über alles liebt und darum auch allzeit Seinen Willen tut, dessen Seele ist erfüllt mit Meinem Geiste, und dieser ist die Vollendung und das ewige Leben der Seele.
08] So aber da jemand Mich kennt, aber dabei dennoch die Welt fürchtet und bei sich sagt: 'Ja, ich erkenne den Messias wohl gar sehr und glaube heimlich an alles, was Er lehrt, und tue es auch; aber weil die Welt schon mal also ist und man doch mit ihr leben muß, so lasse ich äußerlich vor der Welt nichts von dem merken, was ich in mir geheim bekenne, auf daß mir niemand etwas Arges nachreden kann!', der ist kein rechter Bekenner eines Wesens und Namens und hat die wahre und ganz lebensvolle Liebe zu Gott noch nicht und wird sogestaltig in diesem Erdenleben schwerlich in sich die Fülle des Reiches Gottes überkommen; denn die Fülle des Reiches Gottes besteht ja eben in der höchsten Liebe zu Gott, und diese hat keine Furcht oder Scheu vor der Welt.
09] a Wer Mich vor der Welt bekennt, so es not tut, den werde auch Ich bekennen vor dem Vater im Himmel; wer Mich aber nicht bekennt auch vor der Welt, wenn es not tut, den werde auch Ich nicht bekennen vor dem Vater im Himmel.« (a Matthäus.10,32; Lukas.12,08; Markus.08,38; Offenbarung.03,05; ⇒ jl.ev01.138,26a*; 32-33: jl.ev07.127,08-12; jl.ev08.092,10; jl.ev09.061,15; jl.ev09.148,12; jl.ev10.074,04; jl.ev10.128,14; jl.gso2.071,17-20; jl.him1.195,41; jl.him1.301,13; jl.him3.081,02; jl.him3.116,03; b Matthäus.10,33; Markus.08,38; = Lukas.09,26; Lukas.12,09; 2. Timotheus.02,12; ⇒ jl.ev01.138,26b) 10] Fragte hier sogleich der Magier, sagend: »Herr, wer ist denn Dein Vater, und wo ist der Himmel? Kannst denn auch Du als der Herr der Ewigkeit einen Vater haben?«
11] Sagte Ich: »Die ewige Liebe in Gott ist der Vater, und Seine unbegrenzte Weisheit ist der Himmel.
12] Wer Gott über alles liebt, der bekennt Gott und somit Mich vor aller Welt, und Ich bekenne auch ihn in Meiner Liebe, und darin besteht das wahre ewige Leben der Seele des Menschen. Und weil der Mensch eben durch solche lebendige Liebe zu Gott auch zur höchsten Weisheit gelangt und gelangen muß - solche aber ist der Himmel oder das Reich Gottes -, so hat der Mensch dadurch auch das Reich Gottes in sich überkommen, das ihm dann ewig nicht mehr wird genommen werden können. Solches habe Ich euch nun erklärt; behaltet es, schreibt es euch in eure Herzen und tut danach, so werdet ihr das ewige und wahre Leben in euch haben! - Nun aber gönnet Mir eine kleine und kurze Ruhe, und überdenkt das euch nun Gesagte und Gezeigte!«