Die
staatlichen britischen Aufsichtsbehörden im Fall eines
Gesundheitsnotstands und möglicher Epidemien lassen sich bei der
Entscheidung über die akute Bedrohung durch eine bestimmte Krankheit
von einem wissenschaftlichen Beirat, dem Scientific Advisory Council for Emergencies
oder SAGE (Wissenschaftlicher Beirat für Notfallsituationen) beraten.
Jetzt ist bekannt geworden, dass ein führendes Mitglied des britischen
SAGE, Professor Sir Roy Anderson, bezahltes Vorstandsmitglied des
großen Pharmakonzerns GlaxoSmithKline ist, der an der
Herstellung des von der WHO empfohlenen antiviralen Medikaments Relenza
und eines Impfstoffs gegen H1N1 Influenza A oder Schweinegrippe
beteiligt ist.
Roy Anderson, Berater der britischen Regierung in Fragen von Epidemie, sitzt auch im Vorstand des Impfstoffherstellers GlaxoSmithKline.
Anderson, der im Scientific Advisory Council for Emergencies, SAGE, sitzt, einer 20-köpfigen Arbeitsgruppe, die einen Aktionsplan gegen die Ausbreitung des Virus erarbeitet, erhält als Direktor von GlaxoSmithKline jährliche Zuwendungen in Höhe von 134.000 Euro. GlaxoSmithKline verkauft Impfstoffe gegen die Schweinegrippe und antivirale Medikamente an den Britischen Gesundheitsdienst und an Regierungen in aller Welt.
Die finanziellen Verbindungen zu einem der Unternehmen, das von gesundheitspolitischen Entscheidungen der Regierung profitiert, bedeuten einen klaren Verstoß gegen die Statuten von SAGE. Steuerzahlergruppen haben Anderson aufgefordert, wegen dieses offensichtlichen Interessenkonflikts vom SAGE zurückzutreten. Bislang bestreiten sowohl die britische Regierung als auch GlaxoSmithKline einen solchen Interessenkonflikt und versuchen, den Skandal zu vertuschen.
Anderson wurde in den SAGE berufen, um diesen 'behördenübergreifend wissenschaftlich in Bezug auf den Ausbruch der Schweinegrippe zu beraten'. Bezeichnenderweise sprach er als einer der ersten Experten in Großbritannien von einer Pandemie. In einem Interview mit dem britischen Radiosender Radio Four Today am 1. Mai pries er die Grippemedikamente und rief dazu auf, sie auf breiter Basis anzuwenden. Den Hörern wurde natürlich nicht gesagt, dass er für GSK tätig ist, den Hersteller von Relenza, eines von zwei empfohlenen antiviralen Medikamenten.
Seit dem weltweiten Ausbruch der Schweinegrippe im April (die Krankheit selbst verläuft so mild wie eine neue Grippe, ein Beweis für den von der WHO behaupteten neuen Krankheitserreger ist noch gar nicht erbracht), hat GlaxoSmithKline einen Dreimonats-Rekordgewinn von 2,4 Milliarden Euro gemeldet. Der Verkauf des Relenza-Inhalators, einer Alternative zu Tamiflu, wird voraussichtlich mehr als 700 Millionen Euro einbringen. Dieser Betrag wird wahrscheinlich noch einmal um 2,3 Milliarden Euro steigen, wenn im September mit der Auslieferung des Schweinegrippe-Impfstoffs begonnen wird.
Der Preis der GSK-Aktie ist seit Mai um zehn Prozent gestiegen. Ein
GSK-Sprecher hat betont, es liege kein Interessenkonflikt vor.
Als 2001
die Maul- und Klauenseuche bei Rindern ausbrach, fungierte Anderson als
Berater für Tony Blair. Sein Rat führte damals zur völlig überflüssigen
Notschlachtung von sechs Millionen Tieren. An der Universität Oxford
war Professor Anderson Gegenstand einer Kontroverse über einen Verstoß
gegen die Regeln, weil er seine geschäftlichen Interessen als Aktionär
von International Biomedical and Health Sciences Consortium,
einer biomedizinischen Beraterfirma aus Oxford, nicht angegeben hatte.
Die Firma hatte Stipendien an sein Forschungszentrum vergeben. Sir Roy
musste zurücktreten. Er ging dann zum Imperial College in
London und wurde später Leiter der wissenschaftlichen Abteilung im
Verteidigungsministerium, bevor er im letzten Jahr Rektor der
Universität Imperial College in London wurde, von wo er ein jährliches Gehalt von 460.000 Euro bezieht.
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