Kurt Eggenstein: 'Der Prophet Jakob Lorber verkündet bevorstehende Katastrophen und das wahre Christentum', IV. Teil
Im folgenden Kapitel müssen wir uns mit einer speziellen bibelkritischen Literatur befassen, die von den Experten als unwissenschaftlich und tendenziös bezeichnet wird. Die in den betreffenden Schriften aufgestellten Thesen, Jesus sei ein gescheiterter politischer Rebell oder ein militanter Sozialrevolutionär gewesen, werden seit Jahrzehnten immer erneut in die Massen hineingetragen. Dasselbe gilt von Johannes Lehmanns weitverbreiteter Behauptung, das Christentum sei nicht auf Jesus Christus zurückzuführen, sondern habe seinen Ursprung in der jüdischen Sekte der Essäer von Qumran. Zugleich übernimmt Lehmann die lange vor ihm von anderen aufgestellte Theorie, Jesus sei ein Anführer eines gescheiterten Aufstandes gegen die Römer gewesen.
Die Kenner des Evangeliums werden sich ob dieser eigenartigen Pseudo-Exegese wundern, weil sie sich kaum vorstellen können, daß der Text des Evangeliums etwas Brauchbares für solche Phantasieprodukte hergibt. Protestantische, katholische und jüdische Theologen und Historiker, die Experten dieses Fragenkomplexes sind, vertreten denn auch einhellig die Meinung, daß die betreffenden Autoren dem Evangeliumstext Gewalt antun. Die öffentliche Kritik der Experten in Wort und Schrift ist vernichtend. Das konnte jedoch nicht verhindern, daß die Theorien weiteste Verbreitung fanden. Der Leitung des Süddeutschen Rundfunks erschienen sie offenbar als eine Sensation. Sie strahlte die Ansichten Lehmanns unter dem Titel „Das Geheimnis des Rabbi J." im Jahre 1970 in einer dreizehnteiligen (!) Sendefolge aus. Am 8. April 1970 fand dann ein zweistündiges Podiumsgespräch über das Thema statt. Hierbei wurde die völlige Unhaltbarkeit der erwähnten Theorien erhärtet. Das hinderte jedoch die Illustrierte Stern nicht, „Das Geheimnis des Rabbi J." als vierteilige Vorabdruckserie mit der Überschrift Wer war Jesus? Was die Kirche verschweigt zu veröffentlichen. Schließlich erschien dann das Ganze als Buch im Econ-Verlag mit dem Titel Jesus-Report - Protokoll einer Verfälschung. Millionen Menschen haben die Sendungen gehört, die Illustriertenartikel und das Buch gelesen. Viele darunter werden die Einwendungen der Wissenschaftler beim Podiumsgespräch aber nicht gehört haben. Man wird hier an eine Aussage der Neuoffenbarung erinnert, die die heute herrschende Situation kennzeichnet: „Die
Wahrheit wird stets schwer zu erreichen sein, während sich das Regiment der Lüge gratis über die ganze Welt breitmacht." ( Gr IV 33, 04)
Eine Einbeziehung der erwähnten Hypothesen in unsere Betrachtungen scheint insbesondere deshalb angebracht, weil aus der Neuoffenbarung der wirkliche Sachverhalt klar erkennbar wird.
Johannes Lehmann will aus den Bibeltexten herauslesen, Jesus habe den Essenern (auch Essäer genannt) nahegestanden und deren Lehre vertreten. Im dritten Jahr seiner Lehrtätigkeit habe er sich entschlossen, den Aufstand gegen die römische Besatzungsmacht mit seinen zahlreichen Anhängern zu wagen, der dann fehlgeschlagen sei, so daß er als Anführer von den Römern hingerichtet worden sei. Nach seinem Tode hätten ihn dann seine Anhänger zu dem gemacht, als was er in den Evangelien erscheint.
Wäre Jesus ein Rabbi mit essenischer Lehre gewesen, so würde das Christentum seit zweitausend Jahren eine einzige Täuschung darstellen. Diese Unterstellung Lehmanns zielt denn auch auf den Zusammenbruch des Christentums ab. Daher die in seiner Schrift gestellte Suggestivfrage: „Ist Qumran (das zentrale Kloster dieser Gemeinde am Toten Meer, d. Vf.) die ,Wiege des Christentums'? und ist das Christentum nichts weiter als die historisch gewachsene Fortsetzung chassidischer Einsiedler?" 74
Lehmann nimmt die in den vierziger Jahren unseres Jahrhunderts in der Nähe des Toten Meeres gefundenen Schriften (Qumran-Schriften, d. Vf.), die außer dem Alten Testament auch sonstige Lehren enthalten, zum Anlaß und zur Grundlage seiner Behauptung, das Christentum sei qumranischen Ursprungs. Durch diese Texte sei erwiesen, daß die Lehre Jesu nicht originär, sondern von den Qumran-leuten (Essäern) übernommen worden sei. Daß es zu solchen Gedankengängen kommen konnte, ist u. a. auf die kurz nach der Auffindung der Schriften erfolgte voreilige, sensationell wirkende Veröffentlichung zurückzuführen, die in eine falsche Richtung führte. Im Jahre 1950 behauptete der französische Professor Andre Dupont-Sommer (Sorbonne, Paris), der in den Schriftrollen erwähnte Lehrer der Gerechtigkeit sei identisch mit Jesus, denn auch jener sei verurteilt, gekreuzigt worden und zum Himmel, zu Gott gefahren. Wie Jesus habe auch er ein Strafgericht verkündet und sollte am Ende der Zeiten ein höchster Richter sein. 75
Die Nachricht wurde von den gesamten Massenmedien begierig aufgegriffen; sie wirkte bei vielen Christen schockartig. Aber die Sensation verblaßte schnell. Dupont-Sommer sah sich durch die sofortigen Einwendungen fast aller an den Übersetzungsarbeiten beteiligten Gelehrten genötigt, unverzüglich seine voreiligen und unrichtigen Behauptungen zu widerrufen. Einer wissenschaftlichen Prüfung hielten sie nicht stand. Der evangelische Theologieprofessor Herbert Braun, der sich seit fünfzehn Jahren mit den Qumranrollen beschäftigt, erklärt: „Vom Leiden, Sterben und Auferstehen dieses »rechten Lehrers' steht in der Kolumne des Habakuk-Kommentares schlechterdings nichts. Alle Analogien zwischen Jesus und der Qumransekte, die darauf abheben, haben die Texte gegen sich, auch wenn gerade an diesem Punkt das populäre Interesse seine Sensation sucht." 76
Die Qumranleute warten nicht auf einen, sondern auf zwei Messiasse, wobei der eine ein Priester und der andere ein Feldherr sein sollte. Lehmann schreckt nicht vor Textänderungen zurück und „betreibt auch sonst bewußte Falschinformation". 77
Die christliche Lehre kann unmöglich aus den Qumranschriften hergeleitet werden, weil sie in wichtigsten Teilen der Lehre Jesu diametral entgegenstehen. Der protestantische Neutestamentier Herbert Braun, der nach P. K. Kurz nicht im Verdacht steht, an dogmatischen Überlieferungen wider bessere Einsichten festhalten zu wollen, und ein hervorragender Kenner der Schriftrollen ist, erklärt: „Die von Jesus geforderte Liebe zum persönlichen und religiösen Feind (Mt.05,44) geht weit über das Alte Testament hinaus und steht in schroffem Gegensatz zu dem ,ewigen Haß gegen die Männer der Grube' (Man 9, 21 f.), der den Sektenfrommen abverlangt wird." 78
Die Liebe der Essäer durfte sich nur auf die Sektenangehörigen erstrecken, alle Außenstehenden waren zu hassen. Dieselben krassen Unterschiede bestehen bezüglich Gesetzes- und Ritualfragen. Das Wort Jesu über den Sabbat (Mk 2, 27) muß von den Essäern geradezu als frevelhaft angesehen worden sein. Auf rituelle Reinheit legten sie größten Wert, während Jesus, wie die NO berichtet, die Pharisäer durch das Unterlassen des Händewaschens bewußt provoziert hat. Die Qumranleute durften noch nicht einmal ein Streitgespräch mit den „Männern des Frevels" (Außenstehende, d. Vf.) führen und weder Speise noch Trank annehmen. 79 Von den Essenern wurden die Zöllner und Sünder ebenso gemieden wie von den Juden.
Zur Untermauerung seiner Hypothesen stützt sich Lehmann auf Frank M. Cross. Aber sein Gewährsmann „identifiziert Qumran und Christentum gerade nicht" 80 . Lehmanns These bricht - wenn sie
einer kritischen Prüfung unterzogen wird - zusammen wie ein Kartenhaus. Sämtliche katholischen und protestantischen Exegeten sprechen ihm die erforderlichen Sachkenntnisse in dieser Materie ab und bescheinigen ihm „massive Unkenntnis der wissenschaftlichen Literatur" 81
Lehmann sieht in Jesus aber nicht nur einen Essäer. Er behauptet darüber hinaus, Jesus sei auch ein Widerstandskämpfer und Anführer gegen die römische Besatzungsmacht gewesen. Diese These ist jedoch nicht neu. Einige Jahre vor Lehmann hat dasselbe der amerikanische Historiker und Orientalist Carmichael in seiner Schrift „Leben und Tod des Jesus von Nazareth" 82 schon behauptet.
Auch die im Jahre 1970 in Deutschland erschienenen Jesus-Romane schildern Jesus als Aufrührer und Partisanenführer. 83 Der Romanschriftsteller Frank Andermann gibt zwar in seinem Buch Das große Gesicht zu, daß er seiner „Phantasie (!) den Auftrag gegeben hat, nach dem Ursprung des Unternehmens zu forschen, das am Kreuz endete" (S. 165), behauptet aber andernseits kühn, die Evangelisten seien in seinen Augen Betrüger.
Im Licht der Neuoffenbarung erscheinen die Fabeln dieser Schriftsteller „wie in einem Vexierspiegel verzerrte, übertriebene, schreckenerregende oder groteske" 84 Vorgänge.
Schon Reimarus hatte im 18. Jahrhundert dieses Thema aufgegriffen. Der jüdische Autor Robert Eisler schrieb in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts darüber ein umfangreiches Buch. 85 Bischof Dibelius bezeichnet diese Schrift als „kombinatorische Magie" und die Arbeit von Carmichael, die ganz auf Eislers Buch aufbaut, „ein plagiatorisches Kondensat aus Eislers großem Werk" 86 .
Dennoch fand das Buch Carmichaels weite Verbreitung und den Beifall der Sensationspresse. Auch der Herausgeber des Spiegel, Rudolf Augstein, zollte in einer Buchbesprechung der Rebellenthese begeisterten Beifall. 87
Anklang fand die These aber auch bei Theologen seit Lietzmann, Greguel, R. Bultmann, H. Buhr, ferner bei dem Philosophen W. Bökker und dem jüdischen Autor Paul Winter. 88
Die Bibeltexte geben für fragliche Theorien nicht viel her. Das tut Lehmann und den übrigen Autoren in ihrem Bestreben keinen Abbruch. Lehmann umgeht dieses Problem, indem er die Fiktion aufstellt, die Evangelisten wollten ihre eigene Rebellentätigkeit „vertuschen" und „verharmlosen"; sie wollten nicht „berichten, sondern berichtigen" (S. 138).
Wie argumentieren nun diese Autoren konkret? Das Hauptargument für die angebliche revolutionäre Betätigung Jesu ist bei allen die Tempelreinigung, obwohl diese nach den Texten des Evangeliums weder im Prozeß Jesu vor dem Synedrium noch vor Pilatus eine Rolle gespielt hat. (Wie wir aus der NO zitierten, hatte diese Tempelreinigung keinerlei Konsequenzen, und Jesus wurde nicht weiter behelligt.) In Verbindung mit der Tempelreinigung wird als Indizienbeweis der Einzug in Jerusalem herangezogen, obgleich die beiden Ereignisse - wie wir aus der NO zuverlässig wissen - fast drei Jahre auseinander lagen. In diesen Vorkommnissen sehen die Verfasser die Besitzergreifung des Tempels durch die Anhänger Jesu mit Gewalt. Nach dem niedergeschlagenen Aufstand sei Jesus als politischer Rebell von Pilatus zum Tode verurteilt worden. Für alle Verfasser, die in Jesus einen jüdischen Freiheitskämpfer sehen, ist diese Erklärung das Axiom, um das herum sie ihre These aufbauen. Sie bemühen sich nicht im geringsten, den hintergründigen Ursachen des sonderbaren Verhaltens des Pilatus nachzugehen. Wenn sie auf die historischen Fakten, die wir im Kapitel „Der Erdenweg Jesu. Aufhellende zusätzliche Kundgaben der Neuoffenbarung zum Evangelium" im Zusammenhang mit dem Justizmord des Pilatus geschildert haben, eingegangen wären, so hätte das ihre Theorie zum Einsturz gebracht, und deshalb übergehen sie die politischen Zusammenhänge und die hintergründigen Motive des Pilatus mit Schweigen.
Da die Tempelreinigung aufgrund der Schilderung des Evangeliums nicht mit einem politischen Aufstand verwechselt werden kann, finden die Autoren der Revolutionstheorie dennoch einen Weg, die Dinge so zu sehen, wie sie es sich a priori vorgenommen haben. Der Bericht des Evangeliums, so behaupten sie, sei „eine Art Abschwächung auf das Minimum dessen, was in Wirklichkeit ein massives Unternehmen gewesen sein muß". So Carmichael. Auch der Evangelienvers „Herr, hier sind zwei Schwerter" wird als Indiz bewertet, daß die Jünger bewaffnet waren. Aber auch Eisler wußte, daß man mit zwei Schwertern keinen Aufstand unternehmen kann, und so biegt er den Text eben in seinem Sinne zurecht und schreibt: „Sie antworteten, indem sie Jesus - jeder von ihnen natürlich - zwei Schwerter vorzeigen." 89 (!) Daß bewaffnete Aufständische jemals mit zwei Schwertern pro Mann in den Kampf zogen, ist völlig neu in der Geschichte der Revolutionen.
Wie weit entfernt diese abenteuerlichen Konstruktionen von der Wahrheit sind, zeigt der folgende Text aus der Neuoffenbarung, wo gesagt ist, welcher Art die Waffe eines Jüngers Jesu sein soll:
„Eure Waffe gegenüber den Menschen bestehe stets nur in der Liebe, Sanftmut und Geduld, und ihr werdet auf diesem Weg, den Ich selbst nun vor den Menschen wandle, mehr ausrichten, als mit purem Feuereifer und seinem diamantenen Ernst." „Doch wo ihr sehen werdet, daß ihr mit Liebe und der rechten Weisheit mit den zu verfinsterten Menschen nichts auszurichten vermögt, denen kehrt den Rücken und ziehet von dannen." (jl.ev09.148,09 u. 11)
„Ich selbst bin ja nun auch auf dieser Erde und füge Mich, Meiner äußeren Persönlichkeit nach, in die von dem römischen Kaiser vorgeschriebene Ordnung und lehne Mich nirgends, nicht einmal dem Anschein nach, wider dieselbe auf." (jl.ev05.133,05)
„Seid auch ihr der weltlichen Obrigkeit stets Untertan, ob sie mild oder strenge ist, denn sie hätte keine Macht, so ihr sie nicht der vielen unverbesserlichen Sünder wegen von oben gegeben wäre." (jl.ev09.159,16)
Sowohl im Evangelium als auch in der Neuoffenbarung ist die Rede vom „Kampf" und vom „Schwert". Die ausführlichen Kundgaben der NO lassen keinen Zweifel darüber offen, welchen Sinn diese Textstellen beinhalten.
„Ich gebe euch für diese Welt keinen Frieden, sondern das Schwert, denn durch den Kampf mit der Welt und mit allem, was sie euch bietet, müßt ihr euch des ewigen Lebens Freiheit erringen! Denn Mein Reich leidet Gewalt, und die es nicht mit Gewalt an sich reißen, die werden es nicht einnehmen." (jl.ev01.201,04)
„Wer aber da meint, daß Ich nun ein irdisches Reich gründen werde, der irrt sehr. Die Römer sind nun eure irdischen Herren und werden es auch in der Zukunft so lange bleiben, als es Gott gefallen wird. Wenn ihr euch aber wider sie auflehnen werdet, dann werden sie euch zerbrechen und zermalmen." (jl.ev08.085,26)
Aus der NO erfahren wir, daß der Ratsherr Nikodemus gegenüber dem Lazarus den Ausspruch tat: „Das Merkwürdige ist, daß Er bei den Römern einen großen Anhang hat, und daß Ihm bei der Ausbreitung seiner Lehre von ihnen gar keine Hindernisse in den Weg gelegt werden." (jl.ev07.047,11)
Auch viele Juden teilten diese Meinung. Als Jesus bei dem geschilderten dramatischen geistigen Kampf auf dem Tempelplatz um die Seele des jüdischen Volkes rang, weigerte er sich, sich zum König und damit zum Führer eines Aufstandes machen zu lassen. Daraufhin sagten die Juden: „Er ist bekanntlich ein Freund der Römer und Griechen und kann daher bei uns Juden keinen besonderen Anhang finden." (jl.ev06.146,35)
Vergleicht man diese Aussagen mit der völlig abwegigen Rebellentheorie, so wird man an einen Vers aus dem Alten Testament erinnert: „Vielerlei Einbildung haben ja die Menschenkinder, und müßige Wahngebilde führen irre." (Sir 3, 23-24)
Jesus forderte einen Umsturz, aber er meinte eine moralische Revolution, den inneren Umsturz der Werte, der zu einer anderen Geisteshaltung führt. Diese Umkehr, die metanoia des Neuen Testaments, kann allein die Welt erneuern und verändern.
Es steht noch die von Lehmann aufgestellte Behauptung, Jesus sei ein Essäer gewesen, und somit sei das Christentum nicht als originäre Lehre Jesu anzusehen, unbeantwortet im Raum.
Die Neuoffenbarung nimmt auch zu dieser Frage - wie die folgenden Zitate zeigen - in aktueller Weise Stellung. Wie daraus zu entnehmen ist, hat Jesus seinen Jüngern vorausgesagt, daß man schon zu seinen Lebzeiten sich erzählen werde, er sei aus der Schule der Essäer hervorgegangen.
„Auch wir sind von den Essäern nach allen Seiten hin umlagert, die vor dem blinden Volke mit Leichtigkeit allerlei Zeichen tun, um es mit der Zeit ganz für sich zu gewinnen. Und so machen nun unsere stärker und wunderbarer auftretenden Zeichen das Volk im allgemeinen wenigstens stutzen, wenn sie es auch nicht völlig überzeugen, und das ist gerade das rechte Maß, und es wäre dem Volke zu keinem Heile, so wir mit den Zeichen noch einen größeren Aufwand machten. Wenn Ich alle die Kranken heile, ja sogar die Toten auferwecke, so macht das eben vor dem Volke den Essäern gegenüber kein zu großes Aufsehen - wohl aber bereitet das den Templern einen größten Ärger, die aber auch den ihnen gerade auf der Nase sitzenden Essäerorden schon lange zu allen Teufeln gewünscht haben." (jl.ev04.248,06)
„Es ist aber auch ein ordentlicher Scherz, da Ich gerade ein Wasser auf die Mühle der Essäer bin, und ihr werdet es noch erleben, daß man zu euch sagen wird, daß auch Ich ein aus der Schule dieses Ordens hervorgegangener Jünger sei und arbeite nun für das Gedeihen dieses Ordens, der nun selbst der Meinung ist, daß er moralisch bald alle Welt beherrschen werde. Diesen Orden haben wir daher vorderhand nicht wider uns, und er dient uns, auch ohne uns eigentlich dienen zu wollen." (jl.ev04.248,08)
Tatsächlich fanden sich damals Juden, die ihn für einen Essäer hielten: „Er ist nichts als ein verkappter Essäer, er ist mit allen Zauberkünsten ausgerüstet und verführt fein und sauber das Volk." (jl.ev06.146,36)
Zu den Essäern selbst sagte Jesus: „Eure Worte, die ihr Essäer dem Volk predigt, sind pur Lug und Trug, weil ihr selbst nicht glaubt, was ihr lehrt. Denn ihr habt eine Doppellehre, eine fürs Volk und eine ganz andere für euch, von der ihr unter euch sagt, daß sie wahr sei, daß aber das Volk davon nichts vernehmen dürfe, um in der Lüge ruhig und glücklich zu sein." „Was ihr für Wahrheit haltet, ist ganz Lüge, was ihr aber das Volk lehret, ist nur zur Hälfte Lüge." (jl.ev02.104,20)
Zu seinen Jüngern sagte Jesus: „Lasset euch von den Essäern nicht berücken, denn ihre Worte sind Lügen, ihre Taten Betrug, und ihre Freundschaft ist die wahrste Heuchelei." (jl.ev05.274,08)
Nach Angaben der NO war der Apostel Bartholomäus „als voll Eingeweihter" im Kloster Qumran, konnte dann aber entkommen. Bartholomäus kannte die Tricks, mittels denen die Essäer ihre „Wunder" wirkten, mit denen sie das Volk beeindruckten und ihm das Geld aus der Tasche zogen. (jl.ev02.098,06 f.)
Wenn Lehmann sein Buch mit dem Untertitel „Protokoll einer Verfälschung" versieht, so stellt er die Sachverhalte auf den Kopf. Nicht das Evangelium, sondern seine Schrift, der von allen Seiten wissenschaftliche Unhaltbarkeit bescheinigt wird, verdient diese Bezeichnung. Sowohl Carmichael als auch Lehmann dürften sich über die Brüchigkeit ihrer krampfhaften Umdeutungsversuche im klaren sein, aber sie konnten dessenungeachtet sicher sein, daß ihre Bücher ihre „Gläubigen" finden und der finanzielle Erfolg nicht ausbleiben würde.
Dem Gesagten möchten wir noch eine Bemerkung der Zeitschrift Publik vom 30. Oktober 1970 nachtragen: „Lehmann schreibt in einer erschreckenden Unkenntnis der Fachliteratur, und zwar gerade der historisch-kritischen. Nach all dem fragt man sich, wie es möglich war, daß Lehmanns Manuskript als ,Report' oder ,Protokoll' durch die Fachredaktionen des Süddeutschen Rundfunks und durch das Lektorat des Econ-Verlages hindurchging und veröffentlicht wurde. Nicht einmal die Schreiber von Science-fictions dürfen sich heute auf ihrem Gebiet derartige Verdrehungen wissenschaftlicher Fakten leisten."